Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.Die gerichtlichen Vorladungen lich auch der altväterische Gerichtsstyl, wenn er ja in sei-ner Eigenheit bestehen soll, wenigstens so geschliffen werden können, daß das Schleppende abgeschnitten, das Rauhe in Stärke verwandelt, und das Kauderwelsche oder Lateinische ganz darinn vermieden werde? Unerträglich ist es, ich will nicht sagen in den öffent- Demnach N. N. um eine Ladung gebeten -- darauf diese Wozu hier die dreymalige Wiederholung einer Sache, die Auf Ansuchen des Schuldners und gerichtliches Erkennt- Eben so ist es mit dem Generalarrest. Wenn dessen ein- daß Geschmack, völlig unterscheiden würde, zu sinden; und siehe da,
es war weiter nichts, als ein sehr leichtes flüchtiges Spielwerk, womit die Italiäner im vorigen Jahrhundert die Decken in den Zimmern, wie die erste Stucco-Arbelt aufkam, verzierten; halb gothisches Schnitzwerk und dergleichen, so sich zu dem von dem Verfasser wieder angegebenen alten Kaminstücken mit Meerwei- bern und Seehunden am besten schicken: mit einem Worte, der Palmyrensche Geschmack war Marktschreyerey. Die gerichtlichen Vorladungen lich auch der altvaͤteriſche Gerichtsſtyl, wenn er ja in ſei-ner Eigenheit beſtehen ſoll, wenigſtens ſo geſchliffen werden koͤnnen, daß das Schleppende abgeſchnitten, das Rauhe in Staͤrke verwandelt, und das Kauderwelſche oder Lateiniſche ganz darinn vermieden werde? Unertraͤglich iſt es, ich will nicht ſagen in den oͤffent- Demnach N. N. um eine Ladung gebeten — darauf dieſe Wozu hier die dreymalige Wiederholung einer Sache, die Auf Anſuchen des Schuldners und gerichtliches Erkennt- Eben ſo iſt es mit dem Generalarreſt. Wenn deſſen ein- daß Geſchmack, voͤllig unterſcheiden wuͤrde, zu ſinden; und ſiehe da,
es war weiter nichts, als ein ſehr leichtes fluͤchtiges Spielwerk, womit die Italiaͤner im vorigen Jahrhundert die Decken in den Zimmern, wie die erſte Stucco-Arbelt aufkam, verzierten; halb gothiſches Schnitzwerk und dergleichen, ſo ſich zu dem von dem Verfaſſer wieder angegebenen alten Kaminſtuͤcken mit Meerwei- bern und Seehunden am beſten ſchicken: mit einem Worte, der Palmyrenſche Geſchmack war Marktſchreyerey. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0130" n="116"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die gerichtlichen Vorladungen</hi></fw><lb/> lich auch der altvaͤteriſche Gerichtsſtyl, wenn er ja in ſei-<lb/> ner Eigenheit beſtehen ſoll, wenigſtens ſo geſchliffen werden<lb/> koͤnnen, daß das Schleppende abgeſchnitten, das Rauhe in<lb/> Staͤrke verwandelt, und das Kauderwelſche oder Lateiniſche<lb/> ganz darinn vermieden werde?</p><lb/> <p>Unertraͤglich iſt es, ich will nicht ſagen in den oͤffent-<lb/> lichen Vorladungen, ſondern in der Anzeige Ihres Intelli-<lb/> genzblattes, weitlaͤuftig zu leſen.</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Demnach <hi rendition="#aq">N. N.</hi> um eine Ladung gebeten — darauf dieſe<lb/> Ladung erkannt — als werden alle — vorgeladen.</hi> </p><lb/> <p>Wozu hier die dreymalige Wiederholung einer Sache, die<lb/> mit wenigen Worten alſo gefaſſet werden koͤnnte?</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Auf Anſuchen des Schuldners und gerichtliches Erkennt-<lb/> niß werden die Glaͤubiger — auf den vorgeladen.