Armeen und Höfe in Deutschland bezahlt, ist es nicht größtentheils wieder zurückgeflossen, und ist Deutschland nicht eine Wiese, wovon wir so viel mehr Heu geerndtet, je mehr wir sie gewässert und fruchtbar gemacht haben? Fließen die Reichthümer Deutschlandes nicht mit einan- der in die Cassen der handelnden Nationen? ... Aber es sey gnug, daß der größte Theil der damals ausgege- benen Obligationen in den Händen der Nation selbst ge- blieben, und so ist es ein ausgemachter Satz, daß durch jenes Anlehn die Capitalien seiner Mitglieder damals ansehnlich vermehret worden. Will man noch eine deut- lichere Probe: so frage man sich nur einmal selbst: wo die 130 Millionen Pf. St. welche England jetzt schuldig ist, und welche den größten Reichthum seiner Einwohner ausmachen, jetzt seyn würden, wenn gar keine Schulden gemachet worden? Würden dessen Einwohner diese Summe am baarem Gelde vorräthig haben? Dieses ist nicht möglich, ganz Europa hat so viel Geld nicht. Wür- den sie den Werth dafür an Gründen besitzen? Das läßt sich auch schwerlich behaupten, da die Grenzen des Lan- des sich nicht ausdehnen lassen, und der erhöhete Werth der Ländereyen eben eine Folge des erschaffenen Reich- thums, des dadurch vermehrten Handels und der da- durch zugenommenen Bevölkerung ist. Würden sie so viel mehr Schiffe so viel mehr Waaren haben. O auch diese haben ihr Maximum, worüber man ohne Gefahr nicht herausgehen kan. Und bey dem allen würde Geld kein Geld bleiben, wenn die 130 Millionen Pfund Ster- ling auf einmal in Münze verwandelt und unter die Leute gebracht würden; die Waaren würden keinen Preis haben, wovon auf einmal für 130 Millionen vorhan- den wäre; sie würden ihren Besitzern zur Last fallen; und wenn die Anzahl der Kaufleute, welche mit so einer
unge-
F f 5
und deſſen groſſen Nutzen.
Armeen und Hoͤfe in Deutſchland bezahlt, iſt es nicht groͤßtentheils wieder zuruͤckgefloſſen, und iſt Deutſchland nicht eine Wieſe, wovon wir ſo viel mehr Heu geerndtet, je mehr wir ſie gewaͤſſert und fruchtbar gemacht haben? Fließen die Reichthuͤmer Deutſchlandes nicht mit einan- der in die Caſſen der handelnden Nationen? … Aber es ſey gnug, daß der groͤßte Theil der damals ausgege- benen Obligationen in den Haͤnden der Nation ſelbſt ge- blieben, und ſo iſt es ein ausgemachter Satz, daß durch jenes Anlehn die Capitalien ſeiner Mitglieder damals anſehnlich vermehret worden. Will man noch eine deut- lichere Probe: ſo frage man ſich nur einmal ſelbſt: wo die 130 Millionen Pf. St. welche England jetzt ſchuldig iſt, und welche den groͤßten Reichthum ſeiner Einwohner ausmachen, jetzt ſeyn wuͤrden, wenn gar keine Schulden gemachet worden? Wuͤrden deſſen Einwohner dieſe Summe am baarem Gelde vorraͤthig haben? Dieſes iſt nicht moͤglich, ganz Europa hat ſo viel Geld nicht. Wuͤr- den ſie den Werth dafuͤr an Gruͤnden beſitzen? Das laͤßt ſich auch ſchwerlich behaupten, da die Grenzen des Lan- des ſich nicht ausdehnen laſſen, und der erhoͤhete Werth der Laͤndereyen eben eine Folge des erſchaffenen Reich- thums, des dadurch vermehrten Handels und der da- durch zugenommenen Bevoͤlkerung iſt. Wuͤrden ſie ſo viel mehr Schiffe ſo viel mehr Waaren haben. O auch dieſe haben ihr Maximum, woruͤber man ohne Gefahr nicht herausgehen kan. Und bey dem allen wuͤrde Geld kein Geld bleiben, wenn die 130 Millionen Pfund Ster- ling auf einmal in Muͤnze verwandelt und unter die Leute gebracht wuͤrden; die Waaren wuͤrden keinen Preis haben, wovon auf einmal fuͤr 130 Millionen vorhan- den waͤre; ſie wuͤrden ihren Beſitzern zur Laſt fallen; und wenn die Anzahl der Kaufleute, welche mit ſo einer
unge-
F f 5
<TEI><text><body><divn="1"><cit><quote><hirendition="#et"><pbfacs="#f0475"n="457"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">und deſſen groſſen Nutzen.</hi></fw><lb/>
Armeen und Hoͤfe in Deutſchland bezahlt, iſt es nicht<lb/>
groͤßtentheils wieder zuruͤckgefloſſen, und iſt Deutſchland<lb/>
nicht eine Wieſe, wovon wir ſo viel mehr Heu geerndtet,<lb/>
je mehr wir ſie gewaͤſſert und fruchtbar gemacht haben?<lb/>
Fließen die Reichthuͤmer Deutſchlandes nicht mit einan-<lb/>
der in die Caſſen der handelnden Nationen? … Aber<lb/>
es ſey gnug, daß der groͤßte Theil der damals ausgege-<lb/>
benen Obligationen in den Haͤnden der Nation ſelbſt ge-<lb/>
blieben, und ſo iſt es ein ausgemachter Satz, daß durch<lb/>
jenes Anlehn die Capitalien ſeiner Mitglieder damals<lb/>
anſehnlich vermehret worden. Will man noch eine deut-<lb/>
lichere Probe: ſo frage man ſich nur einmal ſelbſt: wo<lb/>
die 130 Millionen Pf. St. welche England jetzt ſchuldig<lb/>
iſt, und welche den groͤßten Reichthum ſeiner Einwohner<lb/>
ausmachen, jetzt ſeyn wuͤrden, wenn gar keine Schulden<lb/>
gemachet worden? Wuͤrden deſſen Einwohner dieſe<lb/>
Summe am baarem Gelde vorraͤthig haben? Dieſes iſt<lb/>
nicht moͤglich, ganz Europa hat ſo viel Geld nicht. Wuͤr-<lb/>
den ſie den Werth dafuͤr an Gruͤnden beſitzen? Das laͤßt<lb/>ſich auch ſchwerlich behaupten, da die Grenzen des Lan-<lb/>
des ſich nicht ausdehnen laſſen, und der erhoͤhete Werth<lb/>
der Laͤndereyen eben eine Folge des erſchaffenen Reich-<lb/>
thums, des dadurch vermehrten Handels und der da-<lb/>
durch zugenommenen Bevoͤlkerung iſt. Wuͤrden ſie ſo<lb/>
viel mehr Schiffe ſo viel mehr Waaren haben. O auch<lb/>
dieſe haben ihr Maximum, woruͤber man ohne Gefahr<lb/>
nicht herausgehen kan. Und bey dem allen wuͤrde Geld<lb/>
kein Geld bleiben, wenn die 130 Millionen Pfund Ster-<lb/>
ling auf einmal in Muͤnze verwandelt und unter die<lb/>
Leute gebracht wuͤrden; die Waaren wuͤrden keinen Preis<lb/>
haben, wovon auf einmal fuͤr 130 Millionen vorhan-<lb/>
den waͤre; ſie wuͤrden ihren Beſitzern zur Laſt fallen;<lb/>
und wenn die Anzahl der Kaufleute, welche mit ſo einer<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F f 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">unge-</fw><lb/></hi></quote></cit></div></body></text></TEI>
[457/0475]
und deſſen groſſen Nutzen.
Armeen und Hoͤfe in Deutſchland bezahlt, iſt es nicht
groͤßtentheils wieder zuruͤckgefloſſen, und iſt Deutſchland
nicht eine Wieſe, wovon wir ſo viel mehr Heu geerndtet,
je mehr wir ſie gewaͤſſert und fruchtbar gemacht haben?
Fließen die Reichthuͤmer Deutſchlandes nicht mit einan-
der in die Caſſen der handelnden Nationen? … Aber
es ſey gnug, daß der groͤßte Theil der damals ausgege-
benen Obligationen in den Haͤnden der Nation ſelbſt ge-
blieben, und ſo iſt es ein ausgemachter Satz, daß durch
jenes Anlehn die Capitalien ſeiner Mitglieder damals
anſehnlich vermehret worden. Will man noch eine deut-
lichere Probe: ſo frage man ſich nur einmal ſelbſt: wo
die 130 Millionen Pf. St. welche England jetzt ſchuldig
iſt, und welche den groͤßten Reichthum ſeiner Einwohner
ausmachen, jetzt ſeyn wuͤrden, wenn gar keine Schulden
gemachet worden? Wuͤrden deſſen Einwohner dieſe
Summe am baarem Gelde vorraͤthig haben? Dieſes iſt
nicht moͤglich, ganz Europa hat ſo viel Geld nicht. Wuͤr-
den ſie den Werth dafuͤr an Gruͤnden beſitzen? Das laͤßt
ſich auch ſchwerlich behaupten, da die Grenzen des Lan-
des ſich nicht ausdehnen laſſen, und der erhoͤhete Werth
der Laͤndereyen eben eine Folge des erſchaffenen Reich-
thums, des dadurch vermehrten Handels und der da-
durch zugenommenen Bevoͤlkerung iſt. Wuͤrden ſie ſo
viel mehr Schiffe ſo viel mehr Waaren haben. O auch
dieſe haben ihr Maximum, woruͤber man ohne Gefahr
nicht herausgehen kan. Und bey dem allen wuͤrde Geld
kein Geld bleiben, wenn die 130 Millionen Pfund Ster-
ling auf einmal in Muͤnze verwandelt und unter die
Leute gebracht wuͤrden; die Waaren wuͤrden keinen Preis
haben, wovon auf einmal fuͤr 130 Millionen vorhan-
den waͤre; ſie wuͤrden ihren Beſitzern zur Laſt fallen;
und wenn die Anzahl der Kaufleute, welche mit ſo einer
unge-
F f 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/475>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.