Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.Schreiben einer Hofdame zusammen zu setzen, als wovon die Frisur an der Hammel-keule oder der Email andrer Krusten gemacht ist. Ich wolte keinem rathen im Frühlinge, wo die Natur und die Tafel mit Blumen besetzt seyn muß, einfarbige oder wohl gar rothe und gelbe Gallerte zu geben und die Tafel mit modernen Dormans zu groupiren, wenn der ganze Aufsatz a la Romaine ist. Der Kaiser, der sich durch die Erfindung der Farcen *) einen unsterblichen Namen gemacht und zuerst Fische **) von Schweinefleisch und Schinken von Käse erfunden hat, würde gegen unsre heutigen Köche eine schlechte Figur machen, und seine Tafel, worauf er oft zur Pracht alle Speisen in petit point oder künstlich gestickter Arbeit nachahmen ließ, gegen die unsrigen, wenn sie mit Gerichten von Porcellain oder Email besetzt sind, sehr verlieren. ***) Unsre Köche sind in der *) Heliogabulus primus de piscibus isitia fecit. Lam- prid. in Heliog. **) Dulciarios (confituriers) et lactarios (Milchköche) tales habuit ut quaecumque coqui de diversis edu- libus exhibuissent, illi modo de dulciis modo de lactariis exhiberent. ib. ***) Hieran ist wohl noch zu zweifeln. Denn der Kaiser ließ
auch ganze Tische de vitreis, worauf alle Gerichte in ge- färbten Glase nachgeahmt waren, aufsetzen; und er hatte Deserts von Wachs, Elfenbein, Porcellain, Marmor und Stein so gut wie wir. In secunda coena saepe cere- am coenam saepe eburneam aliquando fictilem non nunquam vel marmoream vel lapideam exhibuit. ib. In den gestickten Schauessen übertraf er aber uns neuere. Tot picta mantilia in mensam mittebat his eduli- bus picta quae apponerentur, quot missus esset ha- biturus ita ut de acu aut de textili pictura exhibe- rentur. Schreiben einer Hofdame zuſammen zu ſetzen, als wovon die Friſur an der Hammel-keule oder der Email andrer Kruſten gemacht iſt. Ich wolte keinem rathen im Fruͤhlinge, wo die Natur und die Tafel mit Blumen beſetzt ſeyn muß, einfarbige oder wohl gar rothe und gelbe Gallerte zu geben und die Tafel mit modernen Dormans zu groupiren, wenn der ganze Aufſatz a la Romaine iſt. Der Kaiſer, der ſich durch die Erfindung der Farcen *) einen unſterblichen Namen gemacht und zuerſt Fiſche **) von Schweinefleiſch und Schinken von Kaͤſe erfunden hat, wuͤrde gegen unſre heutigen Koͤche eine ſchlechte Figur machen, und ſeine Tafel, worauf er oft zur Pracht alle Speiſen in petit point oder kuͤnſtlich geſtickter Arbeit nachahmen ließ, gegen die unſrigen, wenn ſie mit Gerichten von Porcellain oder Email beſetzt ſind, ſehr verlieren. ***) Unſre Koͤche ſind in der *) Heliogabulus primus de piſcibus iſitia fecit. Lam- prid. in Heliog. **) Dulciarios (confituriers) et lactarios (Milchkoͤche) tales habuit ut quaecumque coqui de diverſis edu- libus exhibuiſſent, illi modo de dulciis modo de lactariis exhiberent. ib. ***) Hieran iſt wohl noch zu zweifeln. Denn der Kaiſer ließ
auch ganze Tiſche de vitreis, worauf alle Gerichte in ge- faͤrbten Glaſe nachgeahmt waren, aufſetzen; und er hatte Deſerts von Wachs, Elfenbein, Porcellain, Marmor und Stein ſo gut wie wir. In ſecunda coena ſaepe cere- am coenam ſaepe eburneam aliquando fictilem non nunquam vel marmoream vel lapideam exhibuit. ib. In den geſtickten Schaueſſen uͤbertraf er aber uns neuere. Tot picta mantilia in menſam mittebat his eduli- bus picta quae apponerentur, quot miſſus eſſet ha- biturus ita ut de acu aut de textili pictura exhibe- rentur. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0178" n="160"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Schreiben einer Hofdame</hi></fw><lb/> zuſammen zu ſetzen, als wovon die Friſur an der Hammel-<lb/> keule oder der Email andrer Kruſten gemacht iſt. Ich wolte<lb/> keinem rathen im Fruͤhlinge, wo die Natur und die Tafel mit<lb/> Blumen beſetzt ſeyn muß, einfarbige oder wohl gar rothe und<lb/> gelbe Gallerte zu geben und die Tafel mit modernen Dormans<lb/> zu groupiren, wenn der ganze Aufſatz <hi rendition="#aq">a la Romaine</hi> iſt.