Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite

dritter Abschnitt.
Man durfte sich aber nicht gegen ihn rühren, weil er
mit einem starken Heere in einer vortheilhaften Stel-
lung am Niederrheine stund, und die ganze Gegend
in Furcht hielt. Endlich lockten (e) sie ihn doch über
die Lippe gegen die Weser, wo er sich in Sicherheit
ausbreitete. Allein auch in dieser Stellung, wo er
einige Vestungen im Rücken und eine mächtige Re-
serve unter dem Asprenas am Rhein hatte, schien er
ihnen noch zu furchtbar. Sie musten ihn noch tiefer
ins Land und aus seinem Vortheil bringen.

(a) Sibi non tributa sed virtutem & viros indici, proximum id
libertati.
TAC. Ann. V.
25. Hierin bestand die Pflicht
der Freunde; und Armin führte das Cheruskische Freun-
des-Contingent in dem Römischen Heer. TAC. Ann. II.
10. war auch Römischer Bürger und Ritter. VELL. II.
118. sein Bruder Flavius aber gieng consensu gentis suae
in Römische Dienste. TAC. XI. 17.
(b) Die Folgen in Absicht auf den Handel und die Sitten,
bemerkt DIO LIV.
(c) Die Römischen Schriftsteller, en stile de glorieux battu,
wissen den Varus nicht genug zu beschuldigen. Allein
die Liebe und das Vertrauen, welches er gegen den jun-
gen Armin äusserte, und die Wohlthaten die er ihm
(vermuthlich in seinen Händeln mit dem Segest) erwie-
sen hatte, zeugen von seinem bessern Charakter. Negat
se credere, spemque in se benevolentiae ex merito aestimare
profitetur. VELL. II.
118. Man liebt insgemein diejeni-
gen, so man glücklich gemacht; und Varus konnte die
gehässigen Nachrichten des Segestes leicht als Verläum-
dungen verachten.
(d) DIO l. c. Inter Albim & Rhenum virgas secures & togam
viderant. TAC.
1. 59.
(e) Es ist nicht leicht ein Plan glücklicher entworfen und
ausgeführet worden als dieser. Jeder Schritt war ab-

dritter Abſchnitt.
Man durfte ſich aber nicht gegen ihn ruͤhren, weil er
mit einem ſtarken Heere in einer vortheilhaften Stel-
lung am Niederrheine ſtund, und die ganze Gegend
in Furcht hielt. Endlich lockten (e) ſie ihn doch uͤber
die Lippe gegen die Weſer, wo er ſich in Sicherheit
ausbreitete. Allein auch in dieſer Stellung, wo er
einige Veſtungen im Ruͤcken und eine maͤchtige Re-
ſerve unter dem Aſprenas am Rhein hatte, ſchien er
ihnen noch zu furchtbar. Sie muſten ihn noch tiefer
ins Land und aus ſeinem Vortheil bringen.

