Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.Etwas zur Verbesserung Sprüchwort: Armuth schimpft niemand, dienet insgemeinnur dem stolzen Armen, dessen Eitelkeit sich beleidigt fühlt. Und wenn wir mit dem Armen ins Verhör gehen: so finden sich immer viele zweydeutige Umstände zu seiner Entschuldigung. Daher mag die Armuth überhaupt immer etwas verächtliches behalten; wenn wir nur dabey unsre Hochachtung gegen die Frau, die zugleich mähet, bindet und säuget, verdoppeln. Jene Verachtung und diese Hochachtung müssen zusammen bleiben, und die Bewegungsgründe zum Fleiße verstärken. Dieses Gesetz muß aber nicht eher in Uebung kommen, In die erste Klasse sollen diejenige kommen, welche In die andre; alle, welche eben keine Schonung ver- In die dritte, alle muthwillige Bettler, die durch ihr Die Einrichtung dieser Klassen werde mit Zuziehung Man sieht leicht ein, daß bey diesem Plan alles auf ich
Etwas zur Verbeſſerung Spruͤchwort: Armuth ſchimpft niemand, dienet insgemeinnur dem ſtolzen Armen, deſſen Eitelkeit ſich beleidigt fuͤhlt. Und wenn wir mit dem Armen ins Verhoͤr gehen: ſo finden ſich immer viele zweydeutige Umſtaͤnde zu ſeiner Entſchuldigung. Daher mag die Armuth uͤberhaupt immer etwas veraͤchtliches behalten; wenn wir nur dabey unſre Hochachtung gegen die Frau, die zugleich maͤhet, bindet und ſaͤuget, verdoppeln. Jene Verachtung und dieſe Hochachtung muͤſſen zuſammen bleiben, und die Bewegungsgruͤnde zum Fleiße verſtaͤrken. Dieſes Geſetz muß aber nicht eher in Uebung kommen, In die erſte Klaſſe ſollen diejenige kommen, welche In die andre; alle, welche eben keine Schonung ver- In die dritte, alle muthwillige Bettler, die durch ihr Die Einrichtung dieſer Klaſſen werde mit Zuziehung Man ſieht leicht ein, daß bey dieſem Plan alles auf ich
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Etwas zur Verbeſſerung
Spruͤchwort: Armuth ſchimpft niemand, dienet insgemein
nur dem ſtolzen Armen, deſſen Eitelkeit ſich beleidigt fuͤhlt.
Und wenn wir mit dem Armen ins Verhoͤr gehen: ſo finden
ſich immer viele zweydeutige Umſtaͤnde zu ſeiner Entſchuldigung.
Daher mag die Armuth uͤberhaupt immer etwas veraͤchtliches
behalten; wenn wir nur dabey unſre Hochachtung gegen die
Frau, die zugleich maͤhet, bindet und ſaͤuget, verdoppeln.
Jene Verachtung und dieſe Hochachtung muͤſſen zuſammen
bleiben, und die Bewegungsgruͤnde zum Fleiße verſtaͤrken.
Dieſes Geſetz muß aber nicht eher in Uebung kommen,
bevor wir nicht einige Voranſtalten gemacht haben, wozu
folgende meines Ermeſſens hinreichen werden. Man theile
alle Arme in drey Claſſen.
In die erſte Klaſſe ſollen diejenige kommen, welche
durch Ungluͤcksfaͤlle oder Gebrechlichkeit arm ſind; und einige
Schonung verdienen;
In die andre; alle, welche eben keine Schonung ver-
dienen, und ſich nur damit entſchuldigen, daß ſie keine Ge-
legenheit zu arbeiten haben, um ihr Brod zu gewinnen;
In die dritte, alle muthwillige Bettler, die durch ihr
eigen Verſchulden arm ſind, und gar nicht arbeiten wollen,
ohnerachtet ſie Gelegenheit, Geſchicklichkeit und Kraͤfte dazu
haben.
Die Einrichtung dieſer Klaſſen werde mit Zuziehung
der Pfarrer und mit der genaueſten Unterſuchung gemachet;
ſo dann aber die erſtre Klaſſe durch oͤſfentliche Vorſorge zu
Hauſe verſorgt; die andere mit Arbeit verſehen; und die
dritte in dem angelegten Werkhauſe dazu gezwungen.
Man ſieht leicht ein, daß bey dieſem Plan alles auf
die Vorkehrungen fuͤr die zweyte Klaſſe ankomme. Und wenn
ich
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