Ganz anders verhielt es sich mit denen Höfen, die nicht durch geharnischte außerhalb des Hauptmannscompagnie ver- treten oder verdienet wurden. Diese blieben in der Rolle; und der Eigenthümer, wie er davon zog, muste dem Haupt- mann einen tüchtigen Mann präsentiren, der kein Leibeigner seyn durfte, weil er im Heerbann mit ausziehen und folglich ein Eigenthum zu verfechten haben mußte. Dies gab in der Folge Gelegenheit zu unserm Eigenthum nach Haves oder wie wir es zusammen ziehen, Hausgenossenrechte; und wir finden hierinn sofort den Grund, warum sich im Hausge- nossenrechte eine Heergewedde, worunter Stiefel und Sporn, im Leibeigenthum nach Ritterrechte hingegen, dergleichen nicht befindet. Denn das Heergewedde der letztern steckt in dem Harnische, wodurch zwölf Mansi dispensiret waren, ein eigenes Heergewedde zu haben. Unfehlbar liegt auch hierinn der Grund, warum die Leibeignen nach Ritterrecht kein Hof- gewehr, und alle unsre alten Landesordnungen niemals eines Hofgewehrs bey Leibeignen gedacht haben; da es doch hin- gegen im Hausgenossenrechte und in allen Ländern bekannt ist, wo die Ackerhöfe nicht mit Leibeignen besetzt sind. Denn das Hofgewehr ist diejenige geheiligte Rüstung, womit jeder Unterthan zum gemeinen Dienst allezeit in dienst- und marsch- fertigen Stande seyn muß, und wovon kein Stück fehlen darf. Wo der Pflug fehlt, da kan der Acker nicht gebauet werden; wo der Acker nicht gebauet werden kan, da fehlen die Pferde; und wo diese fehlen, da muß, wenn es zum Dienste kömmt, ein Nachbar des andern Last tragen. Es fordert also die Wohlfart aller Mitpflichtigen, oder der Staat, ein vollkommenes und wider alle Angriffe, selbst gegen die Beerbtheilung, gesichertes Hofgewehr. Dies konnte er aber da nicht fordern, wo mit dem Harnisch der ganze gemeine Dienst erfüllet wurde. Es hindert dagegen nicht, daß wie
in
Gedanken uͤber den weſtphaͤl. Leibeigenthum.
Ganz anders verhielt es ſich mit denen Hoͤfen, die nicht durch geharniſchte außerhalb des Hauptmannscompagnie ver- treten oder verdienet wurden. Dieſe blieben in der Rolle; und der Eigenthuͤmer, wie er davon zog, muſte dem Haupt- mann einen tuͤchtigen Mann praͤſentiren, der kein Leibeigner ſeyn durfte, weil er im Heerbann mit ausziehen und folglich ein Eigenthum zu verfechten haben mußte. Dies gab in der Folge Gelegenheit zu unſerm Eigenthum nach Haves oder wie wir es zuſammen ziehen, Hausgenoſſenrechte; und wir finden hierinn ſofort den Grund, warum ſich im Hausge- noſſenrechte eine Heergewedde, worunter Stiefel und Sporn, im Leibeigenthum nach Ritterrechte hingegen, dergleichen nicht befindet. Denn das Heergewedde der letztern ſteckt in dem Harniſche, wodurch zwoͤlf Manſi diſpenſiret waren, ein eigenes Heergewedde zu haben. Unfehlbar liegt auch hierinn der Grund, warum die Leibeignen nach Ritterrecht kein Hof- gewehr, und alle unſre alten Landesordnungen niemals eines Hofgewehrs bey Leibeignen gedacht haben; da es doch hin- gegen im Hausgenoſſenrechte und in allen Laͤndern bekannt iſt, wo die Ackerhoͤfe nicht mit Leibeignen beſetzt ſind. Denn das Hofgewehr iſt diejenige geheiligte Ruͤſtung, womit jeder Unterthan zum gemeinen Dienſt allezeit in dienſt- und marſch- fertigen Stande ſeyn muß, und wovon kein Stuͤck fehlen darf. Wo der Pflug fehlt, da kan der Acker nicht gebauet werden; wo der Acker nicht gebauet werden kan, da fehlen die Pferde; und wo dieſe fehlen, da muß, wenn es zum Dienſte koͤmmt, ein Nachbar des andern Laſt tragen. Es fordert alſo die Wohlfart aller Mitpflichtigen, oder der Staat, ein vollkommenes und wider alle Angriffe, ſelbſt gegen die Beerbtheilung, geſichertes Hofgewehr. Dies konnte er aber da nicht fordern, wo mit dem Harniſch der ganze gemeine Dienſt erfuͤllet wurde. Es hindert dagegen nicht, daß wie
in
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0127"n="109"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Gedanken uͤber den weſtphaͤl. Leibeigenthum.</hi></fw><lb/><p>Ganz anders verhielt es ſich mit denen Hoͤfen, die nicht<lb/>
durch geharniſchte außerhalb des Hauptmannscompagnie ver-<lb/>
