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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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wenn der Linnenhandel sich bessern soll.

Wie ist aber dieser Endzweck zu erhalten? Soll die
Obrigkeit den Saamen selbst kommen lassen? Dieses ist über-
aus bedenklich, und was zuerst mit der redlichsten Absicht
angefangen wird, den grösten Mißbräuchen unterworfen.
Hier im Stifte mag ehedem etwas ähnliches eingeführt ge-
wesen seyn. Dann die Bemühungen, welche weyland der
Bischof Ernst August der Erste anwandte, um den Handel mit
Leinsaamen aus den Händen der Beamte und Vögte zu bringen,
lassen glauben, daß dieses Uebel unter dem Schein der obrig-
keitlichen Vorsorge eingerissen sey.

Soll der Handel einer Compagnie anvertrauet werden?
Dieses würde allerdings das bequemste seyn, wenn man nicht
Monopolien befürchten müßte, wiewohl dieses durch ein gutes
Temperament leicht vermieden werden könnte.

Das Beste unter allen scheinet mir eine Compagnie
zum Handel, aber dabey eine allgemeine freye Einzeichnung
zu seyn. Ich will mich deutlicher erklären. Es treten ei-
nige Personen zusammen, welche den Einkauf nach der Vor-
schrift übernehmen, ein Schif oder mehrere im Herbst ab-
schicken, den Saamen überkommen lassen, die Bezahlung ver-
fügen, und nichts wie die Provision nebst der Assecuranz,
wenn sie wollen, daran verdienten, selbst aber keine einzige
Tonne für eigne Rechnung kommen liessen.
Vor einem ge-
wissen anzusetzenden Tage meldeten sich bey ihnen alle Krä-
mer im Lande, und liessen die Anzahl der Tonnen einzeich-
nen, welche sie verlangten. Jene bezahlten an der Quelle,
diese zahlten beym Empfang der Tonnen. Die Rech-
nungen der ersten würden einer obrigkeitlichen Person vorge-
legt, darnach die Ausrechnung gemacht, und die Krämer er-
hielten den gesetzten Preiß, und zahlten darüber, wenn ih-
nen die Compagnie borgen wollte, ein zu bestimmendes
Interesse.

In
wenn der Linnenhandel ſich beſſern ſoll.

Wie iſt aber dieſer Endzweck zu erhalten? Soll die
Obrigkeit den Saamen ſelbſt kommen laſſen? Dieſes iſt uͤber-
aus bedenklich, und was zuerſt mit der redlichſten Abſicht
angefangen wird, den groͤſten Mißbraͤuchen unterworfen.
Hier im Stifte mag ehedem etwas aͤhnliches eingefuͤhrt ge-
weſen ſeyn. Dann die Bemuͤhungen, welche weyland der
Biſchof Ernſt Auguſt der Erſte anwandte, um den Handel mit
Leinſaamen aus den Haͤnden der Beamte und Voͤgte zu bringen,
laſſen glauben, daß dieſes Uebel unter dem Schein der obrig-
keitlichen Vorſorge eingeriſſen ſey.

Soll der Handel einer Compagnie anvertrauet werden?
Dieſes wuͤrde allerdings das bequemſte ſeyn, wenn man nicht
Monopolien befuͤrchten muͤßte, wiewohl dieſes durch ein gutes
Temperament leicht vermieden werden koͤnnte.

Das Beſte unter allen ſcheinet mir eine Compagnie
zum Handel, aber dabey eine allgemeine freye Einzeichnung
zu ſeyn. Ich will mich deutlicher erklaͤren. Es treten ei-
nige Perſonen zuſammen, welche den Einkauf nach der Vor-
ſchrift uͤbernehmen, ein Schif oder mehrere im Herbſt ab-
ſchicken, den Saamen uͤberkommen laſſen, die Bezahlung ver-
fuͤgen, und nichts wie die Proviſion nebſt der Aſſecuranz,
wenn ſie wollen, daran verdienten, ſelbſt aber keine einzige
Tonne für eigne Rechnung kommen lieſſen.
Vor einem ge-
wiſſen anzuſetzenden Tage meldeten ſich bey ihnen alle Kraͤ-
mer im Lande, und lieſſen die Anzahl der Tonnen einzeich-
nen, welche ſie verlangten. Jene bezahlten an der Quelle,
dieſe zahlten beym Empfang der Tonnen. Die Rech-
nungen der erſten wuͤrden einer obrigkeitlichen Perſon vorge-
legt, darnach die Ausrechnung gemacht, und die Kraͤmer er-
hielten den geſetzten Preiß, und zahlten daruͤber, wenn ih-
nen die Compagnie borgen wollte, ein zu beſtimmendes
Intereſſe.

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[59/0077] wenn der Linnenhandel ſich beſſern ſoll. Wie iſt aber dieſer Endzweck zu erhalten? Soll die Obrigkeit den Saamen ſelbſt kommen laſſen? Dieſes iſt uͤber- aus bedenklich, und was zuerſt mit der redlichſten Abſicht angefangen wird, den groͤſten Mißbraͤuchen unterworfen. Hier im Stifte mag ehedem etwas aͤhnliches eingefuͤhrt ge- weſen ſeyn. Dann die Bemuͤhungen, welche weyland der Biſchof Ernſt Auguſt der Erſte anwandte, um den Handel mit Leinſaamen aus den Haͤnden der Beamte und Voͤgte zu bringen, laſſen glauben, daß dieſes Uebel unter dem Schein der obrig- keitlichen Vorſorge eingeriſſen ſey. Soll der Handel einer Compagnie anvertrauet werden? Dieſes wuͤrde allerdings das bequemſte ſeyn, wenn man nicht Monopolien befuͤrchten muͤßte, wiewohl dieſes durch ein gutes Temperament leicht vermieden werden koͤnnte. Das Beſte unter allen ſcheinet mir eine Compagnie zum Handel, aber dabey eine allgemeine freye Einzeichnung zu ſeyn. Ich will mich deutlicher erklaͤren. Es treten ei- nige Perſonen zuſammen, welche den Einkauf nach der Vor- ſchrift uͤbernehmen, ein Schif oder mehrere im Herbſt ab- ſchicken, den Saamen uͤberkommen laſſen, die Bezahlung ver- fuͤgen, und nichts wie die Proviſion nebſt der Aſſecuranz, wenn ſie wollen, daran verdienten, ſelbſt aber keine einzige Tonne für eigne Rechnung kommen lieſſen. Vor einem ge- wiſſen anzuſetzenden Tage meldeten ſich bey ihnen alle Kraͤ- mer im Lande, und lieſſen die Anzahl der Tonnen einzeich- nen, welche ſie verlangten. Jene bezahlten an der Quelle, dieſe zahlten beym Empfang der Tonnen. Die Rech- nungen der erſten wuͤrden einer obrigkeitlichen Perſon vorge- legt, darnach die Ausrechnung gemacht, und die Kraͤmer er- hielten den geſetzten Preiß, und zahlten daruͤber, wenn ih- nen die Compagnie borgen wollte, ein zu beſtimmendes Intereſſe. In

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/77>, abgerufen am 21.11.2024.