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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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in kleinen Städten.
nen man es eben nicht zum Schimpf anrechnen kann, wenn
sie von Wollen- und Lederarbeiten nichts verstehen, zum
Reichstage abgeschickt worden, hat man zwar von vielen wich-
tigen Dingen aber nichts von solchen gehört, welche auf den
Handel der Nation und eine gute allgemeine Policey die ge-
ringste Beziehung hätten. Aber desto fleißiger und reiflicher
sollten dergleichen Sachen auf den Kreistagen, und besonders
auf denen Kreistagen, welche von einer Menge kleiner Reichs-
stände beschickt werden, und dazu in der Reichs-Policeyord-
nung eigentlich angewiesen sind, überleget werden. Die
Landstädte sollten hier, ohne Nachtheil ihrer Mittelbarkeit,
ihre eigne Handelstage, ihre Kreisbörse, und ihre Verei-
nigungen haben. Sie sollten die Handels- und Handwerks-
Policeysachen für sich abthun mögen, und von ihren Landes-
herrn mit dem Vertrauen beehret werden, daß sie solche bes-
ser als seine Krieges- und Cammerräthe beurtheiten und ein-
richten würden.

Die heutige Politik der einander nacheifernden Natio-
nen bestehet darinn, daß die eine für der andern schönere, bes-
sere und wohlfeilere Waaren zu verfertigen, und damit den
auswärtigen Markt zu gewinnen und zu erhalten sich bemü-
het. Die Politik der Kreisstädte und der kleinen Staaten
hingegen geht einzig und allein dahin, sich einander durch
schlechte, betriegliche und wohlfeilere Waaren den Vortheil ab-
zujagen. Wenn die Stadt Cölln es wagt, zwölflöthig Silber
zu verarbeiten, um den Augspurgern den Preis abzugewinnen:
so wagt es .... eilflöthig Silber zu verarbeiten; und kaum
hat diese damit den Anfang gemacht: so macht die Stadt
... ihre Probe zehnlöthig, und damit diese nicht zu viel
gewinne: so ist die Probe der Stadt ... achtlöthig; und
der Jude hat seine Hausirwaare aus sechslöthigem verfertigen
lassen. Der arme Unterthan, der von allen diesen nichts ver-

ste-

in kleinen Staͤdten.
nen man es eben nicht zum Schimpf anrechnen kann, wenn
ſie von Wollen- und Lederarbeiten nichts verſtehen, zum
Reichstage abgeſchickt worden, hat man zwar von vielen wich-
tigen Dingen aber nichts von ſolchen gehoͤrt, welche auf den
Handel der Nation und eine gute allgemeine Policey die ge-
ringſte Beziehung haͤtten. Aber deſto fleißiger und reiflicher
ſollten dergleichen Sachen auf den Kreistagen, und beſonders
auf denen Kreistagen, welche von einer Menge kleiner Reichs-
ſtaͤnde beſchickt werden, und dazu in der Reichs-Policeyord-
nung eigentlich angewieſen ſind, uͤberleget werden. Die
Landſtaͤdte ſollten hier, ohne Nachtheil ihrer Mittelbarkeit,
ihre eigne Handelstage, ihre Kreisboͤrſe, und ihre Verei-
nigungen haben. Sie ſollten die Handels- und Handwerks-
Policeyſachen fuͤr ſich abthun moͤgen, und von ihren Landes-
herrn mit dem Vertrauen beehret werden, daß ſie ſolche beſ-
ſer als ſeine Krieges- und Cammerraͤthe beurtheiten und ein-
richten wuͤrden.

Die heutige Politik der einander nacheifernden Natio-
nen beſtehet darinn, daß die eine fuͤr der andern ſchoͤnere, beſ-
ſere und wohlfeilere Waaren zu verfertigen, und damit den
auswaͤrtigen Markt zu gewinnen und zu erhalten ſich bemuͤ-
het. Die Politik der Kreisſtaͤdte und der kleinen Staaten
hingegen geht einzig und allein dahin, ſich einander durch
ſchlechte, betriegliche und wohlfeilere Waaren den Vortheil ab-
zujagen. Wenn die Stadt Coͤlln es wagt, zwoͤlfloͤthig Silber
zu verarbeiten, um den Augſpurgern den Preis abzugewinnen:
ſo wagt es .... eilfloͤthig Silber zu verarbeiten; und kaum
hat dieſe damit den Anfang gemacht: ſo macht die Stadt
… ihre Probe zehnloͤthig, und damit dieſe nicht zu viel
gewinne: ſo iſt die Probe der Stadt … achtloͤthig; und
der Jude hat ſeine Hauſirwaare aus ſechsloͤthigem verfertigen
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[203/0221] in kleinen Staͤdten. nen man es eben nicht zum Schimpf anrechnen kann, wenn ſie von Wollen- und Lederarbeiten nichts verſtehen, zum Reichstage abgeſchickt worden, hat man zwar von vielen wich- tigen Dingen aber nichts von ſolchen gehoͤrt, welche auf den Handel der Nation und eine gute allgemeine Policey die ge- ringſte Beziehung haͤtten. Aber deſto fleißiger und reiflicher ſollten dergleichen Sachen auf den Kreistagen, und beſonders auf denen Kreistagen, welche von einer Menge kleiner Reichs- ſtaͤnde beſchickt werden, und dazu in der Reichs-Policeyord- nung eigentlich angewieſen ſind, uͤberleget werden. Die Landſtaͤdte ſollten hier, ohne Nachtheil ihrer Mittelbarkeit, ihre eigne Handelstage, ihre Kreisboͤrſe, und ihre Verei- nigungen haben. Sie ſollten die Handels- und Handwerks- Policeyſachen fuͤr ſich abthun moͤgen, und von ihren Landes- herrn mit dem Vertrauen beehret werden, daß ſie ſolche beſ- ſer als ſeine Krieges- und Cammerraͤthe beurtheiten und ein- richten wuͤrden. Die heutige Politik der einander nacheifernden Natio- nen beſtehet darinn, daß die eine fuͤr der andern ſchoͤnere, beſ- ſere und wohlfeilere Waaren zu verfertigen, und damit den auswaͤrtigen Markt zu gewinnen und zu erhalten ſich bemuͤ- het. Die Politik der Kreisſtaͤdte und der kleinen Staaten hingegen geht einzig und allein dahin, ſich einander durch ſchlechte, betriegliche und wohlfeilere Waaren den Vortheil ab- zujagen. Wenn die Stadt Coͤlln es wagt, zwoͤlfloͤthig Silber zu verarbeiten, um den Augſpurgern den Preis abzugewinnen: ſo wagt es .... eilfloͤthig Silber zu verarbeiten; und kaum hat dieſe damit den Anfang gemacht: ſo macht die Stadt … ihre Probe zehnloͤthig, und damit dieſe nicht zu viel gewinne: ſo iſt die Probe der Stadt … achtloͤthig; und der Jude hat ſeine Hauſirwaare aus ſechsloͤthigem verfertigen laſſen. Der arme Unterthan, der von allen dieſen nichts ver- ſte-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/221>, abgerufen am 21.11.2024.