Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.
Der Bauerhof als eine Actie betrachtet. Stande seyn müsse, damit die gemeine Last der Compagniegetragen werden könne, und der gute Actionist zur Zeit der Noth nicht für den schlechten bezahlen oder dienen müsse; daß zu mehrerer Sicherheit der Director dahin sehen müsse, daß die Holzung der Actie nicht verhauen oder verwüstet, und der Landbau mit dem gehörigen Fleiße getrieben werde; daß wenn eine gemeine Noth oder ein besonders Unglück einen Actionisten nöthigt etwas zu verpfänden oder zu veräußern, dieses mit Einwilligung des Directors und mit Vorbewust der ganzen Compagnie, das ist vor gehegten Gerichte, ge- schehe; daß hierunter ein gewisses gemein bestimmtes Maaß beobachtet, und jeder Actionist auf sichere Weise angehalten werde seine Actie binnen einer gewissen Zeit von den gemach- ten Schulden und Lasten wiederum zu befreyen; dieses folgt aus dem Wesen der Landactie, und der Besitzer derselben mag frey oder eigen seyn: so bleiben demselben alle Contracte, wodurch dieses Wesen verändert werden will, durchaus ver- boten, und mag auch ein Leibeigner mit Einstimmung seines Gutsherrn dawieder nichts unternehmen. Zwar können Localumstände, und besonders wenn die zur Landactie ge- hörigen Gründe nicht in einem Bezirk, sondern im gemeinen Felde mit andern vermischt liegen, gar wohl einige Ausnah- men, wobey auf die Person mit gesehen werden muß, erfordern. So war es z. E. bey den Römern mit der Prä- scription und Usucapion. Die letztere Art der Verjährung galt lediglich unter Actionisten, so daß durch dieselbe der Theil einer Actie an einen andern Compagnon übergehen konnte, wohingegen durch die Präscription der Theil der Actie aus den Verbindungen der Compagnie an einen ganz Fremden übergieng; ein Unterschied den die allgemeine Ver- mischung der Menschen, da man nemlich den Bürger mit dem Einwohner vermengt, und alles was auf dem Boden des Mösers patr. Phantas. II. Th. K
Der Bauerhof als eine Actie betrachtet. Stande ſeyn muͤſſe, damit die gemeine Laſt der Compagniegetragen werden koͤnne, und der gute Actioniſt zur Zeit der Noth nicht fuͤr den ſchlechten bezahlen oder dienen muͤſſe; daß zu mehrerer Sicherheit der Director dahin ſehen muͤſſe, daß die Holzung der Actie nicht verhauen oder verwuͤſtet, und der Landbau mit dem gehoͤrigen Fleiße getrieben werde; daß wenn eine gemeine Noth oder ein beſonders Ungluͤck einen Actioniſten noͤthigt etwas zu verpfaͤnden oder zu veraͤußern, dieſes mit Einwilligung des Directors und mit Vorbewuſt der ganzen Compagnie, das iſt vor gehegten Gerichte, ge- ſchehe; daß hierunter ein gewiſſes gemein beſtimmtes Maaß beobachtet, und jeder Actioniſt auf ſichere Weiſe angehalten werde ſeine Actie binnen einer gewiſſen Zeit von den gemach- ten Schulden und Laſten wiederum zu befreyen; dieſes folgt aus dem Weſen der Landactie, und der Beſitzer derſelben mag frey oder eigen ſeyn: ſo bleiben demſelben alle Contracte, wodurch dieſes Weſen veraͤndert werden will, durchaus ver- boten, und mag auch ein Leibeigner mit Einſtimmung ſeines Gutsherrn dawieder nichts unternehmen. Zwar koͤnnen Localumſtaͤnde, und beſonders wenn die zur Landactie ge- hoͤrigen Gruͤnde nicht in einem Bezirk, ſondern im gemeinen Felde mit andern vermiſcht liegen, gar wohl einige Ausnah- men, wobey auf die Perſon mit geſehen werden muß, erfordern. So war es z. E. bey den Roͤmern mit der Praͤ- ſcription und Uſucapion. Die letztere Art der Verjaͤhrung galt lediglich unter Actioniſten, ſo daß durch dieſelbe der Theil einer Actie an einen andern Compagnon uͤbergehen konnte, wohingegen durch die Praͤſcription der Theil der Actie aus den Verbindungen der Compagnie an einen ganz Fremden uͤbergieng; ein Unterſchied den die allgemeine Ver- miſchung der Menſchen, da man nemlich den Bürger mit dem Einwohner vermengt, und alles was auf dem Boden des Möſers patr. Phantaſ. II. Th. K
