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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Osnabrücksche Geschichte
und man webt doch fort, um sich zwey Wege zur
Ausfuhr zu versichern. Mit diesem Linnen müssen
alle Ausgaben des Landes bestritten werden; und das
glücklichste ist, daß das Geld dafür in die kleinsten
Adern des Staats zurück fließt, und nicht bloß einige
Glieder belebt. Auf gleiche Art werden auch halb
wollen und halb linnene Zeuge unter dem Nahmen
von Wollacken im Hause verfertiget; aber alles
grob und für die Noth. Für Wollust und Be-
quemlichkeit zu arbeiten würde nicht so sicher; für den
Bauren im Hause unmöglich; und auf andre Art für
das allgemeine Beste minder nützlich seyn.

(a) Jch habe in der Histoire generale de voiages irgendwo ge-
lesen, daß es die Mohren in dem innersten Africa mit
Nahmen gefordert hätten.
(b) Das Hänfene ist fast glänzender und schöner; und 22
Faden von Hanf breiten sich so gut als 24 von Flachs. Wel-
ches um deswillen zu wissen nöthig, damit der Gesetzge-
ber, die Anzahl der Faden nicht übereins bestimme;
und damit kostbare Veränderungen der Weber-Kämme
veranlasse. So befiehlt er bisweilen eine Verlängerung
der Wagen-Achsen, ohne an die engen Thüren, Berg-
Holz- und Heide-Wege zu gedenken.
(c) Dies hält mit der Wolle schwer; und das Stuben-sitzen
ist dem Landmanne so wenig vortheilhaft als gesund.
Der Gebrauch des Oels bey der Wolle macht auch die
Hände der Wollen-Spinner zu verschiedenen Haus-Ar-
beiten unbequem.
(d) Wenn einige Jahre nach einander aller Hand-Lohn und
alle Zeit dabey verlohren gienge: so würde der Land-
mann doch nicht leicht von einer Gewohnheit ab- und
sein Gesinde, das er ohnedem halten muß, in den Zwi-
schen-Zeiten müssig gehn lassen. Und gegen diesen Vor-
zug dauret keine Fabrick in der Welt. Drey Jahre
Mißwachs schrecken den Landmann nicht ab. Aber drey

Oſnabruͤckſche Geſchichte
und man webt doch fort, um ſich zwey Wege zur
Ausfuhr zu verſichern. Mit dieſem Linnen muͤſſen
alle Ausgaben des Landes beſtritten werden; und das
gluͤcklichſte iſt, daß das Geld dafuͤr in die kleinſten
Adern des Staats zuruͤck fließt, und nicht bloß einige
Glieder belebt. Auf gleiche Art werden auch halb
wollen und halb linnene Zeuge unter dem Nahmen
von Wollacken im Hauſe verfertiget; aber alles
grob und fuͤr die Noth. Fuͤr Wolluſt und Be-
quemlichkeit zu arbeiten wuͤrde nicht ſo ſicher; fuͤr den
Bauren im Hauſe unmoͤglich; und auf andre Art fuͤr
das allgemeine Beſte minder nuͤtzlich ſeyn.

(a) Jch habe in der Hiſtoire generale de voiages irgendwo ge-
leſen, daß es die Mohren in dem innerſten Africa mit
Nahmen gefordert haͤtten.
(b) Das Haͤnfene iſt faſt glaͤnzender und ſchoͤner; und 22
Faden von Hanf breiten ſich ſo gut als 24 von Flachs. Wel-
ches um deswillen zu wiſſen noͤthig, damit der Geſetzge-
ber, die Anzahl der Faden nicht uͤbereins beſtimme;
und damit koſtbare Veraͤnderungen der Weber-Kaͤmme
veranlaſſe. So befiehlt er bisweilen eine Verlaͤngerung
der Wagen-Achſen, ohne an die engen Thuͤren, Berg-
Holz- und Heide-Wege zu gedenken.
(c) Dies haͤlt mit der Wolle ſchwer; und das Stuben-ſitzen
iſt dem Landmanne ſo wenig vortheilhaft als geſund.
Der Gebrauch des Oels bey der Wolle macht auch die
Haͤnde der Wollen-Spinner zu verſchiedenen Haus-Ar-
beiten unbequem.
(d) Wenn einige Jahre nach einander aller Hand-Lohn und
alle Zeit dabey verlohren gienge: ſo wuͤrde der Land-
mann doch nicht leicht von einer Gewohnheit ab- und
ſein Geſinde, das er ohnedem halten muß, in den Zwi-
ſchen-Zeiten muͤſſig gehn laſſen. Und gegen dieſen Vor-
zug dauret keine Fabrick in der Welt. Drey Jahre
Mißwachs ſchrecken den Landmann nicht ab. Aber drey
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[134/0164] Oſnabruͤckſche Geſchichte und man webt doch fort, um ſich zwey Wege zur Ausfuhr zu verſichern. Mit dieſem Linnen muͤſſen alle Ausgaben des Landes beſtritten werden; und das gluͤcklichſte iſt, daß das Geld dafuͤr in die kleinſten Adern des Staats zuruͤck fließt, und nicht bloß einige Glieder belebt. Auf gleiche Art werden auch halb wollen und halb linnene Zeuge unter dem Nahmen von Wollacken im Hauſe verfertiget; aber alles grob und fuͤr die Noth. Fuͤr Wolluſt und Be- quemlichkeit zu arbeiten wuͤrde nicht ſo ſicher; fuͤr den Bauren im Hauſe unmoͤglich; und auf andre Art fuͤr das allgemeine Beſte minder nuͤtzlich ſeyn. ⁽a⁾ Jch habe in der Hiſtoire generale de voiages irgendwo ge- leſen, daß es die Mohren in dem innerſten Africa mit Nahmen gefordert haͤtten. ⁽b⁾ Das Haͤnfene iſt faſt glaͤnzender und ſchoͤner; und 22 Faden von Hanf breiten ſich ſo gut als 24 von Flachs. Wel- ches um deswillen zu wiſſen noͤthig, damit der Geſetzge- ber, die Anzahl der Faden nicht uͤbereins beſtimme; und damit koſtbare Veraͤnderungen der Weber-Kaͤmme veranlaſſe. So befiehlt er bisweilen eine Verlaͤngerung der Wagen-Achſen, ohne an die engen Thuͤren, Berg- Holz- und Heide-Wege zu gedenken. ⁽c⁾ Dies haͤlt mit der Wolle ſchwer; und das Stuben-ſitzen iſt dem Landmanne ſo wenig vortheilhaft als geſund. Der Gebrauch des Oels bey der Wolle macht auch die Haͤnde der Wollen-Spinner zu verſchiedenen Haus-Ar- beiten unbequem. ⁽d⁾ Wenn einige Jahre nach einander aller Hand-Lohn und alle Zeit dabey verlohren gienge: ſo wuͤrde der Land- mann doch nicht leicht von einer Gewohnheit ab- und ſein Geſinde, das er ohnedem halten muß, in den Zwi- ſchen-Zeiten muͤſſig gehn laſſen. Und gegen dieſen Vor- zug dauret keine Fabrick in der Welt. Drey Jahre Mißwachs ſchrecken den Landmann nicht ab. Aber drey Jah-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/164>, abgerufen am 24.11.2024.