türlich, daß die Frauen im Stillen schon das arme Mädchen bedauerten, das an einen so närrischen und wilden Menschen gerathen müssen, und dieß Mitlei- den verbarg sich endlich gar nicht mehr, als Theo- bald sich eifriger nach Henrietten erkundigte, und Raymund anfing, mit aller ihm eigenen treuherzi- gen Lebhaftigkeit zu erzählen, auf welchem guten Fuß er mit ihr lebe, wie sie sich unterhielten, welche Un- tugenden und "Dummheiten" er ihr schon abgewöhnt, was für Talente an ihr entwickelt habe. Da er zum Beispiel ein leidenschaftlicher Freund vom Kegelschie- ben sey und es für die gesundeste Motion halte, so habe er sich in den Kopf gesezt, seine Braut müsse es aus dem Fundamente lernen. Er habe den Un- terricht, auf einer unbesuchten Bahn, auch sogleich mit ihr begonnen; es geschehe ihr zwar einigermaßen sauer, doch zeige sie den besten Willen und werde es mit der Zeit sehr weit bringen. Ferner, weil er wahrgenommen, daß sie mit einer thörichten Furcht vor allem Feuergewehr und Schießen gestraft sey, und ihm solche übertriebene Alterationen in den Tod zuwider seyen, so habe er sie von dem Lächerlichen dieses Benehmens zuerst theoretisch überzeugt, ihr den Mechanismus einer Flinte, die Wirkung des Pulvers ruhig und ordentlich erklärt und endlich einen prakti- schen Anfang im Schloßgraben bei der Scheibe ge- macht, der aber leider bis jezt den gehofften Erfolg noch nicht bewiesen. Im Fall es nun, wie das un-
türlich, daß die Frauen im Stillen ſchon das arme Mädchen bedauerten, das an einen ſo närriſchen und wilden Menſchen gerathen müſſen, und dieß Mitlei- den verbarg ſich endlich gar nicht mehr, als Theo- bald ſich eifriger nach Henrietten erkundigte, und Raymund anfing, mit aller ihm eigenen treuherzi- gen Lebhaftigkeit zu erzählen, auf welchem guten Fuß er mit ihr lebe, wie ſie ſich unterhielten, welche Un- tugenden und „Dummheiten“ er ihr ſchon abgewöhnt, was für Talente an ihr entwickelt habe. Da er zum Beiſpiel ein leidenſchaftlicher Freund vom Kegelſchie- ben ſey und es für die geſundeſte Motion halte, ſo habe er ſich in den Kopf geſezt, ſeine Braut müſſe es aus dem Fundamente lernen. Er habe den Un- terricht, auf einer unbeſuchten Bahn, auch ſogleich mit ihr begonnen; es geſchehe ihr zwar einigermaßen ſauer, doch zeige ſie den beſten Willen und werde es mit der Zeit ſehr weit bringen. Ferner, weil er wahrgenommen, daß ſie mit einer thörichten Furcht vor allem Feuergewehr und Schießen geſtraft ſey, und ihm ſolche übertriebene Alterationen in den Tod zuwider ſeyen, ſo habe er ſie von dem Lächerlichen dieſes Benehmens zuerſt theoretiſch überzeugt, ihr den Mechanismus einer Flinte, die Wirkung des Pulvers ruhig und ordentlich erklärt und endlich einen prakti- ſchen Anfang im Schloßgraben bei der Scheibe ge- macht, der aber leider bis jezt den gehofften Erfolg noch nicht bewieſen. Im Fall es nun, wie das un-
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türlich, daß die Frauen im Stillen ſchon das arme
Mädchen bedauerten, das an einen ſo närriſchen und
wilden Menſchen gerathen müſſen, und dieß Mitlei-
den verbarg ſich endlich gar nicht mehr, als Theo-
bald ſich eifriger nach Henrietten erkundigte, und
Raymund anfing, mit aller ihm eigenen treuherzi-
gen Lebhaftigkeit zu erzählen, auf welchem guten Fuß
er mit ihr lebe, wie ſie ſich unterhielten, welche Un-
tugenden und „Dummheiten“ er ihr ſchon abgewöhnt,
was für Talente an ihr entwickelt habe. Da er zum
Beiſpiel ein leidenſchaftlicher Freund vom Kegelſchie-
ben ſey und es für die geſundeſte Motion halte, ſo
habe er ſich in den Kopf geſezt, ſeine Braut müſſe
es aus dem Fundamente lernen. Er habe den Un-
terricht, auf einer unbeſuchten Bahn, auch ſogleich mit
ihr begonnen; es geſchehe ihr zwar einigermaßen
ſauer, doch zeige ſie den beſten Willen und werde es
mit der Zeit ſehr weit bringen. Ferner, weil er
wahrgenommen, daß ſie mit einer thörichten Furcht
vor allem Feuergewehr und Schießen geſtraft ſey,
und ihm ſolche übertriebene Alterationen in den Tod
zuwider ſeyen, ſo habe er ſie von dem Lächerlichen
dieſes Benehmens zuerſt theoretiſch überzeugt, ihr den
Mechanismus einer Flinte, die Wirkung des Pulvers
ruhig und ordentlich erklärt und endlich einen prakti-
ſchen Anfang im Schloßgraben bei der Scheibe ge-
macht, der aber leider bis jezt den gehofften Erfolg
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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/146>, abgerufen am 24.11.2024.
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