Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

so aus dem Accise Fixo entstanden.
paar Schuh von zehn oder zwanzig Schustern gemacht wer-
den. Verbessert sich das Städtgen dem ungeachtet: so muß
dieses nothwendig von einem auswärtigen Vertrieb seiner
Waaren kommen, und es ist unpolitisch diejenigen, die ihr
Vermögen auf eine solche Art verwenden, durch erhöhete Steu-
ren abzuschrecken.

So richtig diese Betrachtungen sind: so wenig ist es jedoch
zu dulden, wenn jedes Städtgen nun sein eignes kleines poli-
tisches Interesse zum Maaßstabe des Landesinteresse machen,
und eben deswegen, weil es ein gewisses Steuer- oder Accise
geld jährlich aufbringen muß, keine andre Regeln befolgen
will, als solche die in seinen kleinen Kram dienen. Wir er-
fahren dieses jetzt an verschiedenen benachbarten Orten, in-
dem zum Exempel das eine Städtgen, was keinen auswärti-
gen Absatz seiner Waaren hat, alle fremde zu ihm kommende
Waaren zum besten seiner Handwerker mit solchen Auflagen
beschweret, daß kein Fremder weiter dahin etwas verkaufen
kan; wohingegen das andre, das seiner Gelegenheit nach ei-
nen auswärtigen Handel hat, bitterlich klagt, wenn ihm der
auswärtige Nachbar seinen Markt auf gleiche Weise versper-
ret. Da spricht dieses kleine Städtgen, es lasse ja seinen
Markt den Fremden frey, es sey unschuldig an demjenigen,
was das andre Städtgen thue, und es sey jederzeit zu allen
gegenseitigen Gefälligkeiten bereit.

Vorher und ehe jedes Städtgen sein gewisses feststehendes
Steuerquantum hatte, wurden dergleichen Sachen nach all-
gemeinen Grundsätzen behandelt; kein Ort konnte vor sich al-
lein besondre Steuren auf fremde Waaren anlegen, sondern
dieses that der Landesherr, welcher zuförderst erwog, ob er
im Ganzen dabey gewann oder verlohr, und dann seine Maaß-
regeln nahm; wohingegen jetzt, das Städtgen was nach sei-

nem
H h 2

ſo aus dem Acciſe Fixo entſtanden.
paar Schuh von zehn oder zwanzig Schuſtern gemacht wer-
den. Verbeſſert ſich das Staͤdtgen dem ungeachtet: ſo muß
dieſes nothwendig von einem auswaͤrtigen Vertrieb ſeiner
Waaren kommen, und es iſt unpolitiſch diejenigen, die ihr
Vermoͤgen auf eine ſolche Art verwenden, durch erhoͤhete Steu-
ren abzuſchrecken.

So richtig dieſe Betrachtungen ſind: ſo wenig iſt es jedoch
zu dulden, wenn jedes Staͤdtgen nun ſein eignes kleines poli-
tiſches Intereſſe zum Maaßſtabe des Landesintereſſe machen,
und eben deswegen, weil es ein gewiſſes Steuer- oder Acciſe
geld jaͤhrlich aufbringen muß, keine andre Regeln befolgen
will, als ſolche die in ſeinen kleinen Kram dienen. Wir er-
fahren dieſes jetzt an verſchiedenen benachbarten Orten, in-
dem zum Exempel das eine Staͤdtgen, was keinen auswaͤrti-
gen Abſatz ſeiner Waaren hat, alle fremde zu ihm kommende
Waaren zum beſten ſeiner Handwerker mit ſolchen Auflagen
beſchweret, daß kein Fremder weiter dahin etwas verkaufen
kan; wohingegen das andre, das ſeiner Gelegenheit nach ei-
nen auswaͤrtigen Handel hat, bitterlich klagt, wenn ihm der
auswaͤrtige Nachbar ſeinen Markt auf gleiche Weiſe verſper-
ret. Da ſpricht dieſes kleine Staͤdtgen, es laſſe ja ſeinen
Markt den Fremden frey, es ſey unſchuldig an demjenigen,
was das andre Staͤdtgen thue, und es ſey jederzeit zu allen
gegenſeitigen Gefaͤlligkeiten bereit.

Vorher und ehe jedes Staͤdtgen ſein gewiſſes feſtſtehendes
Steuerquantum hatte, wurden dergleichen Sachen nach all-
gemeinen Grundſaͤtzen behandelt; kein Ort konnte vor ſich al-
lein beſondre Steuren auf fremde Waaren anlegen, ſondern
dieſes that der Landesherr, welcher zufoͤrderſt erwog, ob er
im Ganzen dabey gewann oder verlohr, und dann ſeine Maaß-
regeln nahm; wohingegen jetzt, das Staͤdtgen was nach ſei-

nem
H h 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0501" n="483"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">&#x017F;o aus dem Acci&#x017F;e Fixo ent&#x017F;tanden.</hi></fw><lb/>
paar Schuh von zehn oder zwanzig Schu&#x017F;tern gemacht wer-<lb/>
den. Verbe&#x017F;&#x017F;ert &#x017F;ich das Sta&#x0364;dtgen dem ungeachtet: &#x017F;o muß<lb/>
die&#x017F;es nothwendig von einem <hi rendition="#fr">auswa&#x0364;rtigen</hi> Vertrieb &#x017F;einer<lb/>
Waaren kommen, und es i&#x017F;t unpoliti&#x017F;ch diejenigen, die ihr<lb/>
Vermo&#x0364;gen auf eine &#x017F;olche Art verwenden, durch erho&#x0364;hete Steu-<lb/>
ren abzu&#x017F;chrecken.</p><lb/>
        <p>So richtig die&#x017F;e Betrachtungen &#x017F;ind: &#x017F;o wenig i&#x017F;t es jedoch<lb/>
zu dulden, wenn jedes Sta&#x0364;dtgen nun &#x017F;ein eignes kleines poli-<lb/>
ti&#x017F;ches Intere&#x017F;&#x017F;e zum Maaß&#x017F;tabe des Landesintere&#x017F;&#x017F;e machen,<lb/>
und eben deswegen, weil es ein gewi&#x017F;&#x017F;es Steuer- oder Acci&#x017F;e<lb/>
geld ja&#x0364;hrlich aufbringen muß, keine andre Regeln befolgen<lb/>
will, als &#x017F;olche die in &#x017F;einen kleinen Kram dienen. Wir er-<lb/>
fahren die&#x017F;es jetzt an ver&#x017F;chiedenen benachbarten Orten, in-<lb/>
dem zum Exempel das eine Sta&#x0364;dtgen, was keinen auswa&#x0364;rti-<lb/>
gen Ab&#x017F;atz &#x017F;einer Waaren hat, alle fremde zu ihm kommende<lb/>
Waaren zum be&#x017F;ten &#x017F;einer Handwerker mit &#x017F;olchen Auflagen<lb/>
be&#x017F;chweret, daß kein Fremder weiter dahin etwas verkaufen<lb/>
kan; wohingegen das andre, das &#x017F;einer Gelegenheit nach ei-<lb/>
nen auswa&#x0364;rtigen Handel hat, bitterlich klagt, wenn ihm der<lb/>
auswa&#x0364;rtige Nachbar &#x017F;einen Markt auf gleiche Wei&#x017F;e ver&#x017F;per-<lb/>
ret. Da &#x017F;pricht die&#x017F;es kleine Sta&#x0364;dtgen, es la&#x017F;&#x017F;e ja &#x017F;einen<lb/>
Markt den Fremden frey, es &#x017F;ey un&#x017F;chuldig an demjenigen,<lb/>
was das andre Sta&#x0364;dtgen thue, und es &#x017F;ey jederzeit zu allen<lb/>
gegen&#x017F;eitigen Gefa&#x0364;lligkeiten bereit.</p><lb/>
        <p>Vorher und ehe jedes Sta&#x0364;dtgen &#x017F;ein gewi&#x017F;&#x017F;es fe&#x017F;t&#x017F;tehendes<lb/>
Steuerquantum hatte, wurden dergleichen Sachen nach all-<lb/>
gemeinen Grund&#x017F;a&#x0364;tzen behandelt; kein Ort konnte vor &#x017F;ich al-<lb/>
lein be&#x017F;ondre Steuren auf fremde Waaren anlegen, &#x017F;ondern<lb/>
die&#x017F;es that der Landesherr, welcher zufo&#x0364;rder&#x017F;t erwog, ob er<lb/>
im Ganzen dabey gewann oder verlohr, und dann &#x017F;eine Maaß-<lb/>
regeln nahm; wohingegen jetzt, das Sta&#x0364;dtgen was nach &#x017F;ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h 2</fw><fw place="bottom" type="catch">nem</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[483/0501] ſo aus dem Acciſe Fixo entſtanden. paar Schuh von zehn oder zwanzig Schuſtern gemacht wer- den. Verbeſſert ſich das Staͤdtgen dem ungeachtet: ſo muß dieſes nothwendig von einem auswaͤrtigen Vertrieb ſeiner Waaren kommen, und es iſt unpolitiſch diejenigen, die ihr Vermoͤgen auf eine ſolche Art verwenden, durch erhoͤhete Steu- ren abzuſchrecken. So richtig dieſe Betrachtungen ſind: ſo wenig iſt es jedoch zu dulden, wenn jedes Staͤdtgen nun ſein eignes kleines poli- tiſches Intereſſe zum Maaßſtabe des Landesintereſſe machen, und eben deswegen, weil es ein gewiſſes Steuer- oder Acciſe geld jaͤhrlich aufbringen muß, keine andre Regeln befolgen will, als ſolche die in ſeinen kleinen Kram dienen. Wir er- fahren dieſes jetzt an verſchiedenen benachbarten Orten, in- dem zum Exempel das eine Staͤdtgen, was keinen auswaͤrti- gen Abſatz ſeiner Waaren hat, alle fremde zu ihm kommende Waaren zum beſten ſeiner Handwerker mit ſolchen Auflagen beſchweret, daß kein Fremder weiter dahin etwas verkaufen kan; wohingegen das andre, das ſeiner Gelegenheit nach ei- nen auswaͤrtigen Handel hat, bitterlich klagt, wenn ihm der auswaͤrtige Nachbar ſeinen Markt auf gleiche Weiſe verſper- ret. Da ſpricht dieſes kleine Staͤdtgen, es laſſe ja ſeinen Markt den Fremden frey, es ſey unſchuldig an demjenigen, was das andre Staͤdtgen thue, und es ſey jederzeit zu allen gegenſeitigen Gefaͤlligkeiten bereit. Vorher und ehe jedes Staͤdtgen ſein gewiſſes feſtſtehendes Steuerquantum hatte, wurden dergleichen Sachen nach all- gemeinen Grundſaͤtzen behandelt; kein Ort konnte vor ſich al- lein beſondre Steuren auf fremde Waaren anlegen, ſondern dieſes that der Landesherr, welcher zufoͤrderſt erwog, ob er im Ganzen dabey gewann oder verlohr, und dann ſeine Maaß- regeln nahm; wohingegen jetzt, das Staͤdtgen was nach ſei- nem H h 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/501
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/501>, abgerufen am 22.11.2024.