dieser Art des Verfahrens geleitet werden. Sie haben ih- ren gelehrten Vortrag überaus verbessert, und befleißigen sich in demselben des schönsten Styls, warum wollen Sie nicht einem redlichen Freunde zu gefallen Ihren übrigen Styl eben so verbessern? Warum wollen Sie sich gerade diejeni- gen zum Muster wählen, die für das Publicum glänzen, und für Ihre häuslichen Freunde Tyrannen sind?
XXXVI. Die Häuser des Landmanns im Oßna- brückischen sind in ihrem Plan die besten.
Die Frage, ob die hiesigen Hausleute ihre Wohnungen nicht bequemer einrichten könnten, ist oft aufgewor- fen worden? Diejenige, welche solche zu entscheiden haben, mögen nachfolgende Vortheile der hiesigen Bauart nicht aus der Acht lassen.
Der Heerd ist fast in der Mitte des Hauses, und so- angelegt, daß die Frau, welche bey demselben sitzt, zu gleicher Zeit alles übersehen kann. Ein so grosser und be- quemer Gesichtspunkt ist in keiner andern Art von Gebäu- den. Ohne von ihrem Stuhle aufzustehen, übersieht die Wirthin zu gleicher Zeit drey Thüren, dankt denen die her- ein kommen, heißt solche bey sich niedersetzen, behält ihre Kinder und Gesinde, ihre Pferde und Kühe im Auge, hü- tet Keller, Boden und Kammer, spinnet immerfoct und kocht dabey. Ihre Schlafstelle ist hinter diesem Feuer, und sie behält aus derselben eben diese grosse Aussicht, sieht ihr Gesinde zur Arbeit aufstehen und sich niederlegen, das Feuer anbrennen und verlöschen, und alle Thüren auf und zuge- hen, höret ihr Vieh fressen, die Weberin schlagen, und
beob-
Die Oßnabruͤckiſchen Bauerhaͤuſer
dieſer Art des Verfahrens geleitet werden. Sie haben ih- ren gelehrten Vortrag uͤberaus verbeſſert, und befleißigen ſich in demſelben des ſchoͤnſten Styls, warum wollen Sie nicht einem redlichen Freunde zu gefallen Ihren uͤbrigen Styl eben ſo verbeſſern? Warum wollen Sie ſich gerade diejeni- gen zum Muſter waͤhlen, die fuͤr das Publicum glaͤnzen, und fuͤr Ihre haͤuslichen Freunde Tyrannen ſind?
XXXVI. Die Haͤuſer des Landmanns im Oßna- bruͤckiſchen ſind in ihrem Plan die beſten.
Die Frage, ob die hieſigen Hausleute ihre Wohnungen nicht bequemer einrichten koͤnnten, iſt oft aufgewor- fen worden? Diejenige, welche ſolche zu entſcheiden haben, moͤgen nachfolgende Vortheile der hieſigen Bauart nicht aus der Acht laſſen.
Der Heerd iſt faſt in der Mitte des Hauſes, und ſo- angelegt, daß die Frau, welche bey demſelben ſitzt, zu gleicher Zeit alles uͤberſehen kann. Ein ſo groſſer und be- quemer Geſichtspunkt iſt in keiner andern Art von Gebaͤu- den. Ohne von ihrem Stuhle aufzuſtehen, uͤberſieht die Wirthin zu gleicher Zeit drey Thuͤren, dankt denen die her- ein kommen, heißt ſolche bey ſich niederſetzen, behaͤlt ihre Kinder und Geſinde, ihre Pferde und Kuͤhe im Auge, huͤ- tet Keller, Boden und Kammer, ſpinnet immerfoct und kocht dabey. Ihre Schlafſtelle iſt hinter dieſem Feuer, und ſie behaͤlt aus derſelben eben dieſe groſſe Ausſicht, ſieht ihr Geſinde zur Arbeit aufſtehen und ſich niederlegen, das Feuer anbrennen und verloͤſchen, und alle Thuͤren auf und zuge- hen, hoͤret ihr Vieh freſſen, die Weberin ſchlagen, und
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Die Oßnabruͤckiſchen Bauerhaͤuſer
dieſer Art des Verfahrens geleitet werden. Sie haben ih-
ren gelehrten Vortrag uͤberaus verbeſſert, und befleißigen
ſich in demſelben des ſchoͤnſten Styls, warum wollen Sie
nicht einem redlichen Freunde zu gefallen Ihren uͤbrigen Styl
eben ſo verbeſſern? Warum wollen Sie ſich gerade diejeni-
gen zum Muſter waͤhlen, die fuͤr das Publicum glaͤnzen,
und fuͤr Ihre haͤuslichen Freunde Tyrannen ſind?
XXXVI.
Die Haͤuſer des Landmanns im Oßna-
bruͤckiſchen ſind in ihrem Plan die beſten.
Die Frage, ob die hieſigen Hausleute ihre Wohnungen
nicht bequemer einrichten koͤnnten, iſt oft aufgewor-
fen worden? Diejenige, welche ſolche zu entſcheiden haben,
moͤgen nachfolgende Vortheile der hieſigen Bauart nicht aus
der Acht laſſen.
Der Heerd iſt faſt in der Mitte des Hauſes, und ſo-
angelegt, daß die Frau, welche bey demſelben ſitzt, zu
gleicher Zeit alles uͤberſehen kann. Ein ſo groſſer und be-
quemer Geſichtspunkt iſt in keiner andern Art von Gebaͤu-
den. Ohne von ihrem Stuhle aufzuſtehen, uͤberſieht die
Wirthin zu gleicher Zeit drey Thuͤren, dankt denen die her-
ein kommen, heißt ſolche bey ſich niederſetzen, behaͤlt ihre
Kinder und Geſinde, ihre Pferde und Kuͤhe im Auge, huͤ-
tet Keller, Boden und Kammer, ſpinnet immerfoct und
kocht dabey. Ihre Schlafſtelle iſt hinter dieſem Feuer, und
ſie behaͤlt aus derſelben eben dieſe groſſe Ausſicht, ſieht ihr
Geſinde zur Arbeit aufſtehen und ſich niederlegen, das Feuer
anbrennen und verloͤſchen, und alle Thuͤren auf und zuge-
hen, hoͤret ihr Vieh freſſen, die Weberin ſchlagen, und
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/158>, abgerufen am 16.02.2025.
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