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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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Osnabrücksche Geschichte
Forderung nicht übertreiben konnte: und daß solche
im voraus verglichen und bestimmet wurde, damit
der Schuldige nach seiner eignen Bewilligung ver-
urtheilet werden konnte. Denn diese, und nicht ein
willkührliches Gesetze nach der That, worinn die
Partheyen ohnedem schwerlich übereingekommen seyn
würden, mogte ihn verbinden. Man hies solche ins-
gemein das Wehr-geld (b) Je höher ein Preis war
den einer auf seine Person erhielt, je mehr war er ge-
sichert. Und der Unterschied (c) des Wehrgeldes
konnte die Klassen der Menschen; ihren verschiedenen
Rang; und die Verhältnis in allen Genugthuungen
überaus wohl bestimmen. Wer das Wehrgeld, wie
es verglichen war, nicht bezahlen wollte, genos des
gemeinen Friedens nicht weiter, (d) und mogte seine
Gefahr stehen. Er nahm und gab in der öffentlichen
Versammlung weiter kein Recht; und keiner durfte
ihm helfen, ohne ebenfalls von der Gesellschaft aus-
geschlossen zu werden.

(a) Die leibeigne Magd hat jetzt ihre Wehrung noch; wel-
che dem Gutsherrn unter dem Nahmen von Bette-
mund
bezahlet wird, wenn sie geschwächt ist; und der
Gutsherr würde auf gleiche Art für einen erschlagenen
Knecht noch jetzt das Wehrgeld haben, wenn es nicht
abgeschaffet wäre.
(b) Wehre ist hier valor. Man sagt Geld und Geldes-ge-
wehr. Wehrgeld ist also valoris valor. WACHTER v.
Wehrgeld giebt eine andre Ableitung. Jene vom
SPELLMAN. v. VVergeld ist wohl die beste. Der König
Eduard übersetzt: VVere quod sit redemtionis suae pretium
in LL. tit.
12. beym WILK. p. 199.
(c) Unter den Angelsachsen war das Wehrgeld des Königs
30000 Thrymse; des Erzbischofen 15000; des Bischofen

Oſnabruͤckſche Geſchichte
Forderung nicht uͤbertreiben konnte: und daß ſolche
im voraus verglichen und beſtimmet wurde, damit
der Schuldige nach ſeiner eignen Bewilligung ver-
urtheilet werden konnte. Denn dieſe, und nicht ein
willkuͤhrliches Geſetze nach der That, worinn die
Partheyen ohnedem ſchwerlich uͤbereingekommen ſeyn
wuͤrden, mogte ihn verbinden. Man hies ſolche ins-
gemein das Wehr-geld (b) Je hoͤher ein Preis war
den einer auf ſeine Perſon erhielt, je mehr war er ge-
ſichert. Und der Unterſchied (c) des Wehrgeldes
konnte die Klaſſen der Menſchen; ihren verſchiedenen
Rang; und die Verhaͤltnis in allen Genugthuungen
uͤberaus wohl beſtimmen. Wer das Wehrgeld, wie
es verglichen war, nicht bezahlen wollte, genos des
gemeinen Friedens nicht weiter, (d) und mogte ſeine
Gefahr ſtehen. Er nahm und gab in der oͤffentlichen
Verſammlung weiter kein Recht; und keiner durfte
ihm helfen, ohne ebenfalls von der Geſellſchaft aus-
geſchloſſen zu werden.

(a) Die leibeigne Magd hat jetzt ihre Wehrung noch; wel-
che dem Gutsherrn unter dem Nahmen von Bette-
mund
bezahlet wird, wenn ſie geſchwaͤcht iſt; und der
Gutsherr wuͤrde auf gleiche Art fuͤr einen erſchlagenen
Knecht noch jetzt das Wehrgeld haben, wenn es nicht
abgeſchaffet waͤre.
(b) Wehre iſt hier valor. Man ſagt Geld und Geldes-ge-
wehr. Wehrgeld iſt alſo valoris valor. WACHTER v.
Wehrgeld giebt eine andre Ableitung. Jene vom
SPELLMAN. v. VVergeld iſt wohl die beſte. Der Koͤnig
Eduard uͤberſetzt: VVere quod ſit redemtionis ſuæ pretium
in LL. tit.
12. beym WILK. p. 199.
(c) Unter den Angelſachſen war das Wehrgeld des Koͤnigs
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[34/0064] Oſnabruͤckſche Geſchichte Forderung nicht uͤbertreiben konnte: und daß ſolche im voraus verglichen und beſtimmet wurde, damit der Schuldige nach ſeiner eignen Bewilligung ver- urtheilet werden konnte. Denn dieſe, und nicht ein willkuͤhrliches Geſetze nach der That, worinn die Partheyen ohnedem ſchwerlich uͤbereingekommen ſeyn wuͤrden, mogte ihn verbinden. Man hies ſolche ins- gemein das Wehr-geld ⁽b⁾ Je hoͤher ein Preis war den einer auf ſeine Perſon erhielt, je mehr war er ge- ſichert. Und der Unterſchied ⁽c⁾ des Wehrgeldes konnte die Klaſſen der Menſchen; ihren verſchiedenen Rang; und die Verhaͤltnis in allen Genugthuungen uͤberaus wohl beſtimmen. Wer das Wehrgeld, wie es verglichen war, nicht bezahlen wollte, genos des gemeinen Friedens nicht weiter, ⁽d⁾ und mogte ſeine Gefahr ſtehen. Er nahm und gab in der oͤffentlichen Verſammlung weiter kein Recht; und keiner durfte ihm helfen, ohne ebenfalls von der Geſellſchaft aus- geſchloſſen zu werden. ⁽a⁾ Die leibeigne Magd hat jetzt ihre Wehrung noch; wel- che dem Gutsherrn unter dem Nahmen von Bette- mund bezahlet wird, wenn ſie geſchwaͤcht iſt; und der Gutsherr wuͤrde auf gleiche Art fuͤr einen erſchlagenen Knecht noch jetzt das Wehrgeld haben, wenn es nicht abgeſchaffet waͤre. ⁽b⁾ Wehre iſt hier valor. Man ſagt Geld und Geldes-ge- wehr. Wehrgeld iſt alſo valoris valor. WACHTER v. Wehrgeld giebt eine andre Ableitung. Jene vom SPELLMAN. v. VVergeld iſt wohl die beſte. Der Koͤnig Eduard uͤberſetzt: VVere quod ſit redemtionis ſuæ pretium in LL. tit. 12. beym WILK. p. 199. ⁽c⁾ Unter den Angelſachſen war das Wehrgeld des Koͤnigs 30000 Thrymſe; des Erzbiſchofen 15000; des Biſchofen und

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/64>, abgerufen am 14.05.2024.