Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.Betrachtungen les portions de liberte que chaque particulier a sacrifiepour le bonheur public, forme les forces et le tresor de chaque nation. Le Souverain en est depositaire et l'ad- ministrateur de droit. daß heißt ungefehr so viel: Wenn Landbesitzer eine Gesellschaft zur gemeinsamen Vertheidigung errichten: so schießen sie so viel von ihrer Freyheit und von ihrem Vermögen zusammen, als zur Erhaltung des Endzwecks nöthig ist; und vertrauen die Aufsicht über dieses Zusammen- geschossene einem Oberhaupte an. Auf diese Weise haben alle Freyen sich der natürlichen Freyheit ihr Holz zu verwüsten, ihre Höfe zu versplittern, ihre Spannungen abzuschaffen und sich in Schulden zu vertiefen, weil solches der gemein- schaftlichen Reihe nachtheilig ist, ursprünglich begeben; und der Beamte, der an die Stelle des Oberhaupts steht, fordert im Namen der ganzen Gesellschaft mit Recht, daß sie in vor- kommenden Nothfällen ohne sein Vorwissen, Ermessen und Bewilligen, nichts zum Nachtheil des Erbes unternehmen sollen. Ja man kan sagen, es giebt gar kein Eigenthum unterm Amte, weil der natürliche Eigenthümer solches beym Anfang der Gesellschaft nothwendig aufgeben müssen. Mo- ses in der Theocratie sagte: Die Erde ist des Herrn; und in unsern Verfassungen heißt es: Die Erde ist des Staats. Eigenthum findet sich blos im Stande der Natur und der Exemtion. Die Sprache hat hier einen zu starken Einfluß auf unsre Begriffe gehabt; und sie würde schon manches Land um seine ganze Verfassung gebracht haben, wenn nicht eine Menge von Leuten die Wahrheit im Gefühl gehabt hätten, und mit den undeutlichsten Begriffen auf richtige Folgen ge- kommen wären. Schade nur, daß man diese Begriffe überhaupt nicht eher hat,
Betrachtungen les portions de liberté que chaque particulier a ſacrifiépour le bonheur public, forme les forces et le treſor de chaque nation. Le Souverain en eſt depoſitaire et l’ad- miniſtrateur de droit. daß heißt ungefehr ſo viel: Wenn Landbeſitzer eine Geſellſchaft zur gemeinſamen Vertheidigung errichten: ſo ſchießen ſie ſo viel von ihrer Freyheit und von ihrem Vermoͤgen zuſammen, als zur Erhaltung des Endzwecks noͤthig iſt; und vertrauen die Aufſicht uͤber dieſes Zuſammen- geſchoſſene einem Oberhaupte an. Auf dieſe Weiſe haben alle Freyen ſich der natuͤrlichen Freyheit ihr Holz zu verwuͤſten, ihre Hoͤfe zu verſplittern, ihre Spannungen abzuſchaffen und ſich in Schulden zu vertiefen, weil ſolches der gemein- ſchaftlichen Reihe nachtheilig iſt, urſpruͤnglich begeben; und der Beamte, der an die Stelle des Oberhaupts ſteht, fordert im Namen der ganzen Geſellſchaft mit Recht, daß ſie in vor- kommenden Nothfaͤllen ohne ſein Vorwiſſen, Ermeſſen und Bewilligen, nichts zum Nachtheil des Erbes unternehmen ſollen. Ja man kan ſagen, es giebt gar kein Eigenthum unterm Amte, weil der natuͤrliche Eigenthuͤmer ſolches beym Anfang der Geſellſchaft nothwendig aufgeben muͤſſen. Mo- ſes in der Theocratie ſagte: Die Erde iſt des Herrn; und in unſern Verfaſſungen heißt es: Die Erde iſt des Staats. Eigenthum findet ſich blos im Stande der Natur und der Exemtion. Die Sprache hat hier einen zu ſtarken Einfluß auf unſre Begriffe gehabt; und ſie wuͤrde ſchon manches Land um ſeine ganze Verfaſſung gebracht haben, wenn nicht eine Menge von Leuten die Wahrheit im Gefuͤhl gehabt haͤtten, und mit den undeutlichſten Begriffen auf richtige Folgen ge- kommen waͤren. Schade nur, daß man dieſe Begriffe uͤberhaupt nicht eher hat,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0184" n="166"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Betrachtungen</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">les portions de liberté que chaque particulier a ſacrifié<lb/> pour le bonheur public, forme les forces et le treſor de<lb/> chaque nation. Le Souverain en eſt depoſitaire et l’ad-<lb/> miniſtrateur de droit.