(a) Sibi non tributa ſed virtutem & viros indici, proximum id
libertati.
TAC. Ann. V.
25. Hierin beſtand die Pflicht
der Freunde; und Armin fuͤhrte das Cheruskiſche Freun-
des-Contingent in dem Roͤmiſchen Heer. TAC. Ann. II.
10. war auch Roͤmiſcher Buͤrger und Ritter. VELL. II.
118. ſein Bruder Flavius aber gieng conſenſu gentis ſuæ
in Roͤmiſche Dienſte. TAC. XI. 17.
(b) Die Folgen in Abſicht auf den Handel und die Sitten,
bemerkt DIO LIV.
(c) Die Roͤmiſchen Schriftſteller, en ſtile de glorieux battu,
wiſſen den Varus nicht genug zu beſchuldigen. Allein
die Liebe und das Vertrauen, welches er gegen den jun-
gen Armin aͤuſſerte, und die Wohlthaten die er ihm
(vermuthlich in ſeinen Haͤndeln mit dem Segeſt) erwie-
ſen hatte, zeugen von ſeinem beſſern Charakter. Negat
ſe credere, ſpemque in ſe benevolentiæ ex merito æſtimare
profitetur. VELL. II.
118. Man liebt insgemein diejeni-
gen, ſo man gluͤcklich gemacht; und Varus konnte die
gehaͤſſigen Nachrichten des Segeſtes leicht als Verlaͤum-
dungen verachten.
(d) DIO l. c. Inter Albim & Rhenum virgas ſecures & togam
viderant. TAC.
1. 59.
(e) Es iſt nicht leicht ein Plan gluͤcklicher entworfen und
ausgefuͤhret worden als dieſer. Jeder Schritt war ab-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0203" n="173"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">dritter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
Man durfte &#x017F;ich aber nicht gegen ihn ru&#x0364;hren, weil er<lb/>
mit einem &#x017F;tarken Heere in einer vortheilhaften Stel-<lb/>
lung am Niederrheine &#x017F;tund, und die ganze Gegend<lb/>
in Furcht hielt. Endlich lockten <note place="end" n="(e)"/> &#x017F;ie ihn doch u&#x0364;ber<lb/>
die Lippe gegen die We&#x017F;er, wo er &#x017F;ich in Sicherheit<lb/>
ausbreitete. Allein auch in die&#x017F;er Stellung, wo er<lb/>
einige Ve&#x017F;tungen im Ru&#x0364;cken und eine ma&#x0364;chtige Re-<lb/>
&#x017F;erve unter dem A&#x017F;prenas am Rhein hatte, &#x017F;chien er<lb/>
ihnen noch zu furchtbar. Sie mu&#x017F;ten ihn noch tiefer<lb/>
ins Land und aus &#x017F;einem Vortheil bringen.</p><lb/>
          <note place="end" n="(a)"><hi rendition="#aq">Sibi non tributa &#x017F;ed virtutem &amp; viros indici, <hi rendition="#i">proximum id<lb/>
libertati.</hi> TAC. Ann. V.</hi> 25. Hierin be&#x017F;tand die Pflicht<lb/>
der Freunde; und Armin fu&#x0364;hrte das Cheruski&#x017F;che Freun-<lb/>
des-Contingent in dem Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Heer. <hi rendition="#aq">TAC. Ann. II.</hi><lb/>
10. war auch Ro&#x0364;mi&#x017F;cher Bu&#x0364;rger und Ritter. <hi rendition="#aq">VELL. II.</hi><lb/>
118. &#x017F;ein Bruder Flavius aber gieng <hi rendition="#aq">con&#x017F;en&#x017F;u gentis &#x017F;</hi><lb/>
in Ro&#x0364;mi&#x017F;che Dien&#x017F;te. <hi rendition="#aq">TAC. XI.</hi> 17.</note><lb/>
          <note place="end" n="(b)">Die Folgen in Ab&#x017F;icht auf den Handel und die Sitten,<lb/>
bemerkt <hi rendition="#aq">DIO LIV.</hi></note><lb/>
          <note place="end" n="(c)">Die Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Schrift&#x017F;teller, <hi rendition="#aq">en &#x017F;tile de glorieux battu,</hi><lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en den Varus nicht genug zu be&#x017F;chuldigen. Allein<lb/>
die Liebe und das Vertrauen, welches er gegen den jun-<lb/>
gen Armin a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erte, und die Wohlthaten die er ihm<lb/>
(vermuthlich in &#x017F;einen Ha&#x0364;ndeln mit dem Sege&#x017F;t) erwie-<lb/>
&#x017F;en hatte, zeugen von &#x017F;einem be&#x017F;&#x017F;ern Charakter. <hi rendition="#aq">Negat<lb/>
&#x017F;e credere, &#x017F;pemque in &#x017F;e benevolentiæ ex merito æ&#x017F;timare<lb/>
profitetur. VELL. II.</hi> 118. Man liebt insgemein diejeni-<lb/>
gen, &#x017F;o man glu&#x0364;cklich gemacht; und Varus konnte die<lb/>
geha&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Nachrichten des Sege&#x017F;tes leicht als Verla&#x0364;um-<lb/>
dungen verachten.</note><lb/>
          <note place="end" n="(d)"><hi rendition="#aq">DIO l. c. Inter Albim &amp; Rhenum virgas &#x017F;ecures &amp; togam<lb/>
viderant. TAC.</hi> 1. 59.</note><lb/>
          <note place="end" n="(e)">Es i&#x017F;t nicht leicht ein Plan glu&#x0364;cklicher entworfen und<lb/>
ausgefu&#x0364;hret worden als die&#x017F;er. Jeder Schritt war ab-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge-</fw><lb/></note>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0203] dritter Abſchnitt. Man durfte ſich aber nicht gegen ihn ruͤhren, weil er mit einem ſtarken Heere in einer vortheilhaften Stel- lung am Niederrheine ſtund, und die ganze Gegend in Furcht hielt. Endlich lockten ⁽e⁾ ſie ihn doch uͤber die Lippe gegen die Weſer, wo er ſich in Sicherheit ausbreitete. Allein auch in dieſer Stellung, wo er einige Veſtungen im Ruͤcken und eine maͤchtige Re- ſerve unter dem Aſprenas am Rhein hatte, ſchien er ihnen noch zu furchtbar. Sie muſten ihn noch tiefer ins Land und aus ſeinem Vortheil bringen. ⁽a⁾ Sibi non tributa ſed virtutem & viros indici, proximum id libertati. TAC. Ann. V. 25. Hierin beſtand die Pflicht der Freunde; und Armin fuͤhrte das Cheruskiſche Freun- des-Contingent in dem Roͤmiſchen Heer. TAC. Ann. II. 10. war auch Roͤmiſcher Buͤrger und Ritter. VELL. II. 118. ſein Bruder Flavius aber gieng conſenſu gentis ſuæ in Roͤmiſche Dienſte. TAC. XI. 17. ⁽b⁾ Die Folgen in Abſicht auf den Handel und die Sitten, bemerkt DIO LIV. ⁽c⁾ Die Roͤmiſchen Schriftſteller, en ſtile de glorieux battu, wiſſen den Varus nicht genug zu beſchuldigen. Allein die Liebe und das Vertrauen, welches er gegen den jun- gen Armin aͤuſſerte, und die Wohlthaten die er ihm (vermuthlich in ſeinen Haͤndeln mit dem Segeſt) erwie- ſen hatte, zeugen von ſeinem beſſern Charakter. Negat ſe credere, ſpemque in ſe benevolentiæ ex merito æſtimare profitetur. VELL. II. 118. Man liebt insgemein diejeni- gen, ſo man gluͤcklich gemacht; und Varus konnte die gehaͤſſigen Nachrichten des Segeſtes leicht als Verlaͤum- dungen verachten. ⁽d⁾ DIO l. c. Inter Albim & Rhenum virgas ſecures & togam viderant. TAC. 1. 59. ⁽e⁾ Es iſt nicht leicht ein Plan gluͤcklicher entworfen und ausgefuͤhret worden als dieſer. Jeder Schritt war ab- ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/203
Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/203>, abgerufen am 15.05.2024.