Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.Eine Erzählung, "davon stand etwas Holz, so jedoch nur aus einigen alten"pollsoren und zottigt bemooßten Eichen besteht) und zwar "aus der Gegend dieses Holzes, so daß alle Spatzierende "ihre Ohren wie ihre Füsse dahin richteten. Ich sagte zu "meiner Frauen, wollen wir auch hingehen, wir haben "doch nichts bessers zu thun, weil es noch wohl eine Stunde "währen soll, ehe der Postillion, der dem einen Pferde "noch ein Eisen unterlegen lassen muß, und seine Futter- "säcke noch nicht angefüllet hat, fertig seyn wird. Ja, "sagte meine liebe Frau, wie du willst, ich bin bereit, und "es soll mir recht angenehm seyn, mich noch ein bisgen "zu vertreten. Denn von dem Fahren sind mir die Füsse "etwas angelaufen, und da wir die Nacht fahren wollen, "so ists vielleicht in meinen Umständen gesund, daß ich ein "bischen gehe. Wir folgten also den übrigen nach, und "meine Frau hätte bald den einen Pantoffel verlohren, weil "sie ihre Schuh, wegen des vorerwehnteu Umstandes aus- "gezogen hatte. Wie wir auf dem Felde waren, hörten "wir immer mehr schreyen; ich dachte, was Henker mag "da zu thun seyn, es giebt doch in dem Holze wohl keine "Räuber, diese können sich gewiß nicht darin aufhalten, da "sich kaum ein Hase darin verbergen kann; und wenn es "auch wäre: so sind unser so viel, daß sie uns nichts thun "sollen. Doch war mir Angst, meine Frau mögte sich in "ihren Umständen erschrecken, und so entschloß ich mich, "eben mit ihr wieder zurück zu kehren, als ich ein lautes "Gelächter hörte. Nun sprach ich zu meiner Frau, hier "wird gewiß nichts schreckhaftes seyn, wir wollen in Got- "tes Namen hingehen. Wirf aber meinen Ueberrock über "dich, damit du dich nicht verkältest, denn es war doch et- "was frisch geworden, und ich hatte meinen Ueberrock, den "ich auf der Reise zu tragen pflege, anbehalten. Wir "giengen also getrost fort. Wie wir hinkamen, sahen wir eine
Eine Erzaͤhlung, „davon ſtand etwas Holz, ſo jedoch nur aus einigen alten„pollſoren und zottigt bemooßten Eichen beſteht) und zwar „aus der Gegend dieſes Holzes, ſo daß alle Spatzierende „ihre Ohren wie ihre Fuͤſſe dahin richteten. Ich ſagte zu „meiner Frauen, wollen wir auch hingehen, wir haben „doch nichts beſſers zu thun, weil es noch wohl eine Stunde „waͤhren ſoll, ehe der Poſtillion, der dem einen Pferde „noch ein Eiſen unterlegen laſſen muß, und ſeine Futter- „ſaͤcke noch nicht angefuͤllet hat, fertig ſeyn wird. Ja, „ſagte meine liebe Frau, wie du willſt, ich bin bereit, und „es ſoll mir recht angenehm ſeyn, mich noch ein bisgen „zu vertreten. Denn von dem Fahren ſind mir die Fuͤſſe „etwas angelaufen, und da wir die Nacht fahren wollen, „ſo iſts vielleicht in meinen Umſtaͤnden geſund, daß ich ein „bischen gehe. Wir folgten alſo den uͤbrigen nach, und „meine Frau haͤtte bald den einen Pantoffel verlohren, weil „ſie ihre Schuh, wegen des vorerwehnteu Umſtandes aus- „gezogen hatte. Wie wir auf dem Felde waren, hoͤrten „wir immer mehr ſchreyen; ich dachte, was Henker mag „da zu thun ſeyn, es giebt doch in dem Holze wohl keine „Raͤuber, dieſe koͤnnen ſich gewiß nicht darin aufhalten, da „ſich kaum ein Haſe darin verbergen kann; und wenn es „auch waͤre: ſo ſind unſer ſo viel, daß ſie uns nichts thun „ſollen. Doch war mir Angſt, meine Frau moͤgte ſich in „ihren Umſtaͤnden erſchrecken, und ſo entſchloß ich mich, „eben mit ihr wieder zuruͤck zu kehren, als ich ein lautes „Gelaͤchter hoͤrte. Nun ſprach ich zu meiner Frau, hier „wird gewiß nichts ſchreckhaftes ſeyn, wir wollen in Got- „tes Namen hingehen. Wirf aber meinen Ueberrock uͤber „dich, damit du dich nicht verkaͤlteſt, denn es war doch et- „was friſch geworden, und ich hatte meinen Ueberrock, den „ich auf der Reiſe zu tragen pflege, anbehalten. Wir „giengen alſo getroſt fort. Wie wir hinkamen, ſahen wir eine