treten oder verdienet wurden. Dieſe blieben in der Rolle;<lb/>
und der Eigenthuͤmer, wie er davon zog, muſte dem Haupt-<lb/>
mann einen tuͤchtigen Mann praͤſentiren, der kein Leibeigner<lb/>ſeyn durfte, weil er im Heerbann mit ausziehen und folglich<lb/>
ein Eigenthum zu verfechten haben mußte. Dies gab in der<lb/>
Folge Gelegenheit zu unſerm <hirendition="#fr">Eigenthum nach Haves</hi> oder<lb/>
wie wir es zuſammen ziehen, <hirendition="#fr">Hausgenoſſenrechte;</hi> und wir<lb/>
finden hierinn ſofort den Grund, warum ſich im Hausge-<lb/>
noſſenrechte eine Heergewedde, worunter Stiefel und Sporn,<lb/>
im Leibeigenthum nach Ritterrechte hingegen, dergleichen<lb/>
nicht befindet. Denn das Heergewedde der letztern ſteckt in<lb/>
dem Harniſche, wodurch zwoͤlf <hirendition="#aq">Manſi</hi> diſpenſiret waren, ein<lb/>
eigenes Heergewedde zu haben. Unfehlbar liegt auch hierinn<lb/>
der Grund, warum die Leibeignen nach Ritterrecht kein Hof-<lb/>
gewehr, und alle unſre alten Landesordnungen niemals eines<lb/>
Hofgewehrs bey Leibeignen gedacht haben; da es doch hin-<lb/>
gegen im Hausgenoſſenrechte und in allen Laͤndern bekannt<lb/>
iſt, wo die Ackerhoͤfe nicht mit Leibeignen beſetzt ſind. Denn<lb/>
das Hofgewehr iſt diejenige geheiligte Ruͤſtung, womit jeder<lb/>
Unterthan zum gemeinen Dienſt allezeit in dienſt- und marſch-<lb/>
fertigen Stande ſeyn muß, und wovon kein Stuͤck fehlen<lb/>
darf. Wo der Pflug fehlt, da kan der Acker nicht gebauet<lb/>
werden; wo der Acker nicht gebauet werden kan, da fehlen<lb/>
die Pferde; und wo dieſe fehlen, da muß, wenn es zum<lb/>
Dienſte koͤmmt, ein Nachbar des andern Laſt tragen. Es<lb/>
fordert alſo die Wohlfart aller Mitpflichtigen, oder der Staat,<lb/>
ein vollkommenes und wider alle Angriffe, ſelbſt gegen die<lb/>
Beerbtheilung, geſichertes Hofgewehr. Dies konnte er aber<lb/>
da nicht fordern, wo mit dem Harniſch der ganze gemeine<lb/>
Dienſt erfuͤllet wurde. Es hindert dagegen nicht, daß wie<lb/><fwplace="bottom"type="catch">in</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[109/0127]
Gedanken uͤber den weſtphaͤl. Leibeigenthum.
Ganz anders verhielt es ſich mit denen Hoͤfen, die nicht
durch geharniſchte außerhalb des Hauptmannscompagnie ver-
treten oder verdienet wurden. Dieſe blieben in der Rolle;
und der Eigenthuͤmer, wie er davon zog, muſte dem Haupt-
mann einen tuͤchtigen Mann praͤſentiren, der kein Leibeigner
ſeyn durfte, weil er im Heerbann mit ausziehen und folglich
ein Eigenthum zu verfechten haben mußte. Dies gab in der
Folge Gelegenheit zu unſerm Eigenthum nach Haves oder
wie wir es zuſammen ziehen, Hausgenoſſenrechte; und wir
finden hierinn ſofort den Grund, warum ſich im Hausge-
noſſenrechte eine Heergewedde, worunter Stiefel und Sporn,
im Leibeigenthum nach Ritterrechte hingegen, dergleichen
nicht befindet. Denn das Heergewedde der letztern ſteckt in
dem Harniſche, wodurch zwoͤlf Manſi diſpenſiret waren, ein
eigenes Heergewedde zu haben. Unfehlbar liegt auch hierinn
der Grund, warum die Leibeignen nach Ritterrecht kein Hof-
gewehr, und alle unſre alten Landesordnungen niemals eines
Hofgewehrs bey Leibeignen gedacht haben; da es doch hin-
gegen im Hausgenoſſenrechte und in allen Laͤndern bekannt
iſt, wo die Ackerhoͤfe nicht mit Leibeignen beſetzt ſind. Denn
das Hofgewehr iſt diejenige geheiligte Ruͤſtung, womit jeder
Unterthan zum gemeinen Dienſt allezeit in dienſt- und marſch-
fertigen Stande ſeyn muß, und wovon kein Stuͤck fehlen
darf. Wo der Pflug fehlt, da kan der Acker nicht gebauet
werden; wo der Acker nicht gebauet werden kan, da fehlen
die Pferde; und wo dieſe fehlen, da muß, wenn es zum
Dienſte koͤmmt, ein Nachbar des andern Laſt tragen. Es
fordert alſo die Wohlfart aller Mitpflichtigen, oder der Staat,
ein vollkommenes und wider alle Angriffe, ſelbſt gegen die
Beerbtheilung, geſichertes Hofgewehr. Dies konnte er aber
da nicht fordern, wo mit dem Harniſch der ganze gemeine
Dienſt erfuͤllet wurde. Es hindert dagegen nicht, daß wie
in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/127>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.