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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

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zu einander und wären beinahe eben so wieder ge-
schieden, als kaum noch zu rechter Zeit sich entdeckte,
daß wir die gleiche Absicht hätten. Wer weiß mir
eine artigere Fügung? Ich war's zufrieden, sogleich
nach Halmedorf mitzureiten. Dort hieß man mich
denn freundlich bleiben, und Herr Pastor war ganz
glückselig, eine doppelte Ueberraschung veranstalten zu
können. Der Plan zu diesen Späßen ward heute früh
entworfen, und gerne ließ ich mir's gefallen, mein
Mittagsmahl hier unter freiem Himmel zu verzehren,
von Volkers rothem Wein zu trinken und meine
Rolle einzuüben. Auch hab' ich, wenn man Lust hätte,
den Geiger zu malen, diesem Hügel vorläufig eine
Ansicht abgemerkt, wo er sich als ein Hintergrund
ganz unvergleichlich ausnehmen müßte."

Indessen spiegelte sich auf Noltens Angesicht
die erhaltene Botschaft mit leserlicher Freude; ja so
mächtig ergriffen war er, daß er Agnesen das Blatt
nur still hinbieten und Raymunden die Hand nur
mit einem leuchtenden Blicke des Dankes über den
Tisch reichen konnte. "Nun," sagte Jener, "ich darf
der Erste seyn, der Ihnen Glück wünscht." "So sind
wir nicht die Lezten!" rief der Obrist mit dem Pfar-
rer, indem man die Gläser erhob. Agnesen stürzte
eine Thräne aus den schönen Augen und auch sie hob
ihr Glas. Es wurde sofort erklärt: daß Nolten und
Raymund einen sehr vortheilhaften Ruf in die
Dienste eines hochgebildeten und verehrten Fürsten

zu einander und wären beinahe eben ſo wieder ge-
ſchieden, als kaum noch zu rechter Zeit ſich entdeckte,
daß wir die gleiche Abſicht hätten. Wer weiß mir
eine artigere Fügung? Ich war’s zufrieden, ſogleich
nach Halmedorf mitzureiten. Dort hieß man mich
denn freundlich bleiben, und Herr Paſtor war ganz
glückſelig, eine doppelte Ueberraſchung veranſtalten zu
können. Der Plan zu dieſen Späßen ward heute früh
entworfen, und gerne ließ ich mir’s gefallen, mein
Mittagsmahl hier unter freiem Himmel zu verzehren,
von Volkers rothem Wein zu trinken und meine
Rolle einzuüben. Auch hab’ ich, wenn man Luſt hätte,
den Geiger zu malen, dieſem Hügel vorläufig eine
Anſicht abgemerkt, wo er ſich als ein Hintergrund
ganz unvergleichlich ausnehmen müßte.“

Indeſſen ſpiegelte ſich auf Noltens Angeſicht
die erhaltene Botſchaft mit leſerlicher Freude; ja ſo
mächtig ergriffen war er, daß er Agneſen das Blatt
nur ſtill hinbieten und Raymunden die Hand nur
mit einem leuchtenden Blicke des Dankes über den
Tiſch reichen konnte. „Nun,“ ſagte Jener, „ich darf
der Erſte ſeyn, der Ihnen Glück wünſcht.“ „So ſind
wir nicht die Lezten!“ rief der Obriſt mit dem Pfar-
rer, indem man die Gläſer erhob. Agneſen ſtürzte
eine Thräne aus den ſchönen Augen und auch ſie hob
ihr Glas. Es wurde ſofort erklärt: daß Nolten und
Raymund einen ſehr vortheilhaften Ruf in die
Dienſte eines hochgebildeten und verehrten Fürſten

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[457/0143] zu einander und wären beinahe eben ſo wieder ge- ſchieden, als kaum noch zu rechter Zeit ſich entdeckte, daß wir die gleiche Abſicht hätten. Wer weiß mir eine artigere Fügung? Ich war’s zufrieden, ſogleich nach Halmedorf mitzureiten. Dort hieß man mich denn freundlich bleiben, und Herr Paſtor war ganz glückſelig, eine doppelte Ueberraſchung veranſtalten zu können. Der Plan zu dieſen Späßen ward heute früh entworfen, und gerne ließ ich mir’s gefallen, mein Mittagsmahl hier unter freiem Himmel zu verzehren, von Volkers rothem Wein zu trinken und meine Rolle einzuüben. Auch hab’ ich, wenn man Luſt hätte, den Geiger zu malen, dieſem Hügel vorläufig eine Anſicht abgemerkt, wo er ſich als ein Hintergrund ganz unvergleichlich ausnehmen müßte.“ Indeſſen ſpiegelte ſich auf Noltens Angeſicht die erhaltene Botſchaft mit leſerlicher Freude; ja ſo mächtig ergriffen war er, daß er Agneſen das Blatt nur ſtill hinbieten und Raymunden die Hand nur mit einem leuchtenden Blicke des Dankes über den Tiſch reichen konnte. „Nun,“ ſagte Jener, „ich darf der Erſte ſeyn, der Ihnen Glück wünſcht.“ „So ſind wir nicht die Lezten!“ rief der Obriſt mit dem Pfar- rer, indem man die Gläſer erhob. Agneſen ſtürzte eine Thräne aus den ſchönen Augen und auch ſie hob ihr Glas. Es wurde ſofort erklärt: daß Nolten und Raymund einen ſehr vortheilhaften Ruf in die Dienſte eines hochgebildeten und verehrten Fürſten

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/143>, abgerufen am 21.11.2024.