tigen können. Der Widerspruch des ersten Müllers, wenn er auch bey einer mindern Bevölkerung einmal den Beyfall erhalten hätte und darauf sein Bannrecht gründen wollte, wird sie so wenig als die Haabsucht desselben irre machen; und niemand kan verlangen, daß sie von ihrem Verfahren eine weitere Rechenschaft gebe, als obige Grundsätze mit sich bringen.
Bey dem allen läßt sich aber doch auch das Recht eine Mühle zu haben, als ein Regal der untern Classe betrachten. Gesetzt, die erste Mühle soll jetzt angelegt werden, und es erbietet sich einer aus der Gemeinheit unter der Bedingung dazu, wenn ihm die Gemeinheit das Kamm- und Wellen- holz aus ihrem Walde schenken, ihm mit Fuhren zu Hülfe kommen, den Mühlenteich auswerfen, und sich verpflichten wolle, bey keinen andern als bey ihm Mahlen zu lassen; so wird die Gemeinheit ganz natürlicher Weise antworten: Warum soll denn unser Nachbar diesen Vortheil haben? Warum sollen wir dem Holz schenken, Fuhren leisten und Teiche auswerfen? Besser ist es, wir gönnen diesen Vortheil unserm Pfarrer, unserm Vogten oder unserm Küster, und behalten dafür ein, was wir diesen sonst an Besoldungen rei- chen müssen. -- Diese Antwort scheint mir eben so natür- lich zu seyn, wie die Forderung desjenigen Privatmannes der sich zuerst mit dem Bau abgeben wollte. Und so könnte es ganz bequem zugehen, daß die erste Mühle ein Anhang eines gemeinen Amts würde. Es sind zu viele Mühlen mit der Gerichtsbarkeit verknüpft; zu viele Mühlen, welche der Kirchen gehören; zu viele, welche mit einem von einer hö- hern Befugnisse zeugenden Zwange berechtiget sind: zu viele, welche Kamm- und Wellenholz aus dem gemeinen Walde er- halten, zu viele, welche ein Recht auf eine gemeine Hülfe bey Bau und Besserung haben, um nicht den Schluß zu ma-
chen,
bey Anlegung neuer Muͤhlen.
tigen koͤnnen. Der Widerſpruch des erſten Muͤllers, wenn er auch bey einer mindern Bevoͤlkerung einmal den Beyfall erhalten haͤtte und darauf ſein Bannrecht gruͤnden wollte, wird ſie ſo wenig als die Haabſucht deſſelben irre machen; und niemand kan verlangen, daß ſie von ihrem Verfahren eine weitere Rechenſchaft gebe, als obige Grundſaͤtze mit ſich bringen.
Bey dem allen laͤßt ſich aber doch auch das Recht eine Muͤhle zu haben, als ein Regal der untern Claſſe betrachten. Geſetzt, die erſte Muͤhle ſoll jetzt angelegt werden, und es erbietet ſich einer aus der Gemeinheit unter der Bedingung dazu, wenn ihm die Gemeinheit das Kamm- und Wellen- holz aus ihrem Walde ſchenken, ihm mit Fuhren zu Huͤlfe kommen, den Muͤhlenteich auswerfen, und ſich verpflichten wolle, bey keinen andern als bey ihm Mahlen zu laſſen; ſo wird die Gemeinheit ganz natuͤrlicher Weiſe antworten: Warum ſoll denn unſer Nachbar dieſen Vortheil haben? Warum ſollen wir dem Holz ſchenken, Fuhren leiſten und Teiche auswerfen? Beſſer iſt es, wir goͤnnen dieſen Vortheil unſerm Pfarrer, unſerm Vogten oder unſerm Kuͤſter, und behalten dafuͤr ein, was wir dieſen ſonſt an Beſoldungen rei- chen muͤſſen. — Dieſe Antwort ſcheint mir eben ſo natuͤr- lich zu ſeyn, wie die Forderung desjenigen Privatmannes der ſich zuerſt mit dem Bau abgeben wollte. Und ſo koͤnnte es ganz bequem zugehen, daß die erſte Muͤhle ein Anhang eines gemeinen Amts wuͤrde. Es ſind zu viele Muͤhlen mit der Gerichtsbarkeit verknuͤpft; zu viele Muͤhlen, welche der Kirchen gehoͤren; zu viele, welche mit einem von einer hoͤ- hern Befugniſſe zeugenden Zwange berechtiget ſind: zu viele, welche Kamm- und Wellenholz aus dem gemeinen Walde er- halten, zu viele, welche ein Recht auf eine gemeine Huͤlfe bey Bau und Beſſerung haben, um nicht den Schluß zu ma-
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bey Anlegung neuer Muͤhlen.
tigen koͤnnen. Der Widerſpruch des erſten Muͤllers, wenn
er auch bey einer mindern Bevoͤlkerung einmal den Beyfall
erhalten haͤtte und darauf ſein Bannrecht gruͤnden wollte,
wird ſie ſo wenig als die Haabſucht deſſelben irre machen;
und niemand kan verlangen, daß ſie von ihrem Verfahren
eine weitere Rechenſchaft gebe, als obige Grundſaͤtze mit ſich
bringen.
Bey dem allen laͤßt ſich aber doch auch das Recht eine
Muͤhle zu haben, als ein Regal der untern Claſſe betrachten.
Geſetzt, die erſte Muͤhle ſoll jetzt angelegt werden, und es
erbietet ſich einer aus der Gemeinheit unter der Bedingung
dazu, wenn ihm die Gemeinheit das Kamm- und Wellen-
holz aus ihrem Walde ſchenken, ihm mit Fuhren zu Huͤlfe
kommen, den Muͤhlenteich auswerfen, und ſich verpflichten
wolle, bey keinen andern als bey ihm Mahlen zu laſſen; ſo
wird die Gemeinheit ganz natuͤrlicher Weiſe antworten:
Warum ſoll denn unſer Nachbar dieſen Vortheil haben?
Warum ſollen wir dem Holz ſchenken, Fuhren leiſten und
Teiche auswerfen? Beſſer iſt es, wir goͤnnen dieſen Vortheil
unſerm Pfarrer, unſerm Vogten oder unſerm Kuͤſter, und
behalten dafuͤr ein, was wir dieſen ſonſt an Beſoldungen rei-
chen muͤſſen. — Dieſe Antwort ſcheint mir eben ſo natuͤr-
lich zu ſeyn, wie die Forderung desjenigen Privatmannes
der ſich zuerſt mit dem Bau abgeben wollte. Und ſo koͤnnte
es ganz bequem zugehen, daß die erſte Muͤhle ein Anhang
eines gemeinen Amts wuͤrde. Es ſind zu viele Muͤhlen mit
der Gerichtsbarkeit verknuͤpft; zu viele Muͤhlen, welche der
Kirchen gehoͤren; zu viele, welche mit einem von einer hoͤ-
hern Befugniſſe zeugenden Zwange berechtiget ſind: zu viele,
welche Kamm- und Wellenholz aus dem gemeinen Walde er-
halten, zu viele, welche ein Recht auf eine gemeine Huͤlfe
bey Bau und Beſſerung haben, um nicht den Schluß zu ma-
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/431>, abgerufen am 22.11.2024.
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