Hier wird würklich guter Rath theuer, und ich möchte bey- nahe sagen, man müsse dem Leibeignen befehlen allezeit baar Geld in Vorrath zu haben, oder die Gläubiger zwingen, ihm so viel zu leihen, als er zur Anschaffung und Ergänzung seines Hofgewehrs nöthig hat. Sonst werde in Ewigkeit weder Hof- noch Landdienst vom Hofe erfolgen. Doch mir fällt noch ein Mittel bey. Man verwandle den westphälischen Ei- genthum in den Meckelnburgischen, wo der Gutsherr die Schatzungen bezahlt, die Kriegsfuhren verrichtet, und den Leibeignen auf den Fuß eines Taglöhners oder Heuerknechts hält; wo Pferde und Kühe, Mauren und Zäune, Häuser und Scheuren dem Gutsherrn stehen und fallen; und wo wenn der Leibeigne etwas verdirbt, versäumet oder zu Grunde ge- hen läßt, die allezeit fertige Bezahlung durch den geradesten Weg Rechtens -- aus seiner Haut erfolgt. Denn dies wird doch die nothwendige Folge seyn müssen, im Fall der Leibeigne, in Ermangelung alles Credits, das verunglückte Hofgewehr nicht wieder anschaffen kan, und der Gutsherr ihm seine eigne Pferde und Kühe zur Ackerbestellung geben muß.
Allein diese Glückseligkeit, wobey die adlichen Güter zu 5-6 p. C. verkauft werden, wünscht sich der westphälische Edel- mann nicht. Er verlangt seinem Leibeignen die Zäune nicht zu bessern, noch für ihn die Schatzungen zu entrichten; und die Pferde, die dem Bauren fallen, soll er selbst bezahlen. Folglich ist ihm mit dem Mecklenburgischen Eigenthum gar nicht gedient. Was ist denn nun übrig, um ein Spann auf den Hof zu bringen? Soll ichs sagen? Er muß seinem Leib- eignen Credit machen. Wieder Credit? Ja nun: so sind wir ja wieder an dem Fleck wovon wir abgereiset sind. Und wo- durch macht er dem Leibeignen Credit? Dadurch daß er und sein Hofgewehr eisern wird? Ich zweifle sehr. Durch Be- willigungen? Nun wenn diese so oft ertheilet werden müssen,
als
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und landſaͤßigen Schuldner.
Hier wird wuͤrklich guter Rath theuer, und ich moͤchte bey- nahe ſagen, man muͤſſe dem Leibeignen befehlen allezeit baar Geld in Vorrath zu haben, oder die Glaͤubiger zwingen, ihm ſo viel zu leihen, als er zur Anſchaffung und Ergaͤnzung ſeines Hofgewehrs noͤthig hat. Sonſt werde in Ewigkeit weder Hof- noch Landdienſt vom Hofe erfolgen. Doch mir faͤllt noch ein Mittel bey. Man verwandle den weſtphaͤliſchen Ei- genthum in den Meckelnburgiſchen, wo der Gutsherr die Schatzungen bezahlt, die Kriegsfuhren verrichtet, und den Leibeignen auf den Fuß eines Tagloͤhners oder Heuerknechts haͤlt; wo Pferde und Kuͤhe, Mauren und Zaͤune, Haͤuſer und Scheuren dem Gutsherrn ſtehen und fallen; und wo wenn der Leibeigne etwas verdirbt, verſaͤumet oder zu Grunde ge- hen laͤßt, die allezeit fertige Bezahlung durch den geradeſten Weg Rechtens — aus ſeiner Haut erfolgt. Denn dies wird doch die nothwendige Folge ſeyn muͤſſen, im Fall der Leibeigne, in Ermangelung alles Credits, das verungluͤckte Hofgewehr nicht wieder anſchaffen kan, und der Gutsherr ihm ſeine eigne Pferde und Kuͤhe zur Ackerbeſtellung geben muß.
