Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.geheime Triebfeder, zunächst zu Gunsten Theobalds, Eines Morgens findet er seinen Freund außer Frühling läßt sein blaues Band Wieder flattern durch die Lüfte, Süße wohlbekannte Düfte Streifen ahnungsvoll das Land; Veilchen träumen schon, Wollen balde kommen; Horch, von fern ein leiser Harfenton! -- -- Frühling, ja du bist's! Frühling, ja du bist's! Dich hab ich vernommen! geheime Triebfeder, zunächſt zu Gunſten Theobalds, Eines Morgens findet er ſeinen Freund außer Frühling läßt ſein blaues Band Wieder flattern durch die Lüfte, Süße wohlbekannte Düfte Streifen ahnungsvoll das Land; Veilchen träumen ſchon, Wollen balde kommen; Horch, von fern ein leiſer Harfenton! — — Frühling, ja du biſt’s! Frühling, ja du biſt’s! Dich hab ich vernommen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0016" n="330"/> geheime Triebfeder, zunächſt zu Gunſten <hi rendition="#g">Theobalds</hi>,<lb/> durch den Herzog könnte gewirkt haben? Er wußte<lb/> nicht eigentlich, was ihn auf dieſe Vorſtellung führte,<lb/> im Allgemeinen aber ſezte er bei <hi rendition="#g">Conſtanzen</hi> noch<lb/> immer eine ſtille, ſehr nachhaltige Neigung für <hi rendition="#g">Theo-<lb/> bald</hi> voraus, und es war ihm unmöglich, ſie anders<lb/> als in einem leidenden Zuſtande zu denken.</p><lb/> <p>Eines Morgens findet er ſeinen Freund außer<lb/> dem Bette unter dem halboffnen Fenſter ſitzen und<lb/> ſich im kräftigen Strahl der Frühlingsſonne wärmen.<lb/> Der Schauſpieler drückte laut ſeine Freude über die<lb/> glücklichen Fortſchritte des Rekonvalescenten aus, wäh-<lb/> rend <hi rendition="#g">Theobald</hi> ihm lächelnd mit der Hand Still-<lb/> ſchweigen zuwinkte, denn der lieblichſte Geſang tönte<lb/> ſo eben aus dem Zwinger herauf, wo die Tochter des<lb/> Wärters mit den erſten Gartenarbeiten beſchäftigt<lb/> war. Sie ſelbſt konnte wegen eines Vorſprungs am<lb/> Gebäude nicht geſehen werden, deſto vernehmlicher<lb/> war ihr Liedchen, wovon wir wenigſtens einen Vers<lb/> anführen wollen.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Frühling läßt ſein blaues Band</l><lb/> <l>Wieder flattern durch die Lüfte,</l><lb/> <l>Süße wohlbekannte Düfte</l><lb/> <l>Streifen ahnungsvoll das Land;</l><lb/> <l>Veilchen träumen ſchon,</l><lb/> <l>Wollen balde kommen;</l><lb/> <l>Horch, von fern ein leiſer Harfenton! — —</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Frühling, ja du biſt’s!</hi> </l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Frühling, ja du biſt’s!</hi> </l><lb/> <l>Dich hab ich vernommen!</l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [330/0016]
geheime Triebfeder, zunächſt zu Gunſten Theobalds,
durch den Herzog könnte gewirkt haben? Er wußte
nicht eigentlich, was ihn auf dieſe Vorſtellung führte,
im Allgemeinen aber ſezte er bei Conſtanzen noch
immer eine ſtille, ſehr nachhaltige Neigung für Theo-
bald voraus, und es war ihm unmöglich, ſie anders
als in einem leidenden Zuſtande zu denken.
Eines Morgens findet er ſeinen Freund außer
dem Bette unter dem halboffnen Fenſter ſitzen und
ſich im kräftigen Strahl der Frühlingsſonne wärmen.
Der Schauſpieler drückte laut ſeine Freude über die
glücklichen Fortſchritte des Rekonvalescenten aus, wäh-
rend Theobald ihm lächelnd mit der Hand Still-
ſchweigen zuwinkte, denn der lieblichſte Geſang tönte
ſo eben aus dem Zwinger herauf, wo die Tochter des
Wärters mit den erſten Gartenarbeiten beſchäftigt
war. Sie ſelbſt konnte wegen eines Vorſprungs am
Gebäude nicht geſehen werden, deſto vernehmlicher
war ihr Liedchen, wovon wir wenigſtens einen Vers
anführen wollen.
Frühling läßt ſein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte,
Süße wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land;
Veilchen träumen ſchon,
Wollen balde kommen;
Horch, von fern ein leiſer Harfenton! — —
Frühling, ja du biſt’s!
Frühling, ja du biſt’s!
Dich hab ich vernommen!
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