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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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Also ist es rathsamer die Wege zu flicken
lage bestehen müssen, bauet kostbarer als er nöthig hat, und
begehet eine Thorheit, so bald ihm diese unnöthige Ausgabe
auf einer andern Seite zur Last fällt.

Gesetzt aber auch, die erste Anlage werde aus einer beson-
dern Fundgrube gemacht, und diejenigen dreyßig tausend
Thaler, welche eine Meile guten Weges ohne Fuhren und
Materialien kostet, fänden sich ohne merkliche Beschwerde
des Landes; ein Fall der sich doch selten eräugen wird: so
hat es doch insgemein wiederum eine ganz andre Beschaffenheit
mit der Unterhaltung eines kunstmäßig gebaueten und eines
von der Natur gewiesenen Weges. Dieser wird wie jede
Strohhütte geflickt, wenn jener wie ein Pallast unterhalten
werden muß. Hier werden kunstmäßige Hände, gelehrte
Aufseher, und viele Dinge erfordert, welche nicht anders
als mit schwerem baaren Gelde angeschaffet und bezahlet wer-
den können, wenn die Hütte mit dem nächsten Lehm, mit
selbstgebaueten Stroh und einer unerfahrnen Hand bey Feyer-
abenden ausgeflicket werden kan. Die Erhaltung eines sol-
chem künstlichen Weges ist also eine ewige Last für das Land,
und diese zu den Zinsen des angelegten Capitals gerechnet,
eine solche Beschwerde, welche immer nur wenige Länder
tragen können.

Nur wenige Länder werden solche mit den zu solchem Ende
eingeführten Weggeldern bestreiten. Da wo der Weg nach
einer Hauptstadt, oder nach einem großen Handlungsorte
führet, wirft die große Consumtion und der Handel endlich
die Kosten noch wohl ab; und der Luxus trägt seinen redlichen
Antheil mit. Wo aber diese Stützen fehlen, und alles auf
die Nothdurft fällt, da wird die Erfahrung bald zeigen, daß
die Fuhrleute aller ihrer Flüche und Versprechungen ungeach-
tet, in der schönen Jahrszeit, wenn die mehrsten Frachten

gehn,

Alſo iſt es rathſamer die Wege zu flicken
lage beſtehen muͤſſen, bauet koſtbarer als er noͤthig hat, und
begehet eine Thorheit, ſo bald ihm dieſe unnoͤthige Ausgabe
auf einer andern Seite zur Laſt faͤllt.

Geſetzt aber auch, die erſte Anlage werde aus einer beſon-
dern Fundgrube gemacht, und diejenigen dreyßig tauſend
Thaler, welche eine Meile guten Weges ohne Fuhren und
Materialien koſtet, faͤnden ſich ohne merkliche Beſchwerde
des Landes; ein Fall der ſich doch ſelten eraͤugen wird: ſo
hat es doch insgemein wiederum eine ganz andre Beſchaffenheit
mit der Unterhaltung eines kunſtmaͤßig gebaueten und eines
von der Natur gewieſenen Weges. Dieſer wird wie jede
Strohhuͤtte geflickt, wenn jener wie ein Pallaſt unterhalten
werden muß. Hier werden kunſtmaͤßige Haͤnde, gelehrte
Aufſeher, und viele Dinge erfordert, welche nicht anders
als mit ſchwerem baaren Gelde angeſchaffet und bezahlet wer-
den koͤnnen, wenn die Huͤtte mit dem naͤchſten Lehm, mit
ſelbſtgebaueten Stroh und einer unerfahrnen Hand bey Feyer-
abenden ausgeflicket werden kan. Die Erhaltung eines ſol-
chem kuͤnſtlichen Weges iſt alſo eine ewige Laſt fuͤr das Land,
und dieſe zu den Zinſen des angelegten Capitals gerechnet,
eine ſolche Beſchwerde, welche immer nur wenige Laͤnder
tragen koͤnnen.

Nur wenige Laͤnder werden ſolche mit den zu ſolchem Ende
eingefuͤhrten Weggeldern beſtreiten. Da wo der Weg nach
einer Hauptſtadt, oder nach einem großen Handlungsorte
fuͤhret, wirft die große Conſumtion und der Handel endlich
die Koſten noch wohl ab; und der Luxus traͤgt ſeinen redlichen
Antheil mit. Wo aber dieſe Stuͤtzen fehlen, und alles auf
die Nothdurft faͤllt, da wird die Erfahrung bald zeigen, daß
die Fuhrleute aller ihrer Fluͤche und Verſprechungen ungeach-
tet, in der ſchoͤnen Jahrszeit, wenn die mehrſten Frachten

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[420/0438] Alſo iſt es rathſamer die Wege zu flicken lage beſtehen muͤſſen, bauet koſtbarer als er noͤthig hat, und begehet eine Thorheit, ſo bald ihm dieſe unnoͤthige Ausgabe auf einer andern Seite zur Laſt faͤllt. Geſetzt aber auch, die erſte Anlage werde aus einer beſon- dern Fundgrube gemacht, und diejenigen dreyßig tauſend Thaler, welche eine Meile guten Weges ohne Fuhren und Materialien koſtet, faͤnden ſich ohne merkliche Beſchwerde des Landes; ein Fall der ſich doch ſelten eraͤugen wird: ſo hat es doch insgemein wiederum eine ganz andre Beſchaffenheit mit der Unterhaltung eines kunſtmaͤßig gebaueten und eines von der Natur gewieſenen Weges. Dieſer wird wie jede Strohhuͤtte geflickt, wenn jener wie ein Pallaſt unterhalten werden muß. Hier werden kunſtmaͤßige Haͤnde, gelehrte Aufſeher, und viele Dinge erfordert, welche nicht anders als mit ſchwerem baaren Gelde angeſchaffet und bezahlet wer- den koͤnnen, wenn die Huͤtte mit dem naͤchſten Lehm, mit ſelbſtgebaueten Stroh und einer unerfahrnen Hand bey Feyer- abenden ausgeflicket werden kan. Die Erhaltung eines ſol- chem kuͤnſtlichen Weges iſt alſo eine ewige Laſt fuͤr das Land, und dieſe zu den Zinſen des angelegten Capitals gerechnet, eine ſolche Beſchwerde, welche immer nur wenige Laͤnder tragen koͤnnen. Nur wenige Laͤnder werden ſolche mit den zu ſolchem Ende eingefuͤhrten Weggeldern beſtreiten. Da wo der Weg nach einer Hauptſtadt, oder nach einem großen Handlungsorte fuͤhret, wirft die große Conſumtion und der Handel endlich die Koſten noch wohl ab; und der Luxus traͤgt ſeinen redlichen Antheil mit. Wo aber dieſe Stuͤtzen fehlen, und alles auf die Nothdurft faͤllt, da wird die Erfahrung bald zeigen, daß die Fuhrleute aller ihrer Fluͤche und Verſprechungen ungeach- tet, in der ſchoͤnen Jahrszeit, wenn die mehrſten Frachten gehn,

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/438>, abgerufen am 22.11.2024.