nem eignen politischen Interesse den Fremden seinen Markt erschweret, sich gar nicht darum bekümmert, ob ein anders unter derselben Herrschaft, doppelt so viel dabey verliert.
Was soll indessen der Nachbar in solchen Fällen thun? Soll er dem einen Städtgen, was den Handel frey läßt, nachge- ben? und bloß dem andern, was seinen Markt den Fremden erschweret, den seinigen auch verschliessen, oder soll er die Schuldige mit den Unschuldigen leiden lassen? In den bey- den ersten Fällen wird er gewiß betrogen; denn das Städt- gen, was den Markt frey läßt, zieht seiner Gelegenheit nach von ihm wenig oder nichts; und dasjenige, was ihn versper- ret, hatte seiner am mehrsten nöthig. Also ist es eben so gut, er willige in seinen Schaden, und lasse sich für einen einfäl- tigen Tropf halten, als seine Maaßregeln gegen jedes benach- barte einzelne Städtgen besonders zu nehmen. Das letztere ist hart; aber doch allemal so beschaffen, daß diejenigen welche darunter leiden, es ändern können, wenn sie sich bey ihrer Landesherrschaft dahin bemühen, daß das sperrende Städt- gen nicht nach seinem kleinstädtschen Interesse, sondern nach dem allgemeinen Landes Besten verfahren müsse.
XC. Der alte Rath.
Da liege so lange bis ich dich wieder aufsetze, sagte Sid- nev zu seiner Brille, und warf sie unmuthig vor sich auf den Tisch, da sie seinen verdunkelten Augen nicht mehr die Dienste leisten wollte, die er vielleicht mit Unrecht von ihr forderte. In dem Augenblick trat sein Bedienter herein
und
Der alte Rath.
nem eignen politiſchen Intereſſe den Fremden ſeinen Markt erſchweret, ſich gar nicht darum bekuͤmmert, ob ein anders unter derſelben Herrſchaft, doppelt ſo viel dabey verliert.
Was ſoll indeſſen der Nachbar in ſolchen Faͤllen thun? Soll er dem einen Staͤdtgen, was den Handel frey laͤßt, nachge- ben? und bloß dem andern, was ſeinen Markt den Fremden erſchweret, den ſeinigen auch verſchlieſſen, oder ſoll er die Schuldige mit den Unſchuldigen leiden laſſen? In den bey- den erſten Faͤllen wird er gewiß betrogen; denn das Staͤdt- gen, was den Markt frey laͤßt, zieht ſeiner Gelegenheit nach von ihm wenig oder nichts; und dasjenige, was ihn verſper- ret, hatte ſeiner am mehrſten noͤthig. Alſo iſt es eben ſo gut, er willige in ſeinen Schaden, und laſſe ſich fuͤr einen einfaͤl- tigen Tropf halten, als ſeine Maaßregeln gegen jedes benach- barte einzelne Staͤdtgen beſonders zu nehmen. Das letztere iſt hart; aber doch allemal ſo beſchaffen, daß diejenigen welche darunter leiden, es aͤndern koͤnnen, wenn ſie ſich bey ihrer Landesherrſchaft dahin bemuͤhen, daß das ſperrende Staͤdt- gen nicht nach ſeinem kleinſtaͤdtſchen Intereſſe, ſondern nach dem allgemeinen Landes Beſten verfahren muͤſſe.
XC. Der alte Rath.
Da liege ſo lange bis ich dich wieder aufſetze, ſagte Sid- nev zu ſeiner Brille, und warf ſie unmuthig vor ſich auf den Tiſch, da ſie ſeinen verdunkelten Augen nicht mehr die Dienſte leiſten wollte, die er vielleicht mit Unrecht von ihr forderte. In dem Augenblick trat ſein Bedienter herein
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Der alte Rath.
nem eignen politiſchen Intereſſe den Fremden ſeinen Markt
erſchweret, ſich gar nicht darum bekuͤmmert, ob ein anders
unter derſelben Herrſchaft, doppelt ſo viel dabey verliert.
Was ſoll indeſſen der Nachbar in ſolchen Faͤllen thun? Soll
er dem einen Staͤdtgen, was den Handel frey laͤßt, nachge-
ben? und bloß dem andern, was ſeinen Markt den Fremden
erſchweret, den ſeinigen auch verſchlieſſen, oder ſoll er die
Schuldige mit den Unſchuldigen leiden laſſen? In den bey-
den erſten Faͤllen wird er gewiß betrogen; denn das Staͤdt-
gen, was den Markt frey laͤßt, zieht ſeiner Gelegenheit nach
von ihm wenig oder nichts; und dasjenige, was ihn verſper-
ret, hatte ſeiner am mehrſten noͤthig. Alſo iſt es eben ſo gut,
er willige in ſeinen Schaden, und laſſe ſich fuͤr einen einfaͤl-
tigen Tropf halten, als ſeine Maaßregeln gegen jedes benach-
barte einzelne Staͤdtgen beſonders zu nehmen. Das letztere
iſt hart; aber doch allemal ſo beſchaffen, daß diejenigen welche
darunter leiden, es aͤndern koͤnnen, wenn ſie ſich bey ihrer
Landesherrſchaft dahin bemuͤhen, daß das ſperrende Staͤdt-
gen nicht nach ſeinem kleinſtaͤdtſchen Intereſſe, ſondern nach
dem allgemeinen Landes Beſten verfahren muͤſſe.
XC.
Der alte Rath.
Da liege ſo lange bis ich dich wieder aufſetze, ſagte Sid-
nev zu ſeiner Brille, und warf ſie unmuthig vor ſich
auf den Tiſch, da ſie ſeinen verdunkelten Augen nicht mehr
die Dienſte leiſten wollte, die er vielleicht mit Unrecht von
ihr forderte. In dem Augenblick trat ſein Bedienter herein
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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/502>, abgerufen am 22.11.2024.
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