</hi> daß heißt ungefehr ſo viel: Wenn<lb/> Landbeſitzer eine Geſellſchaft zur gemeinſamen Vertheidigung<lb/> errichten: ſo ſchießen ſie ſo viel von ihrer Freyheit und von<lb/> ihrem Vermoͤgen zuſammen, als zur Erhaltung des Endzwecks<lb/> noͤthig iſt; und vertrauen die Aufſicht uͤber dieſes Zuſammen-<lb/> geſchoſſene einem Oberhaupte an. Auf dieſe Weiſe haben alle<lb/> Freyen ſich der natuͤrlichen Freyheit ihr Holz zu verwuͤſten,<lb/> ihre Hoͤfe zu verſplittern, ihre Spannungen abzuſchaffen<lb/> und ſich in Schulden zu vertiefen, weil ſolches der gemein-<lb/> ſchaftlichen Reihe nachtheilig iſt, urſpruͤnglich begeben; und<lb/> der Beamte, der an die Stelle des Oberhaupts ſteht, fordert<lb/> im Namen der ganzen Geſellſchaft mit Recht, daß ſie in vor-<lb/> kommenden Nothfaͤllen ohne ſein Vorwiſſen, Ermeſſen und<lb/> Bewilligen, nichts zum Nachtheil des Erbes unternehmen<lb/> ſollen. Ja man kan ſagen, <hi rendition="#fr">es giebt gar kein Eigenthum<lb/> unterm Amte,</hi> weil der natuͤrliche Eigenthuͤmer ſolches beym<lb/> Anfang der Geſellſchaft nothwendig aufgeben muͤſſen. Mo-<lb/> ſes in der Theocratie ſagte: <hi rendition="#fr">Die Erde iſt des Herrn;</hi> und<lb/> in unſern Verfaſſungen heißt es: <hi rendition="#fr">Die Erde iſt des Staats.</hi><lb/> Eigenthum findet ſich blos im Stande der Natur und der<lb/> Exemtion. Die Sprache hat hier einen zu ſtarken Einfluß<lb/> auf unſre Begriffe gehabt; und ſie wuͤrde ſchon manches Land<lb/> um ſeine ganze Verfaſſung gebracht haben, wenn nicht eine<lb/> Menge von Leuten die Wahrheit im Gefuͤhl gehabt haͤtten,<lb/> und mit den undeutlichſten Begriffen auf richtige Folgen ge-<lb/> kommen waͤren.</p><lb/> <p>Schade nur, daß man dieſe Begriffe uͤberhaupt nicht eher<lb/> philoſophiſch behandelt, und vielmehr die Schluͤſſe beguͤnſtiget<lb/> <fw place="bottom" type="catch">hat,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [166/0184]
Betrachtungen
les portions de liberté que chaque particulier a ſacrifié
pour le bonheur public, forme les forces et le treſor de
chaque nation. Le Souverain en eſt depoſitaire et l’ad-
miniſtrateur de droit. daß heißt ungefehr ſo viel: Wenn
Landbeſitzer eine Geſellſchaft zur gemeinſamen Vertheidigung
errichten: ſo ſchießen ſie ſo viel von ihrer Freyheit und von
ihrem Vermoͤgen zuſammen, als zur Erhaltung des Endzwecks
noͤthig iſt; und vertrauen die Aufſicht uͤber dieſes Zuſammen-
geſchoſſene einem Oberhaupte an. Auf dieſe Weiſe haben alle
Freyen ſich der natuͤrlichen Freyheit ihr Holz zu verwuͤſten,
ihre Hoͤfe zu verſplittern, ihre Spannungen abzuſchaffen
und ſich in Schulden zu vertiefen, weil ſolches der gemein-
ſchaftlichen Reihe nachtheilig iſt, urſpruͤnglich begeben; und
der Beamte, der an die Stelle des Oberhaupts ſteht, fordert
im Namen der ganzen Geſellſchaft mit Recht, daß ſie in vor-
kommenden Nothfaͤllen ohne ſein Vorwiſſen, Ermeſſen und
Bewilligen, nichts zum Nachtheil des Erbes unternehmen
ſollen. Ja man kan ſagen, es giebt gar kein Eigenthum
unterm Amte, weil der natuͤrliche Eigenthuͤmer ſolches beym
Anfang der Geſellſchaft nothwendig aufgeben muͤſſen. Mo-
ſes in der Theocratie ſagte: Die Erde iſt des Herrn; und
in unſern Verfaſſungen heißt es: Die Erde iſt des Staats.
Eigenthum findet ſich blos im Stande der Natur und der
Exemtion. Die Sprache hat hier einen zu ſtarken Einfluß
auf unſre Begriffe gehabt; und ſie wuͤrde ſchon manches Land
um ſeine ganze Verfaſſung gebracht haben, wenn nicht eine
Menge von Leuten die Wahrheit im Gefuͤhl gehabt haͤtten,
und mit den undeutlichſten Begriffen auf richtige Folgen ge-
kommen waͤren.
Schade nur, daß man dieſe Begriffe uͤberhaupt nicht eher
philoſophiſch behandelt, und vielmehr die Schluͤſſe beguͤnſtiget
hat,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |