Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.Vom Hüten der Schweine. det man an vielen Orten Deutschlandes so genannte Feld-hüter und Feldschützen, welche das Vieh, was zu Scha- den geht, ohne Erwartung einer Klage von dem Beschä- digten, Amts halber zur Rüge bringen; es finden sich b) Gerichtsbarkeiten, welche den Feldschützen zu setzen und zu besolden haben, mithin dafür auch die Bruchfälle geniessen; wir haben c) in der ofnen Mark hieselbst Mahl- leute, welche Amts halber die Markbrüche rügen müssen, und es hängt nicht von den Markgenossen ab, sich unter einander den Schaden zu verzeihen, oder solchen nach ihrem Gefallen zu bestrafen, ob es gleich auch besondre Ausnahmen von dieser Regel giebt. Gesetzt nun eine Obrigkeit habe von langer Zeit die Feldschäden durch einen Fiscus rügen lassen, sollte denn nicht die rechtliche Ver- muthung eintreten, daß derselbe die Stelle des Feld- schützen vertrete, und die Obrigkeit für dessen Unterhaltung die Bruchfälle geniesse? Ich zweifle, daß man dieser starken Rechtsvermuthung So mögte ich es doch ungern einräumen, daß Feldge- digte, O 4
Vom Huͤten der Schweine. det man an vielen Orten Deutſchlandes ſo genannte Feld-huͤter und Feldſchuͤtzen, welche das Vieh, was zu Scha- den geht, ohne Erwartung einer Klage von dem Beſchaͤ- digten, Amts halber zur Ruͤge bringen; es finden ſich b) Gerichtsbarkeiten, welche den Feldſchuͤtzen zu ſetzen und zu beſolden haben, mithin dafuͤr auch die Bruchfaͤlle genieſſen; wir haben c) in der ofnen Mark hieſelbſt Mahl- leute, welche Amts halber die Markbruͤche ruͤgen muͤſſen, und es haͤngt nicht von den Markgenoſſen ab, ſich unter einander den Schaden zu verzeihen, oder ſolchen nach ihrem Gefallen zu beſtrafen, ob es gleich auch beſondre Ausnahmen von dieſer Regel giebt. Geſetzt nun eine Obrigkeit habe von langer Zeit die Feldſchaͤden durch einen Fiſcus ruͤgen laſſen, ſollte denn nicht die rechtliche Ver- muthung eintreten, daß derſelbe die Stelle des Feld- ſchuͤtzen vertrete, und die Obrigkeit fuͤr deſſen Unterhaltung die Bruchfaͤlle genieſſe? Ich zweifle, daß man dieſer ſtarken Rechtsvermuthung So moͤgte ich es doch ungern einraͤumen, daß Feldge- digte, O 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0229" n="215"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vom Huͤten der Schweine.</hi></fw><lb/> det man an vielen Orten Deutſchlandes ſo genannte Feld-<lb/> huͤter und Feldſchuͤtzen, welche das Vieh, was zu Scha-<lb/> den geht, ohne Erwartung einer Klage von dem Beſchaͤ-<lb/> digten, Amts halber zur Ruͤge bringen; es finden ſich<lb/><hi rendition="#aq">b)</hi> Gerichtsbarkeiten, welche den Feldſchuͤtzen zu ſetzen<lb/> und zu beſolden haben, mithin dafuͤr auch die Bruchfaͤlle<lb/> genieſſen; wir haben <hi rendition="#aq">c)</hi> in der ofnen Mark hieſelbſt Mahl-<lb/> leute, welche Amts halber die Markbruͤche ruͤgen muͤſſen,<lb/> und es haͤngt nicht von den Markgenoſſen ab, ſich unter<lb/> einander den Schaden zu verzeihen, oder ſolchen nach<lb/> ihrem Gefallen zu beſtrafen, ob es gleich auch beſondre<lb/> Ausnahmen von dieſer Regel giebt. Geſetzt nun eine<lb/> Obrigkeit habe von langer Zeit die Feldſchaͤden durch einen<lb/> Fiſcus ruͤgen laſſen, ſollte denn nicht die rechtliche Ver-<lb/> muthung eintreten, daß derſelbe die Stelle des Feld-<lb/> ſchuͤtzen vertrete, und die Obrigkeit fuͤr deſſen Unterhaltung<lb/> die Bruchfaͤlle genieſſe?</p><lb/> <p>Ich zweifle, daß man dieſer ſtarken Rechtsvermuthung<lb/> etwas anders mit Beſtande entgegen ſetzen koͤnne, als die-<lb/> ſes, daß es nemlich in dem Willkuͤhr der Feldgenoſſen be-<lb/> ruhen muͤſſe, ob ſie den alten Contrakt, wodurch die Obrig-<lb/> keit von ihnen um den Feldſchutz erſuchet worden, wieder<lb/> aufkuͤndigen wollen oder nicht. Allein ſo gern ich einraͤu-<lb/> me, daß eine Obrigkeit ihre Rechte nachgeben muͤſſe, ſo bald<lb/> es die gemeine Wohlfarth und ein groͤſſerer Zweck erfor-<lb/> dert, weil ihr Recht, wenn es auch die laͤngſte Verjaͤhrung<lb/> fuͤr ſich hat, dieſe Nachgebung zum unausloͤſchlichen Cha-<lb/> rakter hat:</p><lb/> <p>So moͤgte ich es doch ungern einraͤumen, daß Feldge-<lb/> noſſen dergleichen alte Contrakte ſogleich ohne Unterſchied<lb/> aufkuͤndigen koͤnnten. Die hieſigen Holzgrafen, denen nach<lb/> getheilter Mark, die Natur ſelbſt ihr Richteramt aufkuͤn-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">O 4</fw><fw place="bottom" type="catch">digte,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [215/0229]
Vom Huͤten der Schweine.
det man an vielen Orten Deutſchlandes ſo genannte Feld-
huͤter und Feldſchuͤtzen, welche das Vieh, was zu Scha-
den geht, ohne Erwartung einer Klage von dem Beſchaͤ-
digten, Amts halber zur Ruͤge bringen; es finden ſich
b) Gerichtsbarkeiten, welche den Feldſchuͤtzen zu ſetzen
und zu beſolden haben, mithin dafuͤr auch die Bruchfaͤlle
genieſſen; wir haben c) in der ofnen Mark hieſelbſt Mahl-
leute, welche Amts halber die Markbruͤche ruͤgen muͤſſen,
und es haͤngt nicht von den Markgenoſſen ab, ſich unter
einander den Schaden zu verzeihen, oder ſolchen nach
ihrem Gefallen zu beſtrafen, ob es gleich auch beſondre
Ausnahmen von dieſer Regel giebt. Geſetzt nun eine
Obrigkeit habe von langer Zeit die Feldſchaͤden durch einen
Fiſcus ruͤgen laſſen, ſollte denn nicht die rechtliche Ver-
muthung eintreten, daß derſelbe die Stelle des Feld-
ſchuͤtzen vertrete, und die Obrigkeit fuͤr deſſen Unterhaltung
die Bruchfaͤlle genieſſe?
Ich zweifle, daß man dieſer ſtarken Rechtsvermuthung
etwas anders mit Beſtande entgegen ſetzen koͤnne, als die-
ſes, daß es nemlich in dem Willkuͤhr der Feldgenoſſen be-
ruhen muͤſſe, ob ſie den alten Contrakt, wodurch die Obrig-
keit von ihnen um den Feldſchutz erſuchet worden, wieder
aufkuͤndigen wollen oder nicht. Allein ſo gern ich einraͤu-
me, daß eine Obrigkeit ihre Rechte nachgeben muͤſſe, ſo bald
es die gemeine Wohlfarth und ein groͤſſerer Zweck erfor-
dert, weil ihr Recht, wenn es auch die laͤngſte Verjaͤhrung
fuͤr ſich hat, dieſe Nachgebung zum unausloͤſchlichen Cha-
rakter hat:
So moͤgte ich es doch ungern einraͤumen, daß Feldge-
noſſen dergleichen alte Contrakte ſogleich ohne Unterſchied
aufkuͤndigen koͤnnten. Die hieſigen Holzgrafen, denen nach
getheilter Mark, die Natur ſelbſt ihr Richteramt aufkuͤn-
digte,
O 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeFür das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |