Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
Grossen. Carl war aber auch der einzige Kopf zu die-
sen antiken Rumpfe.

Die zweyte Periode gieng allmälig unter Ludewig
dem frommen und schwachen an. Jhm und den un-
ter ihm entstandenen Partheyen war zu wenig mit
Bannalisten, die blos ihren Heerd und ihr Vaterland
bey eigner Kost und ohne Sold vertheidigen wollten,
gedienet. Er opferte aus Einfalt, Andacht,
Noth und falscher Politik seine Gemeinen den Geist-
lichen, Bedienten und Reichsvögten auf. Der Bi-
schof, welcher vorhin nur zwey Heermänner ad latus
behalten durfte, und der Graf oder Oberste, der ihrer
viere zum Schutze seines Amts und seiner Familie be-
urlauben konnte, verfuhren mit den Reichsgute nach
Gefallen, besetzten die erledigten mansos mit Leuten
und Knechten, und nöthigten die Wehren sich auf
gleiche Bedingungen zu ergeben. Henrich der Vogler
suchte zwar bey der damaligen allgemeinen Noth das
Reichs-eigenthum wieder auf; und stellete den Heer-
bann mit einigen Veränderungen wieder her. Allein
Otto der Grosse schlug einen ganz andern Weg ein
und gab das gemeine Gut denjenigen Preis, die ihm
zu seinen answärtigen Kriegen einige glänzende und
wohlgeübte Dienstleute zuführten. Jhm war ein
Ritter, der mit ihm über die Alpen zog lieber als tau-
send Wehren, die keine Auflagen bezahlten, und keine
andre Dienstpflicht als die Landes-vertheidigung
kannten. Seine Grösse, das damalige Ansehn des
Reichs und der Ton seiner Zeiten machten ihn sicher
genug zu glauben daß das deutsche Reich seines Heer-

banns

Vorrede.
Groſſen. Carl war aber auch der einzige Kopf zu die-
ſen antiken Rumpfe.

Die zweyte Periode gieng allmaͤlig unter Ludewig
dem frommen und ſchwachen an. Jhm und den un-
ter ihm entſtandenen Partheyen war zu wenig mit
Bannaliſten, die blos ihren Heerd und ihr Vaterland
bey eigner Koſt und ohne Sold vertheidigen wollten,
gedienet. Er opferte aus Einfalt, Andacht,
Noth und falſcher Politik ſeine Gemeinen den Geiſt-
lichen, Bedienten und Reichsvoͤgten auf. Der Bi-
ſchof, welcher vorhin nur zwey Heermaͤnner ad latus
behalten durfte, und der Graf oder Oberſte, der ihrer
viere zum Schutze ſeines Amts und ſeiner Familie be-
urlauben konnte, verfuhren mit den Reichsgute nach
Gefallen, beſetzten die erledigten manſos mit Leuten
und Knechten, und noͤthigten die Wehren ſich auf
gleiche Bedingungen zu ergeben. Henrich der Vogler
ſuchte zwar bey der damaligen allgemeinen Noth das
Reichs-eigenthum wieder auf; und ſtellete den Heer-
bann mit einigen Veraͤnderungen wieder her. Allein
Otto der Groſſe ſchlug einen ganz andern Weg ein
und gab das gemeine Gut denjenigen Preis, die ihm
zu ſeinen answaͤrtigen Kriegen einige glaͤnzende und
wohlgeuͤbte Dienſtleute zufuͤhrten. Jhm war ein
Ritter, der mit ihm uͤber die Alpen zog lieber als tau-
ſend Wehren, die keine Auflagen bezahlten, und keine
andre Dienſtpflicht als die Landes-vertheidigung
kannten. Seine Groͤſſe, das damalige Anſehn des
Reichs und der Ton ſeiner Zeiten machten ihn ſicher
genug zu glauben daß das deutſche Reich ſeines Heer-

