Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

ist eher zu begünstigen als einzuschränken.
Treten kein Schade zugefügt würde; ich müste für die Ver-
zäunung sorgen lassen, ich müste Pferde halten, oder von
andern so dergleichen halten, abhangen, und überhaupt müste
ich manche Stunde verschwenden, die ich in meinen Umstän-
den, und da ich nur ein bisgen Ackerbau haben würde, bes-
ser anwenden könnte. Dafür vermiethe ich mein Land an
einen der selbst Pferde und Gesinde auf den Ackerbau erhält,
der nicht um einen sondern um hundert Morgen seine Stege
und Wege thut; der sein ganzes Geschäfte aus dem Landbau
macht .... und kaufe denn hernach vor der Erndte von
diesem Manne so viel Korn auf dem Halme, als ich ge-
brauche und haben will. Dabey stehen beyde Theile sich un-
streitig besser, als wenn jeder seinen besondern Ackerbau
hätte; und es wäre eine große Frage: Ob man nicht wohl
thäte das ganze Heuerwesen im Lande auf diesen Fuß zu setzen,
mithin schlechterdings den Erbgesessenen Unterthanen alles Ver-
heuren ihrer Ländereyen zu verbieten, und dafür den Verkauf der
Früchte auf dem Lande zu begünstigen. Denn dabey daß der
Heuermann, der sich ein altes Pferd kauft, seinen Acker selbst be-
stellet, oder von seinen Wirthe bey Feyerabenden bestellen
läßt, verliert das Publicum unendlich viel, weil die Bestel-
lung zu schwach ist; und der rechte Wirth, der drey Viertheil
seiner Ländereyen an seine geringe Nebenwohner verheuret,
wird schwach in der Spannung und im Viehstapel, und ver-
liert nach einer natürlichen Folge den Geist seines Berufs.
Besser wäre es also, wenn der Wirth auf dem Erbe alles selbst
bestellete, nichts verheurete, und seinen Heuerleuten was sie
gebrauchten auf dem Halme überließe. Der einzige Verlust
dabey für die Heuerleute, würde der Mist seyn, den sie von
ihrem Viehe und sonst erhalten. Allein diesem könnten sie
auch wiederum Fuderweise an den rechten Wirth verkaufen,
und hernach in dem Werth der Frucht kürzen.

In-
Q 2

iſt eher zu beguͤnſtigen als einzuſchraͤnken.
Treten kein Schade zugefuͤgt wuͤrde; ich muͤſte fuͤr die Ver-
zaͤunung ſorgen laſſen, ich muͤſte Pferde halten, oder von
andern ſo dergleichen halten, abhangen, und uͤberhaupt muͤſte
ich manche Stunde verſchwenden, die ich in meinen Umſtaͤn-
den, und da ich nur ein bisgen Ackerbau haben wuͤrde, beſ-
ſer anwenden koͤnnte. Dafuͤr vermiethe ich mein Land an
einen der ſelbſt Pferde und Geſinde auf den Ackerbau erhaͤlt,
der nicht um einen ſondern um hundert Morgen ſeine Stege
und Wege thut; der ſein ganzes Geſchaͤfte aus dem Landbau
macht .... und kaufe denn hernach vor der Erndte von
dieſem Manne ſo viel Korn auf dem Halme, als ich ge-
brauche und haben will. Dabey ſtehen beyde Theile ſich un-
ſtreitig beſſer, als wenn jeder ſeinen beſondern Ackerbau
haͤtte; und es waͤre eine große Frage: Ob man nicht wohl
thaͤte das ganze Heuerweſen im Lande auf dieſen Fuß zu ſetzen,
mithin ſchlechterdings den Erbgeſeſſenen Unterthanen alles Ver-
heuren ihrer Laͤndereyen zu verbieten, und dafuͤr den Verkauf der
Fruͤchte auf dem Lande zu beguͤnſtigen. Denn dabey daß der
Heuermann, der ſich ein altes Pferd kauft, ſeinen Acker ſelbſt be-
ſtellet, oder von ſeinen Wirthe bey Feyerabenden beſtellen
laͤßt, verliert das Publicum unendlich viel, weil die Beſtel-
lung zu ſchwach iſt; und der rechte Wirth, der drey Viertheil
ſeiner Laͤndereyen an ſeine geringe Nebenwohner verheuret,
wird ſchwach in der Spannung und im Viehſtapel, und ver-
liert nach einer natuͤrlichen Folge den Geiſt ſeines Berufs.
Beſſer waͤre es alſo, wenn der Wirth auf dem Erbe alles ſelbſt
beſtellete, nichts verheurete, und ſeinen Heuerleuten was ſie
gebrauchten auf dem Halme uͤberließe. Der einzige Verluſt
dabey fuͤr die Heuerleute, wuͤrde der Miſt ſeyn, den ſie von
ihrem Viehe und ſonſt erhalten. Allein dieſem koͤnnten ſie
auch wiederum Fuderweiſe an den rechten Wirth verkaufen,
und hernach in dem Werth der Frucht kuͤrzen.

In-
Q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0261" n="243"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">i&#x017F;t eher zu begu&#x0364;n&#x017F;tigen als einzu&#x017F;chra&#x0364;nken.</hi></fw><lb/>
Treten kein Schade zugefu&#x0364;gt wu&#x0364;rde; ich mu&#x0364;&#x017F;te fu&#x0364;r die Ver-<lb/>
za&#x0364;unung &#x017F;orgen la&#x017F;&#x017F;en, ich mu&#x0364;&#x017F;te Pferde halten, oder von<lb/>
andern &#x017F;o dergleichen halten, abhangen, und u&#x0364;berhaupt mu&#x0364;&#x017F;te<lb/>
ich manche Stunde ver&#x017F;chwenden, die ich in meinen Um&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
den, und da ich nur ein bisgen Ackerbau haben wu&#x0364;rde, be&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er anwenden ko&#x0364;nnte. Dafu&#x0364;r vermiethe ich mein Land an<lb/>
einen der &#x017F;elb&#x017F;t Pferde und Ge&#x017F;inde auf den Ackerbau erha&#x0364;lt,<lb/>
der nicht um einen &#x017F;ondern um hundert Morgen &#x017F;eine Stege<lb/>
und Wege thut; der &#x017F;ein ganzes Ge&#x017F;cha&#x0364;fte aus dem Landbau<lb/>
macht .... und kaufe denn hernach vor der Erndte von<lb/>
die&#x017F;em Manne &#x017F;o viel Korn auf dem Halme, als ich ge-<lb/>
brauche und haben will. Dabey &#x017F;tehen beyde Theile &#x017F;ich un-<lb/>
&#x017F;treitig be&#x017F;&#x017F;er, als wenn jeder &#x017F;einen be&#x017F;ondern Ackerbau<lb/>
ha&#x0364;tte; und es wa&#x0364;re eine große Frage: Ob man nicht wohl<lb/>
tha&#x0364;te das ganze Heuerwe&#x017F;en im Lande auf die&#x017F;en Fuß zu &#x017F;etzen,<lb/>
mithin &#x017F;chlechterdings den Erbge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;enen Unterthanen alles Ver-<lb/>
heuren ihrer La&#x0364;ndereyen zu verbieten, und dafu&#x0364;r den Verkauf der<lb/>
Fru&#x0364;chte auf dem Lande zu begu&#x0364;n&#x017F;tigen. Denn dabey daß der<lb/>
Heuermann, der &#x017F;ich ein altes Pferd kauft, &#x017F;einen Acker &#x017F;elb&#x017F;t be-<lb/>
&#x017F;tellet, oder von &#x017F;einen Wirthe bey Feyerabenden be&#x017F;tellen<lb/>
la&#x0364;ßt, verliert das Publicum unendlich viel, weil die Be&#x017F;tel-<lb/>
lung zu &#x017F;chwach i&#x017F;t; und der rechte Wirth, der drey Viertheil<lb/>
&#x017F;einer La&#x0364;ndereyen an &#x017F;eine geringe Nebenwohner verheuret,<lb/>
wird &#x017F;chwach in der Spannung und im Vieh&#x017F;tapel, und ver-<lb/>
liert nach einer natu&#x0364;rlichen Folge den Gei&#x017F;t &#x017F;eines Berufs.<lb/>
Be&#x017F;&#x017F;er wa&#x0364;re es al&#x017F;o, wenn der Wirth auf dem Erbe alles &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
be&#x017F;tellete, nichts verheurete, und &#x017F;einen Heuerleuten was &#x017F;ie<lb/>
gebrauchten auf dem Halme u&#x0364;berließe. Der einzige Verlu&#x017F;t<lb/>
dabey fu&#x0364;r die Heuerleute, wu&#x0364;rde der Mi&#x017F;t &#x017F;eyn, den &#x017F;ie von<lb/>
ihrem Viehe und &#x017F;on&#x017F;t erhalten. Allein die&#x017F;em ko&#x0364;nnten &#x017F;ie<lb/>
auch wiederum Fuderwei&#x017F;e an den rechten Wirth verkaufen,<lb/>
und hernach in dem Werth der Frucht ku&#x0364;rzen.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">Q 2</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">In-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0261] iſt eher zu beguͤnſtigen als einzuſchraͤnken. Treten kein Schade zugefuͤgt wuͤrde; ich muͤſte fuͤr die Ver- zaͤunung ſorgen laſſen, ich muͤſte Pferde halten, oder von andern ſo dergleichen halten, abhangen, und uͤberhaupt muͤſte ich manche Stunde verſchwenden, die ich in meinen Umſtaͤn- den, und da ich nur ein bisgen Ackerbau haben wuͤrde, beſ- ſer anwenden koͤnnte. Dafuͤr vermiethe ich mein Land an einen der ſelbſt Pferde und Geſinde auf den Ackerbau erhaͤlt, der nicht um einen ſondern um hundert Morgen ſeine Stege und Wege thut; der ſein ganzes Geſchaͤfte aus dem Landbau macht .... und kaufe denn hernach vor der Erndte von dieſem Manne ſo viel Korn auf dem Halme, als ich ge- brauche und haben will. Dabey ſtehen beyde Theile ſich un- ſtreitig beſſer, als wenn jeder ſeinen beſondern Ackerbau haͤtte; und es waͤre eine große Frage: Ob man nicht wohl thaͤte das ganze Heuerweſen im Lande auf dieſen Fuß zu ſetzen, mithin ſchlechterdings den Erbgeſeſſenen Unterthanen alles Ver- heuren ihrer Laͤndereyen zu verbieten, und dafuͤr den Verkauf der Fruͤchte auf dem Lande zu beguͤnſtigen. Denn dabey daß der Heuermann, der ſich ein altes Pferd kauft, ſeinen Acker ſelbſt be- ſtellet, oder von ſeinen Wirthe bey Feyerabenden beſtellen laͤßt, verliert das Publicum unendlich viel, weil die Beſtel- lung zu ſchwach iſt; und der rechte Wirth, der drey Viertheil ſeiner Laͤndereyen an ſeine geringe Nebenwohner verheuret, wird ſchwach in der Spannung und im Viehſtapel, und ver- liert nach einer natuͤrlichen Folge den Geiſt ſeines Berufs. Beſſer waͤre es alſo, wenn der Wirth auf dem Erbe alles ſelbſt beſtellete, nichts verheurete, und ſeinen Heuerleuten was ſie gebrauchten auf dem Halme uͤberließe. Der einzige Verluſt dabey fuͤr die Heuerleute, wuͤrde der Miſt ſeyn, den ſie von ihrem Viehe und ſonſt erhalten. Allein dieſem koͤnnten ſie auch wiederum Fuderweiſe an den rechten Wirth verkaufen, und hernach in dem Werth der Frucht kuͤrzen. In- Q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/261
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/261>, abgerufen am 21.11.2024.