ungeheuren Menge von Waaren handelten, ins unend- liche vermehret worden: so würde einer dem andern den Markt verderben. Wo wären also die 130 Millionen? Sie wären gar nicht vorhanden, und die Nation um so viel ärmer als sie weniger Schulden hätte ........
so will Ihnen doch dieses System nicht recht geläufig werden und Sie rücken immer mit dem Einwurfe heraus: wie es mög- lich sey, daß ein Mann durch Schulden machen reicher wer- den könne?
Der Fehler liegt aber gewiß nicht an der Sache, sondern an der Formel, deren man sich bedienet, um sie auszudrücken, und ich bin versichert, daß die Wahrheit derselben einem je- den einleuchten werde, so bald man sie nur anders ausdrückt. Gesetzt ein Kaufmann lege auf der ersten Messe, die er be- zieht, sein ganzes Capital an, welches aus zehntausend Tha- lern bestehen soll; auf der zweyten lege er wiederum sein eig- nes Geld an und erhalte für 10000 Thaler Waaren auf Cre- dit; auf der dritten Messe finde er für zwanzig tausend, und zuletzt nachdem er durch eine pünktliche Bezahlung sich das vollkommenste Zutrauen erworben, für hundert tausend Tha- ler Credit: so wird er unstreitig immer in dem Verhältniß ge- winnen, als er mehrern Credit erhält und nützt; und wenn man dieses mit obiger Formel ausdrückt: so wird es heissen: Der Kaufmann ist um so viel reicher geworden, als er mehrere Schulden gemacht hat.
O! denkt mancher, das habe ich lange gewußt, und die Gelehrten sollten sich billig schämen, dergleichen Wahrheiten, die der geringste Ladenjunge weis, so unverständlich auszu- drücken. Nun freylich das sollten sie nicht thun; sie könnten sich wohl bisweilen eine minder wichtige Mine geben; in- dessen ist es doch so lange nicht, daß man die Anwendung die-
ser
Von dem oͤffentlichen Credit,
ungeheuren Menge von Waaren handelten, ins unend- liche vermehret worden: ſo wuͤrde einer dem andern den Markt verderben. Wo waͤren alſo die 130 Millionen? Sie waͤren gar nicht vorhanden, und die Nation um ſo viel aͤrmer als ſie weniger Schulden haͤtte ........
ſo will Ihnen doch dieſes Syſtem nicht recht gelaͤufig werden und Sie ruͤcken immer mit dem Einwurfe heraus: wie es moͤg- lich ſey, daß ein Mann durch Schulden machen reicher wer- den koͤnne?
Der Fehler liegt aber gewiß nicht an der Sache, ſondern an der Formel, deren man ſich bedienet, um ſie auszudruͤcken, und ich bin verſichert, daß die Wahrheit derſelben einem je- den einleuchten werde, ſo bald man ſie nur anders ausdruͤckt. Geſetzt ein Kaufmann lege auf der erſten Meſſe, die er be- zieht, ſein ganzes Capital an, welches aus zehntauſend Tha- lern beſtehen ſoll; auf der zweyten lege er wiederum ſein eig- nes Geld an und erhalte fuͤr 10000 Thaler Waaren auf Cre- dit; auf der dritten Meſſe finde er fuͤr zwanzig tauſend, und zuletzt nachdem er durch eine puͤnktliche Bezahlung ſich das vollkommenſte Zutrauen erworben, fuͤr hundert tauſend Tha- ler Credit: ſo wird er unſtreitig immer in dem Verhaͤltniß ge- winnen, als er mehrern Credit erhaͤlt und nuͤtzt; und wenn man dieſes mit obiger Formel ausdruͤckt: ſo wird es heiſſen: Der Kaufmann iſt um ſo viel reicher geworden, als er mehrere Schulden gemacht hat.
O! denkt mancher, das habe ich lange gewußt, und die Gelehrten ſollten ſich billig ſchaͤmen, dergleichen Wahrheiten, die der geringſte Ladenjunge weis, ſo unverſtaͤndlich auszu- druͤcken. Nun freylich das ſollten ſie nicht thun; ſie koͤnnten ſich wohl bisweilen eine minder wichtige Mine geben; in- deſſen iſt es doch ſo lange nicht, daß man die Anwendung die-
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Von dem oͤffentlichen Credit,
ungeheuren Menge von Waaren handelten, ins unend-
liche vermehret worden: ſo wuͤrde einer dem andern den
Markt verderben. Wo waͤren alſo die 130 Millionen?
Sie waͤren gar nicht vorhanden, und die Nation um ſo
viel aͤrmer als ſie weniger Schulden haͤtte ........
ſo will Ihnen doch dieſes Syſtem nicht recht gelaͤufig werden
und Sie ruͤcken immer mit dem Einwurfe heraus: wie es moͤg-
lich ſey, daß ein Mann durch Schulden machen reicher wer-
den koͤnne?
Der Fehler liegt aber gewiß nicht an der Sache, ſondern
an der Formel, deren man ſich bedienet, um ſie auszudruͤcken,
und ich bin verſichert, daß die Wahrheit derſelben einem je-
den einleuchten werde, ſo bald man ſie nur anders ausdruͤckt.
Geſetzt ein Kaufmann lege auf der erſten Meſſe, die er be-
zieht, ſein ganzes Capital an, welches aus zehntauſend Tha-
lern beſtehen ſoll; auf der zweyten lege er wiederum ſein eig-
nes Geld an und erhalte fuͤr 10000 Thaler Waaren auf Cre-
dit; auf der dritten Meſſe finde er fuͤr zwanzig tauſend, und
zuletzt nachdem er durch eine puͤnktliche Bezahlung ſich das
vollkommenſte Zutrauen erworben, fuͤr hundert tauſend Tha-
ler Credit: ſo wird er unſtreitig immer in dem Verhaͤltniß ge-
winnen, als er mehrern Credit erhaͤlt und nuͤtzt; und wenn
man dieſes mit obiger Formel ausdruͤckt: ſo wird es heiſſen:
Der Kaufmann iſt um ſo viel reicher geworden, als er mehrere
Schulden gemacht hat.
O! denkt mancher, das habe ich lange gewußt, und die
Gelehrten ſollten ſich billig ſchaͤmen, dergleichen Wahrheiten,
die der geringſte Ladenjunge weis, ſo unverſtaͤndlich auszu-
druͤcken. Nun freylich das ſollten ſie nicht thun; ſie koͤnnten
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/476>, abgerufen am 22.11.2024.
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