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0170" n="156"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Eine Erzaͤhlung,</hi></fw><lb/> „davon ſtand etwas Holz, ſo jedoch nur aus einigen alten<lb/> „pollſoren und zottigt bemooßten Eichen beſteht) und zwar<lb/> „aus der Gegend dieſes Holzes, ſo daß alle Spatzierende<lb/> „ihre Ohren wie ihre Fuͤſſe dahin richteten. Ich ſagte zu<lb/> „meiner Frauen, wollen wir auch hingehen, wir haben<lb/> „doch nichts beſſers zu thun, weil es noch wohl eine Stunde<lb/> „waͤhren ſoll, ehe der Poſtillion, der dem einen Pferde<lb/> „noch ein Eiſen unterlegen laſſen muß, und ſeine Futter-<lb/> „ſaͤcke noch nicht angefuͤllet hat, fertig ſeyn wird. Ja,<lb/> „ſagte meine liebe Frau, wie du willſt, ich bin bereit, und<lb/> „es ſoll mir recht angenehm ſeyn, mich noch ein bisgen<lb/> „zu vertreten. Denn von dem Fahren ſind mir die Fuͤſſe<lb/> „etwas angelaufen, und da wir die Nacht fahren wollen,<lb/> „ſo iſts vielleicht in meinen Umſtaͤnden geſund, daß ich ein<lb/> „bischen gehe. Wir folgten alſo den uͤbrigen nach, und<lb/> „meine Frau haͤtte bald den einen Pantoffel verlohren, weil<lb/> „ſie ihre Schuh, wegen des vorerwehnteu Umſtandes aus-<lb/> „gezogen hatte. Wie wir auf dem Felde waren, hoͤrten<lb/> „wir immer mehr ſchreyen; ich dachte, was Henker mag<lb/> „da zu thun ſeyn, es giebt doch in dem Holze wohl keine<lb/> „Raͤuber, dieſe koͤnnen ſich gewiß nicht darin aufhalten, da<lb/> „ſich kaum ein Haſe darin verbergen kann; und wenn es<lb/> „auch waͤre: ſo ſind unſer ſo viel, daß ſie uns nichts thun<lb/> „ſollen. Doch war mir Angſt, meine Frau moͤgte ſich in<lb/> „ihren Umſtaͤnden erſchrecken, und ſo entſchloß ich mich,<lb/> „eben mit ihr wieder zuruͤck zu kehren, als ich ein lautes<lb/> „Gelaͤchter hoͤrte. Nun ſprach ich zu meiner Frau, hier<lb/> „wird gewiß nichts ſchreckhaftes ſeyn, wir wollen in Got-<lb/> „tes Namen hingehen. Wirf aber meinen Ueberrock uͤber<lb/> „dich, damit du dich nicht verkaͤlteſt, denn es war doch et-<lb/> „was friſch geworden, und ich hatte meinen Ueberrock, den<lb/> „ich auf der Reiſe zu tragen pflege, anbehalten. Wir<lb/> „giengen alſo getroſt fort. Wie wir hinkamen, ſahen wir<lb/> <fw place="bottom" type="catch">eine</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [156/0170]
Eine Erzaͤhlung,
„davon ſtand etwas Holz, ſo jedoch nur aus einigen alten
„pollſoren und zottigt bemooßten Eichen beſteht) und zwar
„aus der Gegend dieſes Holzes, ſo daß alle Spatzierende
„ihre Ohren wie ihre Fuͤſſe dahin richteten. Ich ſagte zu
„meiner Frauen, wollen wir auch hingehen, wir haben
„doch nichts beſſers zu thun, weil es noch wohl eine Stunde
„waͤhren ſoll, ehe der Poſtillion, der dem einen Pferde
„noch ein Eiſen unterlegen laſſen muß, und ſeine Futter-
„ſaͤcke noch nicht angefuͤllet hat, fertig ſeyn wird. Ja,
„ſagte meine liebe Frau, wie du willſt, ich bin bereit, und
„es ſoll mir recht angenehm ſeyn, mich noch ein bisgen
„zu vertreten. Denn von dem Fahren ſind mir die Fuͤſſe
„etwas angelaufen, und da wir die Nacht fahren wollen,
„ſo iſts vielleicht in meinen Umſtaͤnden geſund, daß ich ein
„bischen gehe. Wir folgten alſo den uͤbrigen nach, und
„meine Frau haͤtte bald den einen Pantoffel verlohren, weil
„ſie ihre Schuh, wegen des vorerwehnteu Umſtandes aus-
„gezogen hatte. Wie wir auf dem Felde waren, hoͤrten
„wir immer mehr ſchreyen; ich dachte, was Henker mag
„da zu thun ſeyn, es giebt doch in dem Holze wohl keine
„Raͤuber, dieſe koͤnnen ſich gewiß nicht darin aufhalten, da
„ſich kaum ein Haſe darin verbergen kann; und wenn es
„auch waͤre: ſo ſind unſer ſo viel, daß ſie uns nichts thun
„ſollen. Doch war mir Angſt, meine Frau moͤgte ſich in
„ihren Umſtaͤnden erſchrecken, und ſo entſchloß ich mich,
„eben mit ihr wieder zuruͤck zu kehren, als ich ein lautes
„Gelaͤchter hoͤrte. Nun ſprach ich zu meiner Frau, hier
„wird gewiß nichts ſchreckhaftes ſeyn, wir wollen in Got-
„tes Namen hingehen. Wirf aber meinen Ueberrock uͤber
„dich, damit du dich nicht verkaͤlteſt, denn es war doch et-
„was friſch geworden, und ich hatte meinen Ueberrock, den
„ich auf der Reiſe zu tragen pflege, anbehalten. Wir
„giengen alſo getroſt fort. Wie wir hinkamen, ſahen wir
eine
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeFür das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |