Hat ein Gläubiger ferner allein ein Recht dem Stillestande sich zu widersetzen: so muß dieser gar nicht erkannt, sondern entweder der Abäusserung, oder dem Verkauf aller auf dem Hofe vorhandenen Früchten und Mobilien, so lange solcher nicht durch Gesetze eingeschränkt wird, der Lauf gelassen, mithin allen Gläubigern die Concurrenz zugestanden, nicht aber einem geholfen und den übrigen durch Bestätigung des Stillestandes ihre Concurrenz abgeschnitten werden. Ueberdem ist es seltsam, daß der Richter den letztern die gerichtliche Versicherung ertheilet, wie der Schuldner zu ihrem Behuf jährlich ein gewisses aufbringen soll, und diesen gleichwohl durch die Execution zur Gunst des einen privilegirten Gläu- bigers, außer allen Stand setzt, den Vergleich mit seinen übri- gen Gläubigern zu erfüllen.
Wie aber, wird man sagen, wenn ein bewilligter Gläu- biger vorhanden, und derselbe seine Befriedigung auf einmal verlangt? Hier muß entweder der Gutsherr, oder der Schuldner Rath schaffen, oder die unbewilligten Gläubiger, zu deren Besten der Stillestand bewilliget wird, müssen den bewilligten Gläubiger ablegen, und sich solchergestalt ihren Schuldner erhalten. Wenn zu einem von diesen dreyen Mitteln nicht zu rathen ist; und zum besten des bewilligten Gläubigers alles was auf dem Hose an Früchten und Vieh vorhanden, verkauft werden muß: so wird dem Schuldner, ohne daß die bisherigen Gesetze geändert werden, auch gar nicht zu helfen seyn.
Der vierte Fall zeigt sich, wenn der Schuldner selbst übernommen die Steuren und Gutsherrl. Gefälle richtig abzuführen, und daneben jährlich ein Gewisses für seine unbewilligte Gläubiger aufzubringen; die beyden erstern Bedingungen aber nicht erfüllet, und so dann durch die
na-
Gedanken uͤber den Stilleſtand
Hat ein Glaͤubiger ferner allein ein Recht dem Stilleſtande ſich zu widerſetzen: ſo muß dieſer gar nicht erkannt, ſondern entweder der Abaͤuſſerung, oder dem Verkauf aller auf dem Hofe vorhandenen Fruͤchten und Mobilien, ſo lange ſolcher nicht durch Geſetze eingeſchraͤnkt wird, der Lauf gelaſſen, mithin allen Glaͤubigern die Concurrenz zugeſtanden, nicht aber einem geholfen und den uͤbrigen durch Beſtaͤtigung des Stilleſtandes ihre Concurrenz abgeſchnitten werden. Ueberdem iſt es ſeltſam, daß der Richter den letztern die gerichtliche Verſicherung ertheilet, wie der Schuldner zu ihrem Behuf jaͤhrlich ein gewiſſes aufbringen ſoll, und dieſen gleichwohl durch die Execution zur Gunſt des einen privilegirten Glaͤu- bigers, außer allen Stand ſetzt, den Vergleich mit ſeinen uͤbri- gen Glaͤubigern zu erfuͤllen.
Wie aber, wird man ſagen, wenn ein bewilligter Glaͤu- biger vorhanden, und derſelbe ſeine Befriedigung auf einmal verlangt? Hier muß entweder der Gutsherr, oder der Schuldner Rath ſchaffen, oder die unbewilligten Glaͤubiger, zu deren Beſten der Stilleſtand bewilliget wird, muͤſſen den bewilligten Glaͤubiger ablegen, und ſich ſolchergeſtalt ihren Schuldner erhalten. Wenn zu einem von dieſen dreyen Mitteln nicht zu rathen iſt; und zum beſten des bewilligten Glaͤubigers alles was auf dem Hoſe an Fruͤchten und Vieh vorhanden, verkauft werden muß: ſo wird dem Schuldner, ohne daß die bisherigen Geſetze geaͤndert werden, auch gar nicht zu helfen ſeyn.
Der vierte Fall zeigt ſich, wenn der Schuldner ſelbſt uͤbernommen die Steuren und Gutsherrl. Gefaͤlle richtig abzufuͤhren, und daneben jaͤhrlich ein Gewiſſes fuͤr ſeine unbewilligte Glaͤubiger aufzubringen; die beyden erſtern Bedingungen aber nicht erfuͤllet, und ſo dann durch die
na-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0236"n="218"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Gedanken uͤber den Stilleſtand</hi></fw><lb/>
Hat ein Glaͤubiger ferner allein ein Recht dem Stilleſtande<lb/>ſich zu widerſetzen: ſo muß dieſer gar nicht erkannt, ſondern<lb/>
entweder der Abaͤuſſerung, oder dem Verkauf aller auf dem<lb/>
Hofe vorhandenen Fruͤchten und Mobilien, ſo lange ſolcher<lb/>
nicht durch Geſetze eingeſchraͤnkt wird, der Lauf gelaſſen,<lb/>
mithin allen Glaͤubigern die Concurrenz zugeſtanden, nicht<lb/>
aber einem geholfen und den uͤbrigen durch Beſtaͤtigung des<lb/>
Stilleſtandes ihre Concurrenz abgeſchnitten werden. Ueberdem<lb/>
iſt es ſeltſam, daß der Richter den letztern die gerichtliche<lb/>
Verſicherung ertheilet, wie der Schuldner zu ihrem Behuf<lb/>
jaͤhrlich ein gewiſſes aufbringen ſoll, und dieſen gleichwohl<lb/>
durch die Execution zur Gunſt des einen privilegirten Glaͤu-<lb/>
bigers, außer allen Stand ſetzt, den Vergleich mit ſeinen uͤbri-<lb/>
gen Glaͤubigern zu erfuͤllen.</p><lb/><p>Wie aber, wird man ſagen, wenn ein bewilligter Glaͤu-<lb/>
biger vorhanden, und derſelbe ſeine Befriedigung auf einmal<lb/>
verlangt? Hier muß entweder der Gutsherr, oder der<lb/>
Schuldner Rath ſchaffen, oder die unbewilligten Glaͤubiger,<lb/>
zu deren Beſten der Stilleſtand bewilliget wird, muͤſſen den<lb/>
bewilligten Glaͤubiger ablegen, und ſich ſolchergeſtalt ihren<lb/>
Schuldner erhalten. Wenn zu einem von dieſen dreyen<lb/>
Mitteln nicht zu rathen iſt; und zum beſten des bewilligten<lb/>
Glaͤubigers alles was auf dem Hoſe an Fruͤchten und Vieh<lb/>
vorhanden, verkauft werden muß: ſo wird dem Schuldner,<lb/>
ohne daß die bisherigen Geſetze geaͤndert werden, auch gar<lb/>
nicht zu helfen ſeyn.</p><lb/><p>Der <hirendition="#fr">vierte</hi> Fall zeigt ſich, wenn der Schuldner ſelbſt<lb/>
uͤbernommen die Steuren und Gutsherrl. Gefaͤlle richtig<lb/>
abzufuͤhren, und daneben jaͤhrlich ein Gewiſſes fuͤr ſeine<lb/>
unbewilligte Glaͤubiger aufzubringen; die beyden erſtern<lb/>
Bedingungen aber nicht erfuͤllet, und ſo dann durch die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">na-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[218/0236]
Gedanken uͤber den Stilleſtand
Hat ein Glaͤubiger ferner allein ein Recht dem Stilleſtande
ſich zu widerſetzen: ſo muß dieſer gar nicht erkannt, ſondern
entweder der Abaͤuſſerung, oder dem Verkauf aller auf dem
Hofe vorhandenen Fruͤchten und Mobilien, ſo lange ſolcher
nicht durch Geſetze eingeſchraͤnkt wird, der Lauf gelaſſen,
mithin allen Glaͤubigern die Concurrenz zugeſtanden, nicht
aber einem geholfen und den uͤbrigen durch Beſtaͤtigung des
Stilleſtandes ihre Concurrenz abgeſchnitten werden. Ueberdem
iſt es ſeltſam, daß der Richter den letztern die gerichtliche
Verſicherung ertheilet, wie der Schuldner zu ihrem Behuf
jaͤhrlich ein gewiſſes aufbringen ſoll, und dieſen gleichwohl
durch die Execution zur Gunſt des einen privilegirten Glaͤu-
bigers, außer allen Stand ſetzt, den Vergleich mit ſeinen uͤbri-
gen Glaͤubigern zu erfuͤllen.
Wie aber, wird man ſagen, wenn ein bewilligter Glaͤu-
biger vorhanden, und derſelbe ſeine Befriedigung auf einmal
verlangt? Hier muß entweder der Gutsherr, oder der
Schuldner Rath ſchaffen, oder die unbewilligten Glaͤubiger,
zu deren Beſten der Stilleſtand bewilliget wird, muͤſſen den
bewilligten Glaͤubiger ablegen, und ſich ſolchergeſtalt ihren
Schuldner erhalten. Wenn zu einem von dieſen dreyen
Mitteln nicht zu rathen iſt; und zum beſten des bewilligten
Glaͤubigers alles was auf dem Hoſe an Fruͤchten und Vieh
vorhanden, verkauft werden muß: ſo wird dem Schuldner,
ohne daß die bisherigen Geſetze geaͤndert werden, auch gar
nicht zu helfen ſeyn.
Der vierte Fall zeigt ſich, wenn der Schuldner ſelbſt
uͤbernommen die Steuren und Gutsherrl. Gefaͤlle richtig
abzufuͤhren, und daneben jaͤhrlich ein Gewiſſes fuͤr ſeine
unbewilligte Glaͤubiger aufzubringen; die beyden erſtern
Bedingungen aber nicht erfuͤllet, und ſo dann durch die
na-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/236>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.