Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.wie Sie, es anständig findet, sich einer solchen liaison "Ei so packe dich doch zum Henker, du heilloser, "Aha, da haben wirs ja! Sie merken, aus wel- Jezt wird Nolten plötzlich aufmerksam, eine schnelle "Quelle emotion Monsieur! krächzt Wispel, wie Sie, es anſtändig findet, ſich einer ſolchen liaison „Ei ſo packe dich doch zum Henker, du heilloſer, „Aha, da haben wirs ja! Sie merken, aus wel- Jezt wird Nolten plötzlich aufmerkſam, eine ſchnelle „Quelle émotion Monsieur! krächzt Wispel, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0182" n="496"/> wie Sie, es anſtändig findet, ſich einer ſolchen <hi rendition="#aq">liaison</hi><lb/> auch nur zu erinnern. Auch muß ich geſtehn, das<lb/> Individuum, wovon ich eben rede, machte es mir ge-<lb/> wiſſermaßen zur Pflicht, ſein Inkognito unter allen<lb/> Umſtänden“ —</p><lb/> <p>„Ei ſo packe dich doch zum Henker, du heilloſer,<lb/> unerträglicher Schwätzer!“</p><lb/> <p>„Aha, da haben wirs ja! Sie merken, aus wel-<lb/> cher Hecke der Vogel pfeift, und mögen nichts davon<lb/> hören. <hi rendition="#aq">O amitié, oh fille d’Avril</hi> — ſo heißt ein altes<lb/> Lied. Waren Sie Beide doch einſt wie Caſtor und<lb/> Pollux! Aber — <hi rendition="#aq">loin des yeux, loin du coeur!</hi>“</p><lb/> <p>Jezt wird Nolten plötzlich aufmerkſam, eine ſchnelle<lb/> Ahnung ſchauert in ihm auf, er ſchüttelt den Bar-<lb/> bier wie außer ſich an der Bruſt, und nach hundert<lb/> unausſtehlichen Umſchweifen flüſtert der Menſch end-<lb/> lich <hi rendition="#g">Theobalden</hi> einen Namen in’s Ohr, worauf<lb/> dieſer ſich entfärbt und mit Heftigkeit ausruft: Iſt<lb/> das möglich? Lügſt du mir nicht, Elender? Wo —<lb/> wo iſt er? Kann ich ihn ſehen, kann ich ihn ſpre-<lb/> chen? jezt? um Gotteswillen, jezt im Augenblick?</p><lb/> <p>„<hi rendition="#aq">Quelle émotion Monsieur!</hi> krächzt <hi rendition="#g">Wispel</hi>,<lb/> „<hi rendition="#aq">tout-beau! Ecoutez moi!</hi>“ Jezt nimmt er eine ſeriöſe<lb/> Stellung an, räuſpert ſich ganz zart und ſagt: „Ken-<lb/> nen Sie vielleicht, mein Wertheſter, den ſogenannten<lb/> Kapuzinerkeller? <hi rendition="#aq">le caveau des capucins,</hi> ein Ge-<lb/> bäude, das ſeines klöſterlichen Urſprungs wegen in<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [496/0182]
wie Sie, es anſtändig findet, ſich einer ſolchen liaison
auch nur zu erinnern. Auch muß ich geſtehn, das
Individuum, wovon ich eben rede, machte es mir ge-
wiſſermaßen zur Pflicht, ſein Inkognito unter allen
Umſtänden“ —
„Ei ſo packe dich doch zum Henker, du heilloſer,
unerträglicher Schwätzer!“
„Aha, da haben wirs ja! Sie merken, aus wel-
cher Hecke der Vogel pfeift, und mögen nichts davon
hören. O amitié, oh fille d’Avril — ſo heißt ein altes
Lied. Waren Sie Beide doch einſt wie Caſtor und
Pollux! Aber — loin des yeux, loin du coeur!“
Jezt wird Nolten plötzlich aufmerkſam, eine ſchnelle
Ahnung ſchauert in ihm auf, er ſchüttelt den Bar-
bier wie außer ſich an der Bruſt, und nach hundert
unausſtehlichen Umſchweifen flüſtert der Menſch end-
lich Theobalden einen Namen in’s Ohr, worauf
dieſer ſich entfärbt und mit Heftigkeit ausruft: Iſt
das möglich? Lügſt du mir nicht, Elender? Wo —
wo iſt er? Kann ich ihn ſehen, kann ich ihn ſpre-
chen? jezt? um Gotteswillen, jezt im Augenblick?
„Quelle émotion Monsieur! krächzt Wispel,
„tout-beau! Ecoutez moi!“ Jezt nimmt er eine ſeriöſe
Stellung an, räuſpert ſich ganz zart und ſagt: „Ken-
nen Sie vielleicht, mein Wertheſter, den ſogenannten
Kapuzinerkeller? le caveau des capucins, ein Ge-
bäude, das ſeines klöſterlichen Urſprungs wegen in
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