LXIV. Vorstellung zu einer Kreisvereinigung, um das Brandteweinsbrennen bey dem zu besor- genden Kornmangel einzustellen.
Es ist schon mehrmalen erinnert worden, wie höchstnütz- lich es seyn würde, wenn die Reichsstände in dem west- phälischen Kreise sich wegen gewisser Policeyanstalten gemein- schaftlich vereinigten, und allenfalls auch mit dem benachbar- ten niedersächsischen Kreise dieserhalb eine Correspondenz un- terhielten. Die alten Reichsgesetze empfehlen dieses mit so vielem Ernste; und die Noth erfordert es so offenbar, daß man sich billig wundern muß, warum nicht mit mehrern Ernste und Eifer an eine so nöthige Sache gedacht werde. Die Zeit ist vorüber, worinn die anwachsenden Territorialhoheiten ge- gen eine solche Anstalt eifersüchtig waren. Jeder Reichsstand ist nunmehro würklich völliger Herr in seinem Lande, und keiner hat zu besorgen, wenn er durch eine freywillige Ver- einbarung mit seinem Kreisgenossen seiner Macht Vollkom- menheit einige Schranken sezt, daß ihm solches als eine neue Unterwürfigkeit gegen das gemeinschaftliche Reichssystem und dessen Oberhaupt werde angerechnet werden. Woran liegt es also, daß die Reichsstände eines Kreises sich gewisser Dinge halber nicht näher vereinigen, und gegen allgemeine Uebel nicht mit gemeinschaftlichen Kräften arbeiten?
Nichts scheinet eine solche Vereinigung dermalen näher zu empfehlen, als der Abfall der leztern Erndte, und der
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LXIV. Vorſtellung zu einer Kreisvereinigung, um das Brandteweinsbrennen bey dem zu beſor- genden Kornmangel einzuſtellen.
Es iſt ſchon mehrmalen erinnert worden, wie hoͤchſtnuͤtz- lich es ſeyn wuͤrde, wenn die Reichsſtaͤnde in dem weſt- phaͤliſchen Kreiſe ſich wegen gewiſſer Policeyanſtalten gemein- ſchaftlich vereinigten, und allenfalls auch mit dem benachbar- ten niederſaͤchſiſchen Kreiſe dieſerhalb eine Correſpondenz un- terhielten. Die alten Reichsgeſetze empfehlen dieſes mit ſo vielem Ernſte; und die Noth erfordert es ſo offenbar, daß man ſich billig wundern muß, warum nicht mit mehrern Ernſte und Eifer an eine ſo noͤthige Sache gedacht werde. Die Zeit iſt voruͤber, worinn die anwachſenden Territorialhoheiten ge- gen eine ſolche Anſtalt eiferſuͤchtig waren. Jeder Reichsſtand iſt nunmehro wuͤrklich voͤlliger Herr in ſeinem Lande, und keiner hat zu beſorgen, wenn er durch eine freywillige Ver- einbarung mit ſeinem Kreisgenoſſen ſeiner Macht Vollkom- menheit einige Schranken ſezt, daß ihm ſolches als eine neue Unterwuͤrfigkeit gegen das gemeinſchaftliche Reichsſyſtem und deſſen Oberhaupt werde angerechnet werden. Woran liegt es alſo, daß die Reichsſtaͤnde eines Kreiſes ſich gewiſſer Dinge halber nicht naͤher vereinigen, und gegen allgemeine Uebel nicht mit gemeinſchaftlichen Kraͤften arbeiten?
Nichts ſcheinet eine ſolche Vereinigung dermalen naͤher zu empfehlen, als der Abfall der leztern Erndte, und der
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LXIV.
Vorſtellung zu einer Kreisvereinigung, um das
Brandteweinsbrennen bey dem zu beſor-
genden Kornmangel einzuſtellen.
Es iſt ſchon mehrmalen erinnert worden, wie hoͤchſtnuͤtz-
lich es ſeyn wuͤrde, wenn die Reichsſtaͤnde in dem weſt-
phaͤliſchen Kreiſe ſich wegen gewiſſer Policeyanſtalten gemein-
ſchaftlich vereinigten, und allenfalls auch mit dem benachbar-
ten niederſaͤchſiſchen Kreiſe dieſerhalb eine Correſpondenz un-
terhielten. Die alten Reichsgeſetze empfehlen dieſes mit ſo
vielem Ernſte; und die Noth erfordert es ſo offenbar, daß
man ſich billig wundern muß, warum nicht mit mehrern Ernſte
und Eifer an eine ſo noͤthige Sache gedacht werde. Die Zeit
iſt voruͤber, worinn die anwachſenden Territorialhoheiten ge-
gen eine ſolche Anſtalt eiferſuͤchtig waren. Jeder Reichsſtand
iſt nunmehro wuͤrklich voͤlliger Herr in ſeinem Lande, und
keiner hat zu beſorgen, wenn er durch eine freywillige Ver-
einbarung mit ſeinem Kreisgenoſſen ſeiner Macht Vollkom-
menheit einige Schranken ſezt, daß ihm ſolches als eine neue
Unterwuͤrfigkeit gegen das gemeinſchaftliche Reichsſyſtem und
deſſen Oberhaupt werde angerechnet werden. Woran liegt
es alſo, daß die Reichsſtaͤnde eines Kreiſes ſich gewiſſer Dinge
halber nicht naͤher vereinigen, und gegen allgemeine Uebel
nicht mit gemeinſchaftlichen Kraͤften arbeiten?
Nichts ſcheinet eine ſolche Vereinigung dermalen naͤher
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/381>, abgerufen am 24.11.2024.
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