banns
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
Gro&#x017F;&#x017F;en. Carl war aber auch der einzige Kopf zu die-<lb/>
&#x017F;en antiken Rumpfe.</p><lb/>
        <p>Die zweyte Periode gieng allma&#x0364;lig unter Ludewig<lb/>
dem frommen und &#x017F;chwachen an. Jhm und den un-<lb/>
ter ihm ent&#x017F;tandenen Partheyen war zu wenig mit<lb/>
Bannali&#x017F;ten, die blos ihren Heerd und ihr Vaterland<lb/>
bey eigner Ko&#x017F;t und ohne Sold vertheidigen wollten,<lb/>
gedienet. Er opferte aus Einfalt, Andacht,<lb/>
Noth und fal&#x017F;cher Politik &#x017F;eine <hi rendition="#fr">Gemeinen</hi> den Gei&#x017F;t-<lb/>
lichen, Bedienten und Reichsvo&#x0364;gten auf. Der Bi-<lb/>
&#x017F;chof, welcher vorhin nur zwey Heerma&#x0364;nner <hi rendition="#aq">ad latus</hi><lb/>
behalten durfte, und der Graf oder Ober&#x017F;te, der ihrer<lb/>
viere zum Schutze &#x017F;eines Amts und &#x017F;einer Familie be-<lb/>
urlauben konnte, verfuhren mit den Reichsgute nach<lb/>
Gefallen, be&#x017F;etzten die erledigten <hi rendition="#aq">man&#x017F;os</hi> mit <hi rendition="#fr">Leuten</hi><lb/>
und Knechten, und no&#x0364;thigten die <hi rendition="#fr">Wehren</hi> &#x017F;ich auf<lb/>
gleiche Bedingungen zu ergeben. Henrich der Vogler<lb/>
&#x017F;uchte zwar bey der damaligen allgemeinen Noth das<lb/>
Reichs-eigenthum wieder auf; und &#x017F;tellete den Heer-<lb/>
bann mit einigen Vera&#x0364;nderungen wieder her. Allein<lb/>
Otto der Gro&#x017F;&#x017F;e &#x017F;chlug einen ganz andern Weg ein<lb/>
und gab das gemeine Gut denjenigen Preis, die ihm<lb/>
zu &#x017F;einen answa&#x0364;rtigen Kriegen einige gla&#x0364;nzende und<lb/>
wohlgeu&#x0364;bte Dien&#x017F;tleute zufu&#x0364;hrten. Jhm war ein<lb/>
Ritter, der mit ihm u&#x0364;ber die Alpen zog lieber als tau-<lb/>
&#x017F;end Wehren, die keine Auflagen bezahlten, und keine<lb/>
andre Dien&#x017F;tpflicht als die Landes-vertheidigung<lb/>
kannten. Seine Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, das damalige An&#x017F;ehn des<lb/>
Reichs und der Ton &#x017F;einer Zeiten machten ihn &#x017F;icher<lb/>
genug zu glauben daß das deut&#x017F;che Reich &#x017F;eines Heer-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">banns</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0016] Vorrede. Groſſen. Carl war aber auch der einzige Kopf zu die- ſen antiken Rumpfe. Die zweyte Periode gieng allmaͤlig unter Ludewig dem frommen und ſchwachen an. Jhm und den un- ter ihm entſtandenen Partheyen war zu wenig mit Bannaliſten, die blos ihren Heerd und ihr Vaterland bey eigner Koſt und ohne Sold vertheidigen wollten, gedienet. Er opferte aus Einfalt, Andacht, Noth und falſcher Politik ſeine Gemeinen den Geiſt- lichen, Bedienten und Reichsvoͤgten auf. Der Bi- ſchof, welcher vorhin nur zwey Heermaͤnner ad latus behalten durfte, und der Graf oder Oberſte, der ihrer viere zum Schutze ſeines Amts und ſeiner Familie be- urlauben konnte, verfuhren mit den Reichsgute nach Gefallen, beſetzten die erledigten manſos mit Leuten und Knechten, und noͤthigten die Wehren ſich auf gleiche Bedingungen zu ergeben. Henrich der Vogler ſuchte zwar bey der damaligen allgemeinen Noth das Reichs-eigenthum wieder auf; und ſtellete den Heer- bann mit einigen Veraͤnderungen wieder her. Allein Otto der Groſſe ſchlug einen ganz andern Weg ein und gab das gemeine Gut denjenigen Preis, die ihm zu ſeinen answaͤrtigen Kriegen einige glaͤnzende und wohlgeuͤbte Dienſtleute zufuͤhrten. Jhm war ein Ritter, der mit ihm uͤber die Alpen zog lieber als tau- ſend Wehren, die keine Auflagen bezahlten, und keine andre Dienſtpflicht als die Landes-vertheidigung kannten. Seine Groͤſſe, das damalige Anſehn des Reichs und der Ton ſeiner Zeiten machten ihn ſicher genug zu glauben daß das deutſche Reich ſeines Heer- banns

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/16
Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/16>, abgerufen am 03.12.2024.