<lb/> Der Kaiſer, der ſich durch die Erfindung der Farcen <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Heliogabulus primus de piſcibus <hi rendition="#i">iſitia</hi> fecit. <hi rendition="#i">Lam-<lb/> prid.</hi> in Heliog.</hi></note> einen<lb/> unſterblichen Namen gemacht und zuerſt Fiſche <note place="foot" n="**)"><hi rendition="#aq">Dulciarios (confituriers) et lactarios</hi> (Milchkoͤche)<lb/><hi rendition="#aq">tales habuit ut quaecumque coqui de diverſis edu-<lb/> libus exhibuiſſent, illi modo de dulciis modo de<lb/> lactariis exhiberent. ib.</hi></note> von<lb/> Schweinefleiſch und Schinken von Kaͤſe erfunden hat, wuͤrde<lb/> gegen unſre heutigen Koͤche eine ſchlechte Figur machen, und<lb/> ſeine Tafel, worauf er oft zur Pracht alle Speiſen in <hi rendition="#aq">petit<lb/> point</hi> oder kuͤnſtlich geſtickter Arbeit nachahmen ließ, gegen<lb/> die unſrigen, wenn ſie mit Gerichten von Porcellain oder<lb/> Email beſetzt ſind, ſehr verlieren. <note place="foot" n="***)">Hieran iſt wohl noch zu zweifeln. Denn der Kaiſer ließ<lb/> auch ganze Tiſche <hi rendition="#aq">de vitreis,</hi> worauf alle Gerichte in ge-<lb/> faͤrbten Glaſe nachgeahmt waren, aufſetzen; und er hatte<lb/> Deſerts von Wachs, Elfenbein, Porcellain, Marmor und<lb/> Stein ſo gut wie wir. <hi rendition="#aq">In ſecunda coena ſaepe cere-<lb/> am coenam ſaepe eburneam aliquando fictilem non<lb/> nunquam vel marmoream vel lapideam exhibuit. ib.</hi><lb/> In den geſtickten Schaueſſen uͤbertraf er aber uns neuere.<lb/><hi rendition="#aq">Tot picta mantilia in menſam mittebat his eduli-<lb/> bus picta quae apponerentur, quot miſſus eſſet ha-<lb/> biturus ita ut de acu aut de textili pictura exhibe-<lb/> rentur.</hi></note> Unſre Koͤche ſind in<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [160/0178]
Schreiben einer Hofdame
zuſammen zu ſetzen, als wovon die Friſur an der Hammel-
keule oder der Email andrer Kruſten gemacht iſt. Ich wolte
keinem rathen im Fruͤhlinge, wo die Natur und die Tafel mit
Blumen beſetzt ſeyn muß, einfarbige oder wohl gar rothe und
gelbe Gallerte zu geben und die Tafel mit modernen Dormans
zu groupiren, wenn der ganze Aufſatz a la Romaine iſt.
Der Kaiſer, der ſich durch die Erfindung der Farcen *) einen
unſterblichen Namen gemacht und zuerſt Fiſche **) von
Schweinefleiſch und Schinken von Kaͤſe erfunden hat, wuͤrde
gegen unſre heutigen Koͤche eine ſchlechte Figur machen, und
ſeine Tafel, worauf er oft zur Pracht alle Speiſen in petit
point oder kuͤnſtlich geſtickter Arbeit nachahmen ließ, gegen
die unſrigen, wenn ſie mit Gerichten von Porcellain oder
Email beſetzt ſind, ſehr verlieren. ***) Unſre Koͤche ſind in
der
*) Heliogabulus primus de piſcibus iſitia fecit. Lam-
prid. in Heliog.
**) Dulciarios (confituriers) et lactarios (Milchkoͤche)
tales habuit ut quaecumque coqui de diverſis edu-
libus exhibuiſſent, illi modo de dulciis modo de
lactariis exhiberent. ib.
***) Hieran iſt wohl noch zu zweifeln. Denn der Kaiſer ließ
auch ganze Tiſche de vitreis, worauf alle Gerichte in ge-
faͤrbten Glaſe nachgeahmt waren, aufſetzen; und er hatte
Deſerts von Wachs, Elfenbein, Porcellain, Marmor und
Stein ſo gut wie wir. In ſecunda coena ſaepe cere-
am coenam ſaepe eburneam aliquando fictilem non
nunquam vel marmoream vel lapideam exhibuit. ib.
In den geſtickten Schaueſſen uͤbertraf er aber uns neuere.
Tot picta mantilia in menſam mittebat his eduli-
bus picta quae apponerentur, quot miſſus eſſet ha-
biturus ita ut de acu aut de textili pictura exhibe-
rentur.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |