LXIII. Ein bewehrtes Mittel wider die böse Laune, von einer Dame auf dem Lande.
Ich muß Ihnen in der Geschwindigkeit eine Entdeckung mit- theilen, die ich in der vorigen Woche gemacht habe. Mein Mann und ich waren so unaufgeräumt als zwey Eheleute bis- weilen seyn können, wie sich eben Herr und Frau .... bey uns ansagen ließen. Nun so wollte ich ... fuhr mein Mann heraus, man kan doch keinen Augenblick auf dem Lande allein seyn; es ist doch eben keine Zeit um zu schmausen, da so viele arme Menschen Hunger leiden, und ich weiß nicht was den Leuten ankommt; es sind ja erst vierzehn Tage daß sie uns besuchet haben. Und ich bin auch nicht im Stande, stimmete ich ihm grämlich bey, einen Besuch anzunehmen, indem ich noch in meinem ersten Neglige und wahrhaftig außer Stande bin diesen Mittag einen Braten zu schaffen. Indessen und da die Gäste schon vor dem Thore und zwey Meilen gefahren waren, mußten wir doch die Antwort sagen lassen: es sollte uns viele Ehre seyn.
Nun! sagte mein Mann, das wird eine recht schöne Ge- sellschaft seyn; ich bin nicht im Stande drey Worte zu spre- chen und du ... O! antwortete ich ihm, hier ist nichts zu thun, als wir müssen beyde eine Rolle spielen; ich will die allerliebste Frau und du sollst den allerliebsten Mann agiren; wir wollen sehen .... In dem Augenblick kamen unsre Gäste auf dem Platz gefahren, und wir machten den Anfang unsrer Rolle so vortreflich, daß die guten Leute ganz entzückt darüber wurden. Die rührensien Versicherungen der Freude
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Ein bewehrtes Mittel wider die boͤſe Laune,
LXIII. Ein bewehrtes Mittel wider die boͤſe Laune, von einer Dame auf dem Lande.
Ich muß Ihnen in der Geſchwindigkeit eine Entdeckung mit- theilen, die ich in der vorigen Woche gemacht habe. Mein Mann und ich waren ſo unaufgeraͤumt als zwey Eheleute bis- weilen ſeyn koͤnnen, wie ſich eben Herr und Frau .... bey uns anſagen ließen. Nun ſo wollte ich … fuhr mein Mann heraus, man kan doch keinen Augenblick auf dem Lande allein ſeyn; es iſt doch eben keine Zeit um zu ſchmauſen, da ſo viele arme Menſchen Hunger leiden, und ich weiß nicht was den Leuten ankommt; es ſind ja erſt vierzehn Tage daß ſie uns beſuchet haben. Und ich bin auch nicht im Stande, ſtimmete ich ihm graͤmlich bey, einen Beſuch anzunehmen, indem ich noch in meinem erſten Neglige und wahrhaftig außer Stande bin dieſen Mittag einen Braten zu ſchaffen. Indeſſen und da die Gaͤſte ſchon vor dem Thore und zwey Meilen gefahren waren, mußten wir doch die Antwort ſagen laſſen: es ſollte uns viele Ehre ſeyn.
Nun! ſagte mein Mann, das wird eine recht ſchoͤne Ge- ſellſchaft ſeyn; ich bin nicht im Stande drey Worte zu ſpre- chen und du … O! antwortete ich ihm, hier iſt nichts zu thun, als wir muͤſſen beyde eine Rolle ſpielen; ich will die allerliebſte Frau und du ſollſt den allerliebſten Mann agiren; wir wollen ſehen .... In dem Augenblick kamen unſre Gaͤſte auf dem Platz gefahren, und wir machten den Anfang unſrer Rolle ſo vortreflich, daß die guten Leute ganz entzuͤckt daruͤber wurden. Die ruͤhrenſien Verſicherungen der Freude
uͤber
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Ein bewehrtes Mittel wider die boͤſe Laune,
LXIII.
Ein bewehrtes Mittel wider die boͤſe Laune,
von einer Dame auf dem Lande.
Ich muß Ihnen in der Geſchwindigkeit eine Entdeckung mit-
theilen, die ich in der vorigen Woche gemacht habe. Mein
Mann und ich waren ſo unaufgeraͤumt als zwey Eheleute bis-
weilen ſeyn koͤnnen, wie ſich eben Herr und Frau ....
bey uns anſagen ließen. Nun ſo wollte ich … fuhr mein
Mann heraus, man kan doch keinen Augenblick auf dem Lande
allein ſeyn; es iſt doch eben keine Zeit um zu ſchmauſen, da
ſo viele arme Menſchen Hunger leiden, und ich weiß nicht
was den Leuten ankommt; es ſind ja erſt vierzehn Tage daß
ſie uns beſuchet haben. Und ich bin auch nicht im Stande,
ſtimmete ich ihm graͤmlich bey, einen Beſuch anzunehmen,
indem ich noch in meinem erſten Neglige und wahrhaftig
außer Stande bin dieſen Mittag einen Braten zu ſchaffen.
Indeſſen und da die Gaͤſte ſchon vor dem Thore und zwey
Meilen gefahren waren, mußten wir doch die Antwort ſagen
laſſen: es ſollte uns viele Ehre ſeyn.
Nun! ſagte mein Mann, das wird eine recht ſchoͤne Ge-
ſellſchaft ſeyn; ich bin nicht im Stande drey Worte zu ſpre-
chen und du … O! antwortete ich ihm, hier iſt nichts zu
thun, als wir muͤſſen beyde eine Rolle ſpielen; ich will die
allerliebſte Frau und du ſollſt den allerliebſten Mann agiren;
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/388>, abgerufen am 24.11.2024.
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