Allein dieſe Gluͤckſeligkeit, wobey die adlichen Guͤter zu 5-6 p. C. verkauft werden, wuͤnſcht ſich der weſtphaͤliſche Edel- mann nicht. Er verlangt ſeinem Leibeignen die Zaͤune nicht zu beſſern, noch fuͤr ihn die Schatzungen zu entrichten; und die Pferde, die dem Bauren fallen, ſoll er ſelbſt bezahlen. Folglich iſt ihm mit dem Mecklenburgiſchen Eigenthum gar nicht gedient. Was iſt denn nun uͤbrig, um ein Spann auf den Hof zu bringen? Soll ichs ſagen? Er muß ſeinem Leib- eignen Credit machen. Wieder Credit? Ja nun: ſo ſind wir ja wieder an dem Fleck wovon wir abgereiſet ſind. Und wo- durch macht er dem Leibeignen Credit? Dadurch daß er und ſein Hofgewehr eiſern wird? Ich zweifle ſehr. Durch Be- willigungen? Nun wenn dieſe ſo oft ertheilet werden muͤſſen,
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und landſaͤßigen Schuldner.
Hier wird wuͤrklich guter Rath theuer, und ich moͤchte bey-
nahe ſagen, man muͤſſe dem Leibeignen befehlen allezeit baar
Geld in Vorrath zu haben, oder die Glaͤubiger zwingen, ihm
ſo viel zu leihen, als er zur Anſchaffung und Ergaͤnzung ſeines
Hofgewehrs noͤthig hat. Sonſt werde in Ewigkeit weder
Hof- noch Landdienſt vom Hofe erfolgen. Doch mir faͤllt
noch ein Mittel bey. Man verwandle den weſtphaͤliſchen Ei-
genthum in den Meckelnburgiſchen, wo der Gutsherr die
Schatzungen bezahlt, die Kriegsfuhren verrichtet, und den
Leibeignen auf den Fuß eines Tagloͤhners oder Heuerknechts
haͤlt; wo Pferde und Kuͤhe, Mauren und Zaͤune, Haͤuſer
und Scheuren dem Gutsherrn ſtehen und fallen; und wo wenn
der Leibeigne etwas verdirbt, verſaͤumet oder zu Grunde ge-
hen laͤßt, die allezeit fertige Bezahlung durch den geradeſten
Weg Rechtens — aus ſeiner Haut erfolgt. Denn dies wird
doch die nothwendige Folge ſeyn muͤſſen, im Fall der Leibeigne,
in Ermangelung alles Credits, das verungluͤckte Hofgewehr
nicht wieder anſchaffen kan, und der Gutsherr ihm ſeine eigne
Pferde und Kuͤhe zur Ackerbeſtellung geben muß.
Allein dieſe Gluͤckſeligkeit, wobey die adlichen Guͤter zu
5-6 p. C. verkauft werden, wuͤnſcht ſich der weſtphaͤliſche Edel-
mann nicht. Er verlangt ſeinem Leibeignen die Zaͤune nicht
zu beſſern, noch fuͤr ihn die Schatzungen zu entrichten; und
die Pferde, die dem Bauren fallen, ſoll er ſelbſt bezahlen.
Folglich iſt ihm mit dem Mecklenburgiſchen Eigenthum gar
nicht gedient. Was iſt denn nun uͤbrig, um ein Spann auf
den Hof zu bringen? Soll ichs ſagen? Er muß ſeinem Leib-
eignen Credit machen. Wieder Credit? Ja nun: ſo ſind wir
ja wieder an dem Fleck wovon wir abgereiſet ſind. Und wo-
durch macht er dem Leibeignen Credit? Dadurch daß er und
ſein Hofgewehr eiſern wird? Ich zweifle ſehr. Durch Be-
willigungen? Nun wenn dieſe ſo oft ertheilet werden muͤſſen,
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/231>, abgerufen am 21.11.2024.
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