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0163" n="145"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Bauerhof als eine Actie betrachtet.</hi></fw><lb/> Stande ſeyn muͤſſe, damit die gemeine Laſt der Compagnie<lb/> getragen werden koͤnne, und der gute Actioniſt zur Zeit der<lb/> Noth nicht fuͤr den ſchlechten bezahlen oder dienen muͤſſe;<lb/> daß zu mehrerer Sicherheit der Director dahin ſehen muͤſſe,<lb/> daß die Holzung der Actie nicht verhauen oder verwuͤſtet,<lb/> und der Landbau mit dem gehoͤrigen Fleiße getrieben werde;<lb/> daß wenn eine gemeine Noth oder ein beſonders Ungluͤck einen<lb/> Actioniſten noͤthigt etwas zu verpfaͤnden oder zu veraͤußern,<lb/> dieſes mit Einwilligung des Directors und mit Vorbewuſt<lb/> der ganzen Compagnie, das iſt vor gehegten Gerichte, ge-<lb/> ſchehe; daß hierunter ein gewiſſes gemein beſtimmtes Maaß<lb/> beobachtet, und jeder Actioniſt auf ſichere Weiſe angehalten<lb/> werde ſeine Actie binnen einer gewiſſen Zeit von den gemach-<lb/> ten Schulden und Laſten wiederum zu befreyen; dieſes folgt<lb/> aus dem Weſen der Landactie, und der Beſitzer derſelben<lb/> mag frey oder eigen ſeyn: ſo bleiben demſelben alle Contracte,<lb/> wodurch dieſes Weſen veraͤndert werden will, durchaus ver-<lb/> boten, und mag auch ein Leibeigner mit Einſtimmung ſeines<lb/> Gutsherrn dawieder nichts unternehmen. Zwar koͤnnen<lb/> Localumſtaͤnde, und beſonders wenn die zur Landactie ge-<lb/> hoͤrigen Gruͤnde nicht in einem Bezirk, ſondern im gemeinen<lb/> Felde mit andern vermiſcht liegen, gar wohl einige Ausnah-<lb/> men, wobey auf die Perſon mit geſehen werden muß,<lb/> erfordern. So war es z. E. bey den Roͤmern mit der Praͤ-<lb/> ſcription und Uſucapion. Die letztere Art der Verjaͤhrung<lb/> galt lediglich unter Actioniſten, ſo daß durch dieſelbe der<lb/> Theil einer Actie an einen andern Compagnon uͤbergehen<lb/> konnte, wohingegen durch die Praͤſcription der Theil der<lb/> Actie aus den Verbindungen der Compagnie an einen ganz<lb/> Fremden uͤbergieng; ein Unterſchied den die allgemeine Ver-<lb/> miſchung der Menſchen, da man nemlich den <hi rendition="#fr">Bürger</hi> mit<lb/> dem <hi rendition="#fr">Einwohner</hi> vermengt, und alles was auf dem Boden<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Möſers patr. Phantaſ.</hi><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#fr">Th.</hi> K</fw><fw place="bottom" type="catch">des</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [145/0163]
Der Bauerhof als eine Actie betrachtet.
Stande ſeyn muͤſſe, damit die gemeine Laſt der Compagnie
getragen werden koͤnne, und der gute Actioniſt zur Zeit der
Noth nicht fuͤr den ſchlechten bezahlen oder dienen muͤſſe;
daß zu mehrerer Sicherheit der Director dahin ſehen muͤſſe,
daß die Holzung der Actie nicht verhauen oder verwuͤſtet,
und der Landbau mit dem gehoͤrigen Fleiße getrieben werde;
daß wenn eine gemeine Noth oder ein beſonders Ungluͤck einen
Actioniſten noͤthigt etwas zu verpfaͤnden oder zu veraͤußern,
dieſes mit Einwilligung des Directors und mit Vorbewuſt
der ganzen Compagnie, das iſt vor gehegten Gerichte, ge-
ſchehe; daß hierunter ein gewiſſes gemein beſtimmtes Maaß
beobachtet, und jeder Actioniſt auf ſichere Weiſe angehalten
werde ſeine Actie binnen einer gewiſſen Zeit von den gemach-
ten Schulden und Laſten wiederum zu befreyen; dieſes folgt
aus dem Weſen der Landactie, und der Beſitzer derſelben
mag frey oder eigen ſeyn: ſo bleiben demſelben alle Contracte,
wodurch dieſes Weſen veraͤndert werden will, durchaus ver-
boten, und mag auch ein Leibeigner mit Einſtimmung ſeines
Gutsherrn dawieder nichts unternehmen. Zwar koͤnnen
Localumſtaͤnde, und beſonders wenn die zur Landactie ge-
hoͤrigen Gruͤnde nicht in einem Bezirk, ſondern im gemeinen
Felde mit andern vermiſcht liegen, gar wohl einige Ausnah-
men, wobey auf die Perſon mit geſehen werden muß,
erfordern. So war es z. E. bey den Roͤmern mit der Praͤ-
ſcription und Uſucapion. Die letztere Art der Verjaͤhrung
galt lediglich unter Actioniſten, ſo daß durch dieſelbe der
Theil einer Actie an einen andern Compagnon uͤbergehen
konnte, wohingegen durch die Praͤſcription der Theil der
Actie aus den Verbindungen der Compagnie an einen ganz
Fremden uͤbergieng; ein Unterſchied den die allgemeine Ver-
miſchung der Menſchen, da man nemlich den Bürger mit
dem Einwohner vermengt, und alles was auf dem Boden
des
Möſers patr. Phantaſ. II. Th. K
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/163 |
| Zitationshilfe: | Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/163>, abgerufen am 21.11.2024. |
