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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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Betrachtungen über die Abäusserungs-
ob der Pflichtige blos unter der Gutsherrlichen Vogtey
oder auch zugleich unter einem ursprünglichen Pachtcon-
trakt stehe? Schuldkorn ist kein Pachtkorn. Ein Schuld-
oder Holzschwein ist kein Pachtschwein. Das Dienstgeld
was für die Vogteyfrohne bezahlet wird, ist kein Pacht-
geld; Spanndienste, so in der Stelle der Frohnen getre-
ten; Herbst und Mayschatzgelder, Schutzrinder, Zehnt-
korn und was dergleichen mehr sind, die sowohl Leibeigne
als Freye entrichten, setzen keinen Pachtcontrakt, sondern
die vogteyliche Befugniß voraus, und die Verwechselung
dieser ganz unterschiedenen Begriffe hat bisher jene für je-
den leibeigenen Pächter nicht unbillige Verordnung völlig
unbrauchbar gemacht, und mehrmalen die Frage veran-
lasset: Ob dann ein Leibeigener, der von dem größten
Hofe jährlich nur einen Schilling entrichtet, sofort abge-
äussert werden könne, wenn er mehrere Schulden gemacht,
als mit dem dritten Theil dieses Schillings zu drey 3 p. C.
verzinset werden konnten? Wo steht es aber geschrieben,
daß dieser Schilling eine Pacht sey? Die Alten sind keine
solche Narren gewesen, daß sie einen Hof so wohlfeil ver-
pachtet haben sollten. Wahre Pächte, sind dem Ertrag
des Hofes, nach Abzug der öffentlichen Vertheidigung des-
selben, ziemlich angemessen, und sie unterscheiden sich
durch ihre Grösse leicht von vogteylichen Gefällen.

Eine andere Ursach der Abäusserung in der Eigenthums-
ordnung, nemlich diese:

Wann eine eigenbehörige Person sich dem schändlichen
Hurenleben ergiebt, imgleichen Ehebruch oder Diebstal
begehet, oder sonst einer groben Missethat überführet
wird, wodurch dem Erbe eine schwere Last zuwächst;
so ist solches alleinig pro causa discussionis zu achten.

hat

Betrachtungen uͤber die Abaͤuſſerungs-
ob der Pflichtige blos unter der Gutsherrlichen Vogtey
oder auch zugleich unter einem urſpruͤnglichen Pachtcon-
trakt ſtehe? Schuldkorn iſt kein Pachtkorn. Ein Schuld-
oder Holzſchwein iſt kein Pachtſchwein. Das Dienſtgeld
was fuͤr die Vogteyfrohne bezahlet wird, iſt kein Pacht-
geld; Spanndienſte, ſo in der Stelle der Frohnen getre-
ten; Herbſt und Mayſchatzgelder, Schutzrinder, Zehnt-
korn und was dergleichen mehr ſind, die ſowohl Leibeigne
als Freye entrichten, ſetzen keinen Pachtcontrakt, ſondern
die vogteyliche Befugniß voraus, und die Verwechſelung
dieſer ganz unterſchiedenen Begriffe hat bisher jene fuͤr je-
den leibeigenen Paͤchter nicht unbillige Verordnung voͤllig
unbrauchbar gemacht, und mehrmalen die Frage veran-
laſſet: Ob dann ein Leibeigener, der von dem groͤßten
Hofe jaͤhrlich nur einen Schilling entrichtet, ſofort abge-
aͤuſſert werden koͤnne, wenn er mehrere Schulden gemacht,
als mit dem dritten Theil dieſes Schillings zu drey 3 p. C.
verzinſet werden konnten? Wo ſteht es aber geſchrieben,
daß dieſer Schilling eine Pacht ſey? Die Alten ſind keine
ſolche Narren geweſen, daß ſie einen Hof ſo wohlfeil ver-
pachtet haben ſollten. Wahre Paͤchte, ſind dem Ertrag
des Hofes, nach Abzug der oͤffentlichen Vertheidigung deſ-
ſelben, ziemlich angemeſſen, und ſie unterſcheiden ſich
durch ihre Groͤſſe leicht von vogteylichen Gefaͤllen.

Eine andere Urſach der Abaͤuſſerung in der Eigenthums-
ordnung, nemlich dieſe:

Wann eine eigenbehoͤrige Perſon ſich dem ſchaͤndlichen
Hurenleben ergiebt, imgleichen Ehebruch oder Diebſtal
begehet, oder ſonſt einer groben Miſſethat uͤberfuͤhret
wird, wodurch dem Erbe eine ſchwere Laſt zuwaͤchſt;
ſo iſt ſolches alleinig pro cauſa diſcuſſionis zu achten.

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[332/0346] Betrachtungen uͤber die Abaͤuſſerungs- ob der Pflichtige blos unter der Gutsherrlichen Vogtey oder auch zugleich unter einem urſpruͤnglichen Pachtcon- trakt ſtehe? Schuldkorn iſt kein Pachtkorn. Ein Schuld- oder Holzſchwein iſt kein Pachtſchwein. Das Dienſtgeld was fuͤr die Vogteyfrohne bezahlet wird, iſt kein Pacht- geld; Spanndienſte, ſo in der Stelle der Frohnen getre- ten; Herbſt und Mayſchatzgelder, Schutzrinder, Zehnt- korn und was dergleichen mehr ſind, die ſowohl Leibeigne als Freye entrichten, ſetzen keinen Pachtcontrakt, ſondern die vogteyliche Befugniß voraus, und die Verwechſelung dieſer ganz unterſchiedenen Begriffe hat bisher jene fuͤr je- den leibeigenen Paͤchter nicht unbillige Verordnung voͤllig unbrauchbar gemacht, und mehrmalen die Frage veran- laſſet: Ob dann ein Leibeigener, der von dem groͤßten Hofe jaͤhrlich nur einen Schilling entrichtet, ſofort abge- aͤuſſert werden koͤnne, wenn er mehrere Schulden gemacht, als mit dem dritten Theil dieſes Schillings zu drey 3 p. C. verzinſet werden konnten? Wo ſteht es aber geſchrieben, daß dieſer Schilling eine Pacht ſey? Die Alten ſind keine ſolche Narren geweſen, daß ſie einen Hof ſo wohlfeil ver- pachtet haben ſollten. Wahre Paͤchte, ſind dem Ertrag des Hofes, nach Abzug der oͤffentlichen Vertheidigung deſ- ſelben, ziemlich angemeſſen, und ſie unterſcheiden ſich durch ihre Groͤſſe leicht von vogteylichen Gefaͤllen. Eine andere Urſach der Abaͤuſſerung in der Eigenthums- ordnung, nemlich dieſe: Wann eine eigenbehoͤrige Perſon ſich dem ſchaͤndlichen Hurenleben ergiebt, imgleichen Ehebruch oder Diebſtal begehet, oder ſonſt einer groben Miſſethat uͤberfuͤhret wird, wodurch dem Erbe eine ſchwere Laſt zuwaͤchſt; ſo iſt ſolches alleinig pro cauſa diſcuſſionis zu achten. hat

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/346>, abgerufen am 24.11.2024.