Der Schulmeister, in dem Oßnabrückischen Kirchspiel Langenberg, läßt alle Sonntage dasjenige, was sei- ne Schüler die Woche über geschrieben haben, vor der Kir- che, auf einer Tafel worüber ein Gitter von Drath gezo- gen, zur Schau ausstellen. Die Eltern, wenn sie in die Kirche gehen, bemerken den Fortgang ihrer Kinder; der eine Vater freuet sich daß sein Sohn der beste sey, und der andre, daß der seinige nicht zurück bleiben werde. Diese Freude theilen sie ihren Kindern mit, wenn sie zu Hause kommen, und jedes wird dadurch angeflammt, sich am näch- sten Sonntage noch besser zu zeigen. Sollte dieses nicht Nachahmung verdienen? und ist diese Erfindung nicht so schön und wohl angemessen, als ein Orden für das Ver- dienst?
XXXIV. Sollte man die Kinder nicht im Schwim- men sich üben lassen?
Mit Recht untersagt man den Kindern das Baden in Flüssen und andern Gewässern, weil die Gefahr dabey zu groß ist. Aber man sollte die Gefahr davon neh- men, und dann immerhin baden lassen. Man sollte einen eignen Schwimmermeister dazu halten, unter dessen Auf- sicht die Jugend das Schwimmen lernen, und täglich baden müßte; nicht sowol in der Absicht, damit sie sich in künftigen Nothfällen durch schwimmen retten könnten, obgleich auch diese Absicht nicht ganz zu tadeln wäre, sondern um ihre Gesundheit zu stärken. Nichts findet sich in gewissen Län-
dern
Ein Beyſpiel zur Nachahmung.
Der Schulmeiſter, in dem Oßnabruͤckiſchen Kirchſpiel Langenberg, laͤßt alle Sonntage dasjenige, was ſei- ne Schuͤler die Woche uͤber geſchrieben haben, vor der Kir- che, auf einer Tafel woruͤber ein Gitter von Drath gezo- gen, zur Schau ausſtellen. Die Eltern, wenn ſie in die Kirche gehen, bemerken den Fortgang ihrer Kinder; der eine Vater freuet ſich daß ſein Sohn der beſte ſey, und der andre, daß der ſeinige nicht zuruͤck bleiben werde. Dieſe Freude theilen ſie ihren Kindern mit, wenn ſie zu Hauſe kommen, und jedes wird dadurch angeflammt, ſich am naͤch- ſten Sonntage noch beſſer zu zeigen. Sollte dieſes nicht Nachahmung verdienen? und iſt dieſe Erfindung nicht ſo ſchoͤn und wohl angemeſſen, als ein Orden fuͤr das Ver- dienſt?
XXXIV. Sollte man die Kinder nicht im Schwim- men ſich uͤben laſſen?
Mit Recht unterſagt man den Kindern das Baden in Fluͤſſen und andern Gewaͤſſern, weil die Gefahr dabey zu groß iſt. Aber man ſollte die Gefahr davon neh- men, und dann immerhin baden laſſen. Man ſollte einen eignen Schwimmermeiſter dazu halten, unter deſſen Auf- ſicht die Jugend das Schwimmen lernen, und taͤglich baden muͤßte; nicht ſowol in der Abſicht, damit ſie ſich in kuͤnftigen Nothfaͤllen durch ſchwimmen retten koͤnnten, obgleich auch dieſe Abſicht nicht ganz zu tadeln waͤre, ſondern um ihre Geſundheit zu ſtaͤrken. Nichts findet ſich in gewiſſen Laͤn-
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Ein Beyſpiel zur Nachahmung.
Der Schulmeiſter, in dem Oßnabruͤckiſchen Kirchſpiel
Langenberg, laͤßt alle Sonntage dasjenige, was ſei-
ne Schuͤler die Woche uͤber geſchrieben haben, vor der Kir-
che, auf einer Tafel woruͤber ein Gitter von Drath gezo-
gen, zur Schau ausſtellen. Die Eltern, wenn ſie in die
Kirche gehen, bemerken den Fortgang ihrer Kinder; der
eine Vater freuet ſich daß ſein Sohn der beſte ſey, und der
andre, daß der ſeinige nicht zuruͤck bleiben werde. Dieſe
Freude theilen ſie ihren Kindern mit, wenn ſie zu Hauſe
kommen, und jedes wird dadurch angeflammt, ſich am naͤch-
ſten Sonntage noch beſſer zu zeigen. Sollte dieſes nicht
Nachahmung verdienen? und iſt dieſe Erfindung nicht ſo
ſchoͤn und wohl angemeſſen, als ein Orden fuͤr das Ver-
dienſt?
XXXIV.
Sollte man die Kinder nicht im Schwim-
men ſich uͤben laſſen?
Mit Recht unterſagt man den Kindern das Baden in
Fluͤſſen und andern Gewaͤſſern, weil die Gefahr
dabey zu groß iſt. Aber man ſollte die Gefahr davon neh-
men, und dann immerhin baden laſſen. Man ſollte einen
eignen Schwimmermeiſter dazu halten, unter deſſen Auf-
ſicht die Jugend das Schwimmen lernen, und taͤglich baden
muͤßte; nicht ſowol in der Abſicht, damit ſie ſich in kuͤnftigen
Nothfaͤllen durch ſchwimmen retten koͤnnten, obgleich auch
dieſe Abſicht nicht ganz zu tadeln waͤre, ſondern um ihre
Geſundheit zu ſtaͤrken. Nichts findet ſich in gewiſſen Laͤn-
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Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/155>, abgerufen am 24.11.2024.
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