</hi> </p><lb/> <p>Eben ſo iſt es mit dem Generalarreſt. Wenn deſſen ein-<lb/> mal erwehnt iſt: ſo bedarf es der uͤberfluͤßigen Wieder-<lb/> holung,<lb/><hi rendition="#et">daß der mit Arreſt und Kummer befangenen Guͤter An-<lb/> maß- und Verbringung maͤnniglichen <hi rendition="#aq">ſub pœna nulli-<lb/> tat.s inſuperque arbitraria</hi> bis auf weitere gerichtliche<lb/> Verordnung unterſagt ſeyn ſolle,</hi><lb/> gar nicht, indem einem jeden die Wuͤrkung des General-<lb/> arreſts ſattſam bekannt iſt und bekannt ſeyn muß: Es iſt<lb/> nicht noͤthig zu ſagen,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_5_2" prev="#seg2pn_5_1" place="foot" n="*)">Geſchmack, voͤllig unterſcheiden wuͤrde, zu ſinden; und ſiehe da,<lb/> es war weiter nichts, als ein ſehr leichtes fluͤchtiges Spielwerk,<lb/> womit die Italiaͤner im vorigen Jahrhundert die Decken in den<lb/> Zimmern, wie die erſte <hi rendition="#aq">Stucco-</hi>Arbelt aufkam, verzierten; halb<lb/> gothiſches Schnitzwerk und dergleichen, ſo ſich zu dem von dem<lb/> Verfaſſer wieder angegebenen alten Kaminſtuͤcken mit Meerwei-<lb/> bern und Seehunden am beſten ſchicken: mit einem Worte, der<lb/> Palmyrenſche Geſchmack war Marktſchreyerey.</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [116/0130]
Die gerichtlichen Vorladungen
lich auch der altvaͤteriſche Gerichtsſtyl, wenn er ja in ſei-
ner Eigenheit beſtehen ſoll, wenigſtens ſo geſchliffen werden
koͤnnen, daß das Schleppende abgeſchnitten, das Rauhe in
Staͤrke verwandelt, und das Kauderwelſche oder Lateiniſche
ganz darinn vermieden werde?
Unertraͤglich iſt es, ich will nicht ſagen in den oͤffent-
lichen Vorladungen, ſondern in der Anzeige Ihres Intelli-
genzblattes, weitlaͤuftig zu leſen.
Demnach N. N. um eine Ladung gebeten — darauf dieſe
Ladung erkannt — als werden alle — vorgeladen.
Wozu hier die dreymalige Wiederholung einer Sache, die
mit wenigen Worten alſo gefaſſet werden koͤnnte?
Auf Anſuchen des Schuldners und gerichtliches Erkennt-
niß werden die Glaͤubiger — auf den vorgeladen.
Eben ſo iſt es mit dem Generalarreſt. Wenn deſſen ein-
mal erwehnt iſt: ſo bedarf es der uͤberfluͤßigen Wieder-
holung,
daß der mit Arreſt und Kummer befangenen Guͤter An-
maß- und Verbringung maͤnniglichen ſub pœna nulli-
tat.s inſuperque arbitraria bis auf weitere gerichtliche
Verordnung unterſagt ſeyn ſolle,
gar nicht, indem einem jeden die Wuͤrkung des General-
arreſts ſattſam bekannt iſt und bekannt ſeyn muß: Es iſt
nicht noͤthig zu ſagen,
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*) Geſchmack, voͤllig unterſcheiden wuͤrde, zu ſinden; und ſiehe da,
es war weiter nichts, als ein ſehr leichtes fluͤchtiges Spielwerk,
womit die Italiaͤner im vorigen Jahrhundert die Decken in den
Zimmern, wie die erſte Stucco-Arbelt aufkam, verzierten; halb
gothiſches Schnitzwerk und dergleichen, ſo ſich zu dem von dem
Verfaſſer wieder angegebenen alten Kaminſtuͤcken mit Meerwei-
bern und Seehunden am beſten ſchicken: mit einem Worte, der
Palmyrenſche Geſchmack war Marktſchreyerey.
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Zitationshilfe: | Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/130>, abgerufen am 16.02.2025. |