Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.
als die überh. Aush. der Bauerhöfe. fremd die Sache aber allezeit vorhanden gewesen. Er stecktwürklich in dem Erbrechte, was der Leibeigne oder Hofhörige an dem Hofe hat. Hausheuren in den Städten sind gar nicht erblich geworden; Heuren von Ländereyen ohne Ge- bäude selten; und vielleicht nur bey solchen, die der Aus- bauer zuerst roden oder urbar machen müssen. Aber so bald Gebäude auf oder neben den Ländereyen errichtet worden, und der Bauer diese gebauet und erhalten hat, ist sogleich Erb- recht entstanden. Und woher dieses? Blos aus der Ursache, weil man den Sohn des Vaters mit Billigkeit nicht vertrei- ben konnte, welcher die Gebäude auf seine Kosten errichtet hatte. Wer hätte Ländereyen annehmen, Häuser darauf bauen und wenn ihn am Rande seines Lebens ein unglück- licher Brand heimsuchte, sein ganzes Vermögen an neue Ge- bäude verwenden wollen, wenn man ihm gesagt hätte; nach vier, acht oder zwölf Jahren oder mit deinem Tode must du dieses alles einbüßen? Zwar finden sich auch dergleichen Contrakte auf der Heyde an der Emse und in einigen Gegen- den im Bremischen, wo der Bauer nach vollendeten Heuer- jahren die Pfähle seiner Hütte aufziehet, und solche weiter setzt. Das giebt aber armselige Leute für den Staat, und geht nur in Gegenden an, wo ein leichter Boden, ohne Hol- zungen dem Heuerling untergeben wird. Hier im Stifte sind die Häuser dauerhafter gegründet, und so lange in der Winnnottel oder dem Heuercontrakt nicht steht oder bey der Auflassung nicht bedungen wird, wie man es am Ende der Heuerjahre mit Bau- und Besserung halten wolle, ist die Heuer, Pacht oder das Colonat, in so fern der Heuermann oder Pächter die Häuser ohne Berechnung bauet und unter- hält, erblich. Hat das Erbrecht des Leibeignen also den väterlichen Bau würk- J 3
als die uͤberh. Aush. der Bauerhoͤfe. fremd die Sache aber allezeit vorhanden geweſen. Er ſtecktwuͤrklich in dem Erbrechte, was der Leibeigne oder Hofhoͤrige an dem Hofe hat. Hausheuren in den Staͤdten ſind gar nicht erblich geworden; Heuren von Laͤndereyen ohne Ge- baͤude ſelten; und vielleicht nur bey ſolchen, die der Aus- bauer zuerſt roden oder urbar machen muͤſſen. Aber ſo bald Gebaͤude auf oder neben den Laͤndereyen errichtet worden, und der Bauer dieſe gebauet und erhalten hat, iſt ſogleich Erb- recht entſtanden. Und woher dieſes? Blos aus der Urſache, weil man den Sohn des Vaters mit Billigkeit nicht vertrei- ben konnte, welcher die Gebaͤude auf ſeine Koſten errichtet hatte. Wer haͤtte Laͤndereyen annehmen, Haͤuſer darauf bauen und wenn ihn am Rande ſeines Lebens ein ungluͤck- licher Brand heimſuchte, ſein ganzes Vermoͤgen an neue Ge- baͤude verwenden wollen, wenn man ihm geſagt haͤtte; nach vier, acht oder zwoͤlf Jahren oder mit deinem Tode muſt du dieſes alles einbuͤßen? Zwar finden ſich auch dergleichen Contrakte auf der Heyde an der Emſe und in einigen Gegen- den im Bremiſchen, wo der Bauer nach vollendeten Heuer- jahren die Pfaͤhle ſeiner Huͤtte aufziehet, und ſolche weiter ſetzt. Das giebt aber armſelige Leute fuͤr den Staat, und geht nur in Gegenden an, wo ein leichter Boden, ohne Hol- zungen dem Heuerling untergeben wird. Hier im Stifte ſind die Haͤuſer dauerhafter gegruͤndet, und ſo lange in der Winnnottel oder dem Heuercontrakt nicht ſteht oder bey der Auflaſſung nicht bedungen wird, wie man es am Ende der Heuerjahre mit Bau- und Beſſerung halten wolle, iſt die Heuer, Pacht oder das Colonat, in ſo fern der Heuermann oder Paͤchter die Haͤuſer ohne Berechnung bauet und unter- haͤlt, erblich. Hat das Erbrecht des Leibeignen alſo den vaͤterlichen Bau wuͤrk- J 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0151" n="133"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">als die uͤberh. Aush. der Bauerhoͤfe.