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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Osnabrücksche Geschichte
wenn man dagegen viel Brach-felder haben; und
solche für das Vieh bestellen müste. Der Land-wirth
folgt einer langen Erfahrung oder einem ehrwürdigen
Vorurtheile; und es ist gefährlich ihn zu stören. An
einigen Orten, wo Torf und Holz mangelt, brennt
man auch eine Torf-artige Heidrase, welche Sudde
genannt wird.

(a) DAVENANT Disc. on Trade II. p. 75. macht eben diese
Anmerkung, welche die Erfahrung überall bestätiget;
und im Schatzwesen findet man, daß alle Heide-Dörfer
geschwinder bezahlen; als andre. Die Ursache ist auch
begreiflich. Der auf der Heide sucht aus vierzig Quel-
len, was der andre aus einer nimmt. Jenen raubt ein
Unglück zur Zeit nur 2 von 40; diesen ein Mißwachs
alles. Jenen kann der Steuer-Einnehmer nicht aus-
messen; der Gutsherr nicht ergründen; und der Krämer
nicht verführen, weil er bey Pfennigen einnimmt, und
also auch den Wehrt eines jeden Pfennigs kennet. Die-
ser hingegen ärndtet, ißt und trinkt im Grossen; ver-
achtet die Allmosen der Natur; und wird leicht stolz und
faul. Jn unserm Stifte ist es sichtbar: Auf keinem gu-
ten Boden fällt ein Stück Linnen.
(b) Jch werde zu seiner Zeit aus den Viehschatz-Registern
zeigen, daß die jetzige Schaafzucht gegen die alte, in den
so genannten Barbarischen Zeiten, wo der Handel blü-
hete, und noch keine Bücher für die Schäfer geschrieben
wurden, wie 1. zu 8. stehe; woran 1) der Verfall der
Hanseatischen Handlung S. HASTFER von der Zucht
und Wartung der Schaafe in der Vorrede p 6. 2) Der
Verfall der Schäfer-Kunst (Ahlström nennt es mit
Recht hemliga Konster) 3) Das daher erfolgte öftere
Sterben etc. etc. mehr Schuld haben, als 4) die Ab-
nahme der Heiden und 5) die Bepflanzung der Berge.
Denn es giebt die größten Schäfereyen in Ländern ohne
Gemeinheiten, ohne Heide und ohne Berge.
(c) Dies Anzünden wurde durch eine Landes-Verordnung

Oſnabruͤckſche Geſchichte
wenn man dagegen viel Brach-felder haben; und
ſolche fuͤr das Vieh beſtellen muͤſte. Der Land-wirth
folgt einer langen Erfahrung oder einem ehrwuͤrdigen
Vorurtheile; und es iſt gefaͤhrlich ihn zu ſtoͤren. An
einigen Orten, wo Torf und Holz mangelt, brennt
man auch eine Torf-artige Heidraſe, welche Sudde
genannt wird.

