Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.Ueber den Unterschied der Verbiesterung *). Die Obrigkeit worunter sie leben,kann sie als Wildfänge beerbtheilen. Unsre Eigenbehörigen leben bis auf diese Stunde haben