</hi></fw><lb/> fremd die Sache aber allezeit vorhanden geweſen. Er ſteckt<lb/> wuͤrklich in dem Erbrechte, was der Leibeigne oder Hofhoͤrige<lb/> an dem Hofe hat. Hausheuren in den Staͤdten ſind gar<lb/> nicht erblich geworden; Heuren von Laͤndereyen ohne Ge-<lb/> baͤude ſelten; und vielleicht nur bey ſolchen, die der Aus-<lb/> bauer zuerſt roden oder urbar machen muͤſſen. Aber ſo bald<lb/> Gebaͤude auf oder neben den Laͤndereyen errichtet worden, und<lb/> der Bauer dieſe gebauet und erhalten hat, iſt ſogleich Erb-<lb/> recht entſtanden. Und woher dieſes? Blos aus der Urſache,<lb/> weil man den Sohn des Vaters mit Billigkeit nicht vertrei-<lb/> ben konnte, welcher die Gebaͤude auf ſeine Koſten errichtet<lb/> hatte. Wer haͤtte Laͤndereyen annehmen, Haͤuſer darauf<lb/> bauen und wenn ihn am Rande ſeines Lebens ein ungluͤck-<lb/> licher Brand heimſuchte, ſein ganzes Vermoͤgen an neue Ge-<lb/> baͤude verwenden wollen, wenn man ihm geſagt haͤtte; nach<lb/> vier, acht oder zwoͤlf Jahren oder mit deinem Tode muſt du<lb/> dieſes alles einbuͤßen? Zwar finden ſich auch dergleichen<lb/> Contrakte auf der Heyde an der Emſe und in einigen Gegen-<lb/> den im Bremiſchen, wo der Bauer nach vollendeten Heuer-<lb/> jahren die Pfaͤhle ſeiner Huͤtte aufziehet, und ſolche weiter<lb/> ſetzt. Das giebt aber armſelige Leute fuͤr den Staat, und<lb/> geht nur in Gegenden an, wo ein leichter Boden, ohne Hol-<lb/> zungen dem Heuerling untergeben wird. Hier im Stifte<lb/> ſind die Haͤuſer dauerhafter gegruͤndet, und ſo lange in der<lb/> Winnnottel oder dem Heuercontrakt nicht ſteht oder bey der<lb/> Auflaſſung nicht bedungen wird, wie man es am Ende der<lb/> Heuerjahre mit Bau- und Beſſerung halten wolle, iſt die<lb/> Heuer, Pacht oder das Colonat, in ſo fern der Heuermann<lb/> oder Paͤchter die Haͤuſer ohne Berechnung bauet und unter-<lb/> haͤlt, erblich.</p><lb/> <p>Hat das Erbrecht des Leibeignen alſo den vaͤterlichen Bau<lb/> und deſſen Beſſerung zum Grunde: ſo iſt die letztere ein<lb/> <fw place="bottom" type="sig">J 3</fw><fw place="bottom" type="catch">wuͤrk-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [133/0151]
als die uͤberh. Aush. der Bauerhoͤfe.
fremd die Sache aber allezeit vorhanden geweſen. Er ſteckt
wuͤrklich in dem Erbrechte, was der Leibeigne oder Hofhoͤrige
an dem Hofe hat. Hausheuren in den Staͤdten ſind gar
nicht erblich geworden; Heuren von Laͤndereyen ohne Ge-
baͤude ſelten; und vielleicht nur bey ſolchen, die der Aus-
bauer zuerſt roden oder urbar machen muͤſſen. Aber ſo bald
Gebaͤude auf oder neben den Laͤndereyen errichtet worden, und
der Bauer dieſe gebauet und erhalten hat, iſt ſogleich Erb-
recht entſtanden. Und woher dieſes? Blos aus der Urſache,
weil man den Sohn des Vaters mit Billigkeit nicht vertrei-
ben konnte, welcher die Gebaͤude auf ſeine Koſten errichtet
hatte. Wer haͤtte Laͤndereyen annehmen, Haͤuſer darauf
bauen und wenn ihn am Rande ſeines Lebens ein ungluͤck-
licher Brand heimſuchte, ſein ganzes Vermoͤgen an neue Ge-
baͤude verwenden wollen, wenn man ihm geſagt haͤtte; nach
vier, acht oder zwoͤlf Jahren oder mit deinem Tode muſt du
dieſes alles einbuͤßen? Zwar finden ſich auch dergleichen
Contrakte auf der Heyde an der Emſe und in einigen Gegen-
den im Bremiſchen, wo der Bauer nach vollendeten Heuer-
jahren die Pfaͤhle ſeiner Huͤtte aufziehet, und ſolche weiter
ſetzt. Das giebt aber armſelige Leute fuͤr den Staat, und
geht nur in Gegenden an, wo ein leichter Boden, ohne Hol-
zungen dem Heuerling untergeben wird. Hier im Stifte
ſind die Haͤuſer dauerhafter gegruͤndet, und ſo lange in der
Winnnottel oder dem Heuercontrakt nicht ſteht oder bey der
Auflaſſung nicht bedungen wird, wie man es am Ende der
Heuerjahre mit Bau- und Beſſerung halten wolle, iſt die
Heuer, Pacht oder das Colonat, in ſo fern der Heuermann
oder Paͤchter die Haͤuſer ohne Berechnung bauet und unter-
haͤlt, erblich.
Hat das Erbrecht des Leibeignen alſo den vaͤterlichen Bau
und deſſen Beſſerung zum Grunde: ſo iſt die letztere ein
wuͤrk-
J 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/151 |
| Zitationshilfe: | Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/151>, abgerufen am 21.11.2024. |