(a) DAVENANT Diſc. on Trade II. p. 75. macht eben dieſe
Anmerkung, welche die Erfahrung uͤberall beſtaͤtiget;
und im Schatzweſen findet man, daß alle Heide-Doͤrfer
geſchwinder bezahlen; als andre. Die Urſache iſt auch
begreiflich. Der auf der Heide ſucht aus vierzig Quel-
len, was der andre aus einer nimmt. Jenen raubt ein
Ungluͤck zur Zeit nur 2 von 40; dieſen ein Mißwachs
alles. Jenen kann der Steuer-Einnehmer nicht aus-
meſſen; der Gutsherr nicht ergruͤnden; und der Kraͤmer
nicht verfuͤhren, weil er bey Pfennigen einnimmt, und
alſo auch den Wehrt eines jeden Pfennigs kennet. Die-
ſer hingegen aͤrndtet, ißt und trinkt im Groſſen; ver-
achtet die Allmoſen der Natur; und wird leicht ſtolz und
faul. Jn unſerm Stifte iſt es ſichtbar: Auf keinem gu-
ten Boden faͤllt ein Stuͤck Linnen.
(b) Jch werde zu ſeiner Zeit aus den Viehſchatz-Regiſtern
zeigen, daß die jetzige Schaafzucht gegen die alte, in den
ſo genannten Barbariſchen Zeiten, wo der Handel bluͤ-
hete, und noch keine Buͤcher fuͤr die Schaͤfer geſchrieben
wurden, wie 1. zu 8. ſtehe; woran 1) der Verfall der
Hanſeatiſchen Handlung S. HASTFER von der Zucht
und Wartung der Schaafe in der Vorrede p 6. 2) Der
Verfall der Schaͤfer-Kunſt (Ahlſtroͤm nennt es mit
Recht hemliga Konſter) 3) Das daher erfolgte oͤftere
Sterben ꝛc. ꝛc. mehr Schuld haben, als 4) die Ab-
nahme der Heiden und 5) die Bepflanzung der Berge.
Denn es giebt die groͤßten Schaͤfereyen in Laͤndern ohne
Gemeinheiten, ohne Heide und ohne Berge.
(c) Dies Anzuͤnden wurde durch eine Landes-Verordnung
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[126/0156] Oſnabruͤckſche Geſchichte wenn man dagegen viel Brach-felder haben; und ſolche fuͤr das Vieh beſtellen muͤſte. Der Land-wirth folgt einer langen Erfahrung oder einem ehrwuͤrdigen Vorurtheile; und es iſt gefaͤhrlich ihn zu ſtoͤren. An einigen Orten, wo Torf und Holz mangelt, brennt man auch eine Torf-artige Heidraſe, welche Sudde genannt wird. ⁽a⁾ DAVENANT Diſc. on Trade II. p. 75. macht eben dieſe Anmerkung, welche die Erfahrung uͤberall beſtaͤtiget; und im Schatzweſen findet man, daß alle Heide-Doͤrfer geſchwinder bezahlen; als andre. Die Urſache iſt auch begreiflich. Der auf der Heide ſucht aus vierzig Quel- len, was der andre aus einer nimmt. Jenen raubt ein Ungluͤck zur Zeit nur 2 von 40; dieſen ein Mißwachs alles. Jenen kann der Steuer-Einnehmer nicht aus- meſſen; der Gutsherr nicht ergruͤnden; und der Kraͤmer nicht verfuͤhren, weil er bey Pfennigen einnimmt, und alſo auch den Wehrt eines jeden Pfennigs kennet. Die- ſer hingegen aͤrndtet, ißt und trinkt im Groſſen; ver- achtet die Allmoſen der Natur; und wird leicht ſtolz und faul. Jn unſerm Stifte iſt es ſichtbar: Auf keinem gu- ten Boden faͤllt ein Stuͤck Linnen. ⁽b⁾ Jch werde zu ſeiner Zeit aus den Viehſchatz-Regiſtern zeigen, daß die jetzige Schaafzucht gegen die alte, in den ſo genannten Barbariſchen Zeiten, wo der Handel bluͤ- hete, und noch keine Buͤcher fuͤr die Schaͤfer geſchrieben wurden, wie 1. zu 8. ſtehe; woran 1) der Verfall der Hanſeatiſchen Handlung S. HASTFER von der Zucht und Wartung der Schaafe in der Vorrede p 6. 2) Der Verfall der Schaͤfer-Kunſt (Ahlſtroͤm nennt es mit Recht hemliga Konſter) 3) Das daher erfolgte oͤftere Sterben ꝛc. ꝛc. mehr Schuld haben, als 4) die Ab- nahme der Heiden und 5) die Bepflanzung der Berge. Denn es giebt die groͤßten Schaͤfereyen in Laͤndern ohne Gemeinheiten, ohne Heide und ohne Berge. ⁽c⁾ Dies Anzuͤnden wurde durch eine Landes-Verordnung vom

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/156>, abgerufen am 14.05.2024.