Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.Nacht mit meinem Vater auf den Lärm, den wir im "Sonderbarer Mensch!" versezte der Präsident, "Ich kann nichts sagen, als: vor meinen Augen "Jenes Frauenbild," -- fragte der Präsident mit "Damals noch nicht. Erst heute mußt' ich an "Herrn Nolten aber, wie konntest du diesen so- "Mein Vater zeigte auf den Boden und nannte "Warum brauchst du den Ausdruck Schatten?" "So däuchte mir's eben; doch ließen sich Gesicht Nacht mit meinem Vater auf den Lärm, den wir im „Sonderbarer Menſch!“ verſezte der Präſident, „Ich kann nichts ſagen, als: vor meinen Augen „Jenes Frauenbild,“ — fragte der Präſident mit „Damals noch nicht. Erſt heute mußt’ ich an „Herrn Nolten aber, wie konnteſt du dieſen ſo- „Mein Vater zeigte auf den Boden und nannte „Warum brauchſt du den Ausdruck Schatten?“ „So däuchte mir’s eben; doch ließen ſich Geſicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0320" n="634"/> Nacht mit meinem Vater auf den Lärm, den wir im<lb/> untern Hausflur hörten, nach der Kapelle lief —<lb/> die Thür ſtand offen, und die Laterne außen auf dem<lb/> Gang warf einen hellen Schein in die Kammer —<lb/> ſah ich tief hinten bei der Orgel eine Fran, wie ei-<lb/> nen Schatten, ſtehn, ihr gegenüber in kleiner Entfer-<lb/> nung ſtand ein zweiter Schatten, ein Mann in dun-<lb/> kelm Kleide, und dieſes war Herr <hi rendition="#g">Nolten</hi>.“</p><lb/> <p>„Sonderbarer Menſch!“ verſezte der Präſident,<lb/> „wie magſt du denn behaupten, dieß geſehen zu haben?“</p><lb/> <p>„Ich kann nichts ſagen, als: vor meinen Augen<lb/> war es licht geworden, ich konnte ſehn, und das iſt<lb/> ſo gewiß, als ich jezt nicht mehr ſehe.“</p><lb/> <p>„Jenes Frauenbild,“ — fragte der Präſident mit<lb/> Liſt, „verglichſt du es Jemanden?“</p><lb/> <p>„Damals noch nicht. Erſt heute mußt’ ich an<lb/> die verrückte Fremde denken, ich ließ mir ſie daher<lb/> beſchreiben und kann die Aehnlichkeit nicht läugnen.“</p><lb/> <p>„Herrn <hi rendition="#g">Nolten</hi> aber, wie konnteſt du dieſen ſo-<lb/> gleich erkennen?“</p><lb/> <p>„Mein Vater zeigte auf den Boden und nannte<lb/> dabei den Herrn Maler, da merkt’ ich erſt, daß Die-<lb/> ſer, welcher vor uns lag, und Jener, welcher drüben ſtand,<lb/> ſich durchaus glichen und Einer und derſelbe wären.“</p><lb/> <p>„Warum brauchſt du den Ausdruck Schatten?“</p><lb/> <p>„So däuchte mir’s eben; doch ließen ſich Geſicht<lb/> und Miene und Farben der Kleidung wohl unterſchei-<lb/> den. Als Beide ſich umfaßten, ſich die Arme gaben<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [634/0320]
Nacht mit meinem Vater auf den Lärm, den wir im
untern Hausflur hörten, nach der Kapelle lief —
die Thür ſtand offen, und die Laterne außen auf dem
Gang warf einen hellen Schein in die Kammer —
ſah ich tief hinten bei der Orgel eine Fran, wie ei-
nen Schatten, ſtehn, ihr gegenüber in kleiner Entfer-
nung ſtand ein zweiter Schatten, ein Mann in dun-
kelm Kleide, und dieſes war Herr Nolten.“
„Sonderbarer Menſch!“ verſezte der Präſident,
„wie magſt du denn behaupten, dieß geſehen zu haben?“
„Ich kann nichts ſagen, als: vor meinen Augen
war es licht geworden, ich konnte ſehn, und das iſt
ſo gewiß, als ich jezt nicht mehr ſehe.“
„Jenes Frauenbild,“ — fragte der Präſident mit
Liſt, „verglichſt du es Jemanden?“
„Damals noch nicht. Erſt heute mußt’ ich an
die verrückte Fremde denken, ich ließ mir ſie daher
beſchreiben und kann die Aehnlichkeit nicht läugnen.“
„Herrn Nolten aber, wie konnteſt du dieſen ſo-
gleich erkennen?“
„Mein Vater zeigte auf den Boden und nannte
dabei den Herrn Maler, da merkt’ ich erſt, daß Die-
ſer, welcher vor uns lag, und Jener, welcher drüben ſtand,
ſich durchaus glichen und Einer und derſelbe wären.“
„Warum brauchſt du den Ausdruck Schatten?“
„So däuchte mir’s eben; doch ließen ſich Geſicht
und Miene und Farben der Kleidung wohl unterſchei-
den. Als Beide ſich umfaßten, ſich die Arme gaben
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |