natürlicher Weise auf Steuren und Gutsherrl. Gefälle erfol- gende Execution außer Stand gesetzt wird, das versprochene aufzubringen.
Eine gleiche Bewandniß hat es damit, wenn er während dem Stillestande die Zinsen zu berichtigen übernimmt, und weil er solches nicht erfüllet, auf Anrufen eines einzigen Gläubigers gepfändet und außer Stand gesetzet wird, die übrigen Bedingungen des Stillestandes zu erfüllen. Hier müssen oft zehn Gläubiger zusehen und erleiden, daß ihr gemeinschaftlicher Schuldner einem einzigen zum Vortheil heruntergebracht, und dessen fahrendes Vermögen, welches sie ihm aus Gutheit gelassen und während dem Stillestande gleichsam nur anvertrauet haben, einem einigen Gläubiger zuerkannt wird, ohne daß sie dagegen sprechen können.
In beyden Fällen ist keine rechtliche Hülfe vorhanden, und man mag daraus dreist schließen, daß das ganze Stillestan- deswesen eine widersinniges Gemische sey, woran die Gesetze nun und zu ewigen Tagen-umsonst flicken werden.
Aber nun was bessers! wird man mir zurufen; was hilft es die Fehler anzuzeigen, wenn keine Mittel dagegen vorhanden sind? Ihr erster Vorschlag, den sie einmal gethan haben, alle Bauerhöfe wie weltliche Erbpfründen anzusehen, und dem zeiti- gen Besitzer derselben nicht mehr als einem andern Pfründner zu gestatten, mithin dessen Gläubigern höchstens zwey Nach- und zwey Gnadenjahre zu gute kommen zu lassen, ist zu heroisch; und seitdem der Pfründner durch Gesetze gezwungen ist, seinen Brüdern von der Pfründe ordentliche Kindestheile herauszugeben, widersinnig; man kan einem nicht Hände und Füße binden, und zugleich von ihm fordern daß er laufen soll. Vielleicht hat der weltliche Pfründner auch oft des
all-
der Leibeignen.
natuͤrlicher Weiſe auf Steuren und Gutsherrl. Gefaͤlle erfol- gende Execution außer Stand geſetzt wird, das verſprochene aufzubringen.
Eine gleiche Bewandniß hat es damit, wenn er waͤhrend dem Stilleſtande die Zinſen zu berichtigen uͤbernimmt, und weil er ſolches nicht erfuͤllet, auf Anrufen eines einzigen Glaͤubigers gepfaͤndet und außer Stand geſetzet wird, die uͤbrigen Bedingungen des Stilleſtandes zu erfuͤllen. Hier muͤſſen oft zehn Glaͤubiger zuſehen und erleiden, daß ihr gemeinſchaftlicher Schuldner einem einzigen zum Vortheil heruntergebracht, und deſſen fahrendes Vermoͤgen, welches ſie ihm aus Gutheit gelaſſen und waͤhrend dem Stilleſtande gleichſam nur anvertrauet haben, einem einigen Glaͤubiger zuerkannt wird, ohne daß ſie dagegen ſprechen koͤnnen.
In beyden Faͤllen iſt keine rechtliche Huͤlfe vorhanden, und man mag daraus dreiſt ſchließen, daß das ganze Stilleſtan- desweſen eine widerſinniges Gemiſche ſey, woran die Geſetze nun und zu ewigen Tagen-umſonſt flicken werden.
Aber nun was beſſers! wird man mir zurufen; was hilft es die Fehler anzuzeigen, wenn keine Mittel dagegen vorhanden ſind? Ihr erſter Vorſchlag, den ſie einmal gethan haben, alle Bauerhoͤfe wie weltliche Erbpfruͤnden anzuſehen, und dem zeiti- gen Beſitzer derſelben nicht mehr als einem andern Pfruͤndner zu geſtatten, mithin deſſen Glaͤubigern hoͤchſtens zwey Nach- und zwey Gnadenjahre zu gute kommen zu laſſen, iſt zu heroiſch; und ſeitdem der Pfruͤndner durch Geſetze gezwungen iſt, ſeinen Bruͤdern von der Pfruͤnde ordentliche Kindestheile herauszugeben, widerſinnig; man kan einem nicht Haͤnde und Fuͤße binden, und zugleich von ihm fordern daß er laufen ſoll. Vielleicht hat der weltliche Pfruͤndner auch oft des
all-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0237"n="219"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">der Leibeignen.</hi></fw><lb/>
natuͤrlicher Weiſe auf Steuren und Gutsherrl. Gefaͤlle erfol-<lb/>
gende Execution außer Stand geſetzt wird, das verſprochene<lb/>
aufzubringen.</p><lb/><p>Eine gleiche Bewandniß hat es damit, wenn er waͤhrend<lb/>
dem Stilleſtande die Zinſen zu berichtigen uͤbernimmt, und<lb/>
weil er ſolches nicht erfuͤllet, auf Anrufen eines einzigen<lb/>
Glaͤubigers gepfaͤndet und außer Stand geſetzet wird, die<lb/>
uͤbrigen Bedingungen des Stilleſtandes zu erfuͤllen. Hier<lb/>
muͤſſen oft zehn Glaͤubiger zuſehen und erleiden, daß ihr<lb/>
gemeinſchaftlicher Schuldner einem einzigen zum Vortheil<lb/>
heruntergebracht, und deſſen fahrendes Vermoͤgen, welches<lb/>ſie ihm aus Gutheit gelaſſen und waͤhrend dem Stilleſtande<lb/>
gleichſam nur anvertrauet haben, einem einigen Glaͤubiger<lb/>
zuerkannt wird, ohne daß ſie dagegen ſprechen koͤnnen.</p><lb/><p>In beyden Faͤllen iſt keine rechtliche Huͤlfe vorhanden, und<lb/>
man mag daraus dreiſt ſchließen, daß das ganze Stilleſtan-<lb/>
desweſen eine widerſinniges Gemiſche ſey, woran die Geſetze<lb/>
nun und zu ewigen Tagen-umſonſt flicken werden.</p><lb/><p>Aber nun was beſſers! wird man mir zurufen; was hilft es<lb/>
die Fehler anzuzeigen, wenn keine Mittel dagegen vorhanden<lb/>ſind? Ihr erſter Vorſchlag, den ſie einmal gethan haben, alle<lb/>
Bauerhoͤfe wie weltliche Erbpfruͤnden anzuſehen, und dem zeiti-<lb/>
gen Beſitzer derſelben nicht mehr als einem andern Pfruͤndner<lb/>
zu geſtatten, mithin deſſen Glaͤubigern hoͤchſtens zwey Nach- und<lb/>
zwey Gnadenjahre zu gute kommen zu laſſen, iſt zu heroiſch;<lb/>
und ſeitdem der Pfruͤndner durch Geſetze gezwungen iſt,<lb/>ſeinen Bruͤdern von der Pfruͤnde ordentliche Kindestheile<lb/>
herauszugeben, widerſinnig; man kan einem nicht Haͤnde<lb/>
und Fuͤße binden, und zugleich von ihm fordern daß er laufen<lb/>ſoll. Vielleicht hat der weltliche Pfruͤndner auch oft des<lb/><fwplace="bottom"type="catch">all-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[219/0237]
der Leibeignen.
natuͤrlicher Weiſe auf Steuren und Gutsherrl. Gefaͤlle erfol-
gende Execution außer Stand geſetzt wird, das verſprochene
aufzubringen.
Eine gleiche Bewandniß hat es damit, wenn er waͤhrend
dem Stilleſtande die Zinſen zu berichtigen uͤbernimmt, und
weil er ſolches nicht erfuͤllet, auf Anrufen eines einzigen
Glaͤubigers gepfaͤndet und außer Stand geſetzet wird, die
uͤbrigen Bedingungen des Stilleſtandes zu erfuͤllen. Hier
muͤſſen oft zehn Glaͤubiger zuſehen und erleiden, daß ihr
gemeinſchaftlicher Schuldner einem einzigen zum Vortheil
heruntergebracht, und deſſen fahrendes Vermoͤgen, welches
ſie ihm aus Gutheit gelaſſen und waͤhrend dem Stilleſtande
gleichſam nur anvertrauet haben, einem einigen Glaͤubiger
zuerkannt wird, ohne daß ſie dagegen ſprechen koͤnnen.
In beyden Faͤllen iſt keine rechtliche Huͤlfe vorhanden, und
man mag daraus dreiſt ſchließen, daß das ganze Stilleſtan-
desweſen eine widerſinniges Gemiſche ſey, woran die Geſetze
nun und zu ewigen Tagen-umſonſt flicken werden.
Aber nun was beſſers! wird man mir zurufen; was hilft es
die Fehler anzuzeigen, wenn keine Mittel dagegen vorhanden
ſind? Ihr erſter Vorſchlag, den ſie einmal gethan haben, alle
Bauerhoͤfe wie weltliche Erbpfruͤnden anzuſehen, und dem zeiti-
gen Beſitzer derſelben nicht mehr als einem andern Pfruͤndner
zu geſtatten, mithin deſſen Glaͤubigern hoͤchſtens zwey Nach- und
zwey Gnadenjahre zu gute kommen zu laſſen, iſt zu heroiſch;
und ſeitdem der Pfruͤndner durch Geſetze gezwungen iſt,
ſeinen Bruͤdern von der Pfruͤnde ordentliche Kindestheile
herauszugeben, widerſinnig; man kan einem nicht Haͤnde
und Fuͤße binden, und zugleich von ihm fordern daß er laufen
ſoll. Vielleicht hat der weltliche Pfruͤndner auch oft des
all-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/237>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.