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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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als die Ausheurung der Bauerhöfe.
welche nichts übrig haben, weiter nichts als leere Namen
auf dem Papier, und die andern müssen noch dazu für sie
bezahlen. Fordert der Staat, zur Zeit einer gemeinen
Noth, in der Voraussetzung, daß zweyhundert Wirthe da
sind, eine Hülfe: so ist die Hälfte davon blind; und steigt
die Noth zu einer gewissen Höhe, so, daß die Heuerleute
nichts mehr zu verliehren haben: so entweichen sie aus dem
Staat, und verlassen ihre Mitbürger, mit denen sie viel-
leicht mehrere Jahrhunderte alle Vortheile der Ruhe, des
Schutzes, und der Landnutzung getheilet haben. Die Ge-
setzgebung muß ferner zum Nachtheil der Eigenthümer Leib-
und Lebensstrafen einführen, weil die Landesverweisung für
einen Heuerling keine Strafe bleibt; oder sie muß wohl gar
auf Kosten der Eigenthümer, für welche die Verweisung
eine überaus schwere Strafe ist, ein Zuchthaus anlegen,
um die Flüchtlinge in Ordnung zu halten.

Aus diesen und mehrern Gründen, welche ich jetzt nicht
anführen will, litten sie auf schatzbaren Höfen keine Heuer-
leute, sondern forderten bey ihrer Vereinigung, wie die öf-
fentliche Sicherheit nicht anders, als durch den Wirth vom
Hofe mit seinem ganzen Vermögen behauptet werden konnte,
einen freyen wehrhaften Mann, ohne Schulden und Pri-
vatabgiften. Die Mitglieder des Staats rechneten sich da-
mals gegen einander, wie Besitzer von ganzen Actien die
baar zur gemeinschaftlichen Casse erleget sind. Wie aber
die Sicherheit gegründet war, und die Vertheidigungsan-
stalten sich änderten oder verminderten, und gleichsam die
halbe Actie zurück bezahlet werden konnte: so hatte auch
der Staat an dem halben Hofe Bürgschaft genug, und nun
war es dem Eigenthümer frey, diese dem Staate unver-
bundene Hälfte nach Gefallen zu gebrauchen; und so konnte
zuerst ein Pacht- oder Erbpacht, ein Zins- oder Erbzins-
contract, oder eine andre Art von Colonat entstehen, in

Ge-
Mös. patr. Phant. III. Th. T

als die Ausheurung der Bauerhoͤfe.
welche nichts uͤbrig haben, weiter nichts als leere Namen
auf dem Papier, und die andern muͤſſen noch dazu fuͤr ſie
bezahlen. Fordert der Staat, zur Zeit einer gemeinen
Noth, in der Vorausſetzung, daß zweyhundert Wirthe da
ſind, eine Huͤlfe: ſo iſt die Haͤlfte davon blind; und ſteigt
die Noth zu einer gewiſſen Hoͤhe, ſo, daß die Heuerleute
nichts mehr zu verliehren haben: ſo entweichen ſie aus dem
Staat, und verlaſſen ihre Mitbuͤrger, mit denen ſie viel-
leicht mehrere Jahrhunderte alle Vortheile der Ruhe, des
Schutzes, und der Landnutzung getheilet haben. Die Ge-
ſetzgebung muß ferner zum Nachtheil der Eigenthuͤmer Leib-
und Lebensſtrafen einfuͤhren, weil die Landesverweiſung fuͤr
einen Heuerling keine Strafe bleibt; oder ſie muß wohl gar
auf Koſten der Eigenthuͤmer, fuͤr welche die Verweiſung
eine uͤberaus ſchwere Strafe iſt, ein Zuchthaus anlegen,
um die Fluͤchtlinge in Ordnung zu halten.

Aus dieſen und mehrern Gruͤnden, welche ich jetzt nicht
anfuͤhren will, litten ſie auf ſchatzbaren Hoͤfen keine Heuer-
leute, ſondern forderten bey ihrer Vereinigung, wie die oͤf-
fentliche Sicherheit nicht anders, als durch den Wirth vom
Hofe mit ſeinem ganzen Vermoͤgen behauptet werden konnte,
einen freyen wehrhaften Mann, ohne Schulden und Pri-
vatabgiften. Die Mitglieder des Staats rechneten ſich da-
mals gegen einander, wie Beſitzer von ganzen Actien die
baar zur gemeinſchaftlichen Caſſe erleget ſind. Wie aber
die Sicherheit gegruͤndet war, und die Vertheidigungsan-
ſtalten ſich aͤnderten oder verminderten, und gleichſam die
halbe Actie zuruͤck bezahlet werden konnte: ſo hatte auch
der Staat an dem halben Hofe Buͤrgſchaft genug, und nun
war es dem Eigenthuͤmer frey, dieſe dem Staate unver-
bundene Haͤlfte nach Gefallen zu gebrauchen; und ſo konnte
zuerſt ein Pacht- oder Erbpacht, ein Zins- oder Erbzins-
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Ge-
Moͤſ. patr. Phant. III. Th. T
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[289/0303] als die Ausheurung der Bauerhoͤfe. welche nichts uͤbrig haben, weiter nichts als leere Namen auf dem Papier, und die andern muͤſſen noch dazu fuͤr ſie bezahlen. Fordert der Staat, zur Zeit einer gemeinen Noth, in der Vorausſetzung, daß zweyhundert Wirthe da ſind, eine Huͤlfe: ſo iſt die Haͤlfte davon blind; und ſteigt die Noth zu einer gewiſſen Hoͤhe, ſo, daß die Heuerleute nichts mehr zu verliehren haben: ſo entweichen ſie aus dem Staat, und verlaſſen ihre Mitbuͤrger, mit denen ſie viel- leicht mehrere Jahrhunderte alle Vortheile der Ruhe, des Schutzes, und der Landnutzung getheilet haben. Die Ge- ſetzgebung muß ferner zum Nachtheil der Eigenthuͤmer Leib- und Lebensſtrafen einfuͤhren, weil die Landesverweiſung fuͤr einen Heuerling keine Strafe bleibt; oder ſie muß wohl gar auf Koſten der Eigenthuͤmer, fuͤr welche die Verweiſung eine uͤberaus ſchwere Strafe iſt, ein Zuchthaus anlegen, um die Fluͤchtlinge in Ordnung zu halten. Aus dieſen und mehrern Gruͤnden, welche ich jetzt nicht anfuͤhren will, litten ſie auf ſchatzbaren Hoͤfen keine Heuer- leute, ſondern forderten bey ihrer Vereinigung, wie die oͤf- fentliche Sicherheit nicht anders, als durch den Wirth vom Hofe mit ſeinem ganzen Vermoͤgen behauptet werden konnte, einen freyen wehrhaften Mann, ohne Schulden und Pri- vatabgiften. Die Mitglieder des Staats rechneten ſich da- mals gegen einander, wie Beſitzer von ganzen Actien die baar zur gemeinſchaftlichen Caſſe erleget ſind. Wie aber die Sicherheit gegruͤndet war, und die Vertheidigungsan- ſtalten ſich aͤnderten oder verminderten, und gleichſam die halbe Actie zuruͤck bezahlet werden konnte: ſo hatte auch der Staat an dem halben Hofe Buͤrgſchaft genug, und nun war es dem Eigenthuͤmer frey, dieſe dem Staate unver- bundene Haͤlfte nach Gefallen zu gebrauchen; und ſo konnte zuerſt ein Pacht- oder Erbpacht, ein Zins- oder Erbzins- contract, oder eine andre Art von Colonat entſtehen, in Ge- Moͤſ. patr. Phant. III. Th. T

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/303>, abgerufen am 24.11.2024.