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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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oder Abmeyerungsursachen.

hat sehr vieles von ihrem innerlichen Gehalte verlohren,
weil man hier blos auf das Verhältniß zwischen den Leib-
eignen und Gutsherrn als Erbverpächtern gesehen hat;
der allenfalls zufrieden ist, einen schlechten Kerl, wenn
er sonst richtig bezahlt, auf dem Hofe zu lassen, so lange
der Staat ihn nicht verbannet. In der That aber gehört
diese Ursache zu den allgemeinen, und die Beamte sollten
jeden Freyen, und der Gutsherr, kraft der vogteylichen
Gerechtsame, jeden Leibeigenen, der sich so schändlich be-
trägt, des Hofes entsetzen können. Ein Soldat mag noch
so schön gewachsen und noch so tapfer seyn: so wird er vom
Regiment gejagt, so bald er etwas begeht, was mit der
Dienstehre nicht bestehen kann. Eine gleiche Denkungs-
art herrschte unter den ursprünglichen Reihepflichtigen bey
den Deutschen, und dem Staat ist daran gelegen, um
die gemeine Reihe bey Ehren folgends mit dieser Ehre
Ackerbau und Amtssäßigkeit in Ansehen zu erhalten, diese
Denkungsart nicht zu schwächen. Daß der Mann oder
die Frau, welche in solchem Falle durch den schuldigen
Theil mit ins Unglück gezogen wird, eine Auffahrt (lau-
demium
) bezahlet habe, ist zwar ein hinlänglicher Grund
für den Gutsherrn als Erbverpächtern, um sie nicht zu
verstossen, aber nicht für den Gutsherrn, in so fern er
die Vogtey hat, oder für den Staat, der in vielen Fäl-
len mit einer Dienst und Hofeserlassung mehr als mit ei-
ner Landesverweisung und Zuchthausstrafe ausrichten
kann.

Ich würde zu weit gehen, wenn ich die Verwirrung,
welche daher, daß man entweder immer mit dem engen
Begriffe einer Erbpacht in die Sache hineingegangen, oder
ganz verschiedene Menschen unter Eine Regel zwingen wol-
len, entstanden sind, mit einander anzeigen wollte. Es
verlohnet sich auch nicht der Mühe, und alles was aus

den
oder Abmeyerungsurſachen.

hat ſehr vieles von ihrem innerlichen Gehalte verlohren,
weil man hier blos auf das Verhaͤltniß zwiſchen den Leib-
eignen und Gutsherrn als Erbverpaͤchtern geſehen hat;
der allenfalls zufrieden iſt, einen ſchlechten Kerl, wenn
er ſonſt richtig bezahlt, auf dem Hofe zu laſſen, ſo lange
der Staat ihn nicht verbannet. In der That aber gehoͤrt
dieſe Urſache zu den allgemeinen, und die Beamte ſollten
jeden Freyen, und der Gutsherr, kraft der vogteylichen
Gerechtſame, jeden Leibeigenen, der ſich ſo ſchaͤndlich be-
traͤgt, des Hofes entſetzen koͤnnen. Ein Soldat mag noch
ſo ſchoͤn gewachſen und noch ſo tapfer ſeyn: ſo wird er vom
Regiment gejagt, ſo bald er etwas begeht, was mit der
Dienſtehre nicht beſtehen kann. Eine gleiche Denkungs-
art herrſchte unter den urſpruͤnglichen Reihepflichtigen bey
den Deutſchen, und dem Staat iſt daran gelegen, um
die gemeine Reihe bey Ehren folgends mit dieſer Ehre
Ackerbau und Amtsſaͤßigkeit in Anſehen zu erhalten, dieſe
Denkungsart nicht zu ſchwaͤchen. Daß der Mann oder
die Frau, welche in ſolchem Falle durch den ſchuldigen
Theil mit ins Ungluͤck gezogen wird, eine Auffahrt (lau-
demium
) bezahlet habe, iſt zwar ein hinlaͤnglicher Grund
fuͤr den Gutsherrn als Erbverpaͤchtern, um ſie nicht zu
verſtoſſen, aber nicht fuͤr den Gutsherrn, in ſo fern er
die Vogtey hat, oder fuͤr den Staat, der in vielen Faͤl-
len mit einer Dienſt und Hofeserlaſſung mehr als mit ei-
ner Landesverweiſung und Zuchthausſtrafe ausrichten
kann.

Ich wuͤrde zu weit gehen, wenn ich die Verwirrung,
welche daher, daß man entweder immer mit dem engen
Begriffe einer Erbpacht in die Sache hineingegangen, oder
ganz verſchiedene Menſchen unter Eine Regel zwingen wol-
len, entſtanden ſind, mit einander anzeigen wollte. Es
verlohnet ſich auch nicht der Muͤhe, und alles was aus

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[333/0347] oder Abmeyerungsurſachen. hat ſehr vieles von ihrem innerlichen Gehalte verlohren, weil man hier blos auf das Verhaͤltniß zwiſchen den Leib- eignen und Gutsherrn als Erbverpaͤchtern geſehen hat; der allenfalls zufrieden iſt, einen ſchlechten Kerl, wenn er ſonſt richtig bezahlt, auf dem Hofe zu laſſen, ſo lange der Staat ihn nicht verbannet. In der That aber gehoͤrt dieſe Urſache zu den allgemeinen, und die Beamte ſollten jeden Freyen, und der Gutsherr, kraft der vogteylichen Gerechtſame, jeden Leibeigenen, der ſich ſo ſchaͤndlich be- traͤgt, des Hofes entſetzen koͤnnen. Ein Soldat mag noch ſo ſchoͤn gewachſen und noch ſo tapfer ſeyn: ſo wird er vom Regiment gejagt, ſo bald er etwas begeht, was mit der Dienſtehre nicht beſtehen kann. Eine gleiche Denkungs- art herrſchte unter den urſpruͤnglichen Reihepflichtigen bey den Deutſchen, und dem Staat iſt daran gelegen, um die gemeine Reihe bey Ehren folgends mit dieſer Ehre Ackerbau und Amtsſaͤßigkeit in Anſehen zu erhalten, dieſe Denkungsart nicht zu ſchwaͤchen. Daß der Mann oder die Frau, welche in ſolchem Falle durch den ſchuldigen Theil mit ins Ungluͤck gezogen wird, eine Auffahrt (lau- demium) bezahlet habe, iſt zwar ein hinlaͤnglicher Grund fuͤr den Gutsherrn als Erbverpaͤchtern, um ſie nicht zu verſtoſſen, aber nicht fuͤr den Gutsherrn, in ſo fern er die Vogtey hat, oder fuͤr den Staat, der in vielen Faͤl- len mit einer Dienſt und Hofeserlaſſung mehr als mit ei- ner Landesverweiſung und Zuchthausſtrafe ausrichten kann. Ich wuͤrde zu weit gehen, wenn ich die Verwirrung, welche daher, daß man entweder immer mit dem engen Begriffe einer Erbpacht in die Sache hineingegangen, oder ganz verſchiedene Menſchen unter Eine Regel zwingen wol- len, entſtanden ſind, mit einander anzeigen wollte. Es verlohnet ſich auch nicht der Muͤhe, und alles was aus den

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/347>, abgerufen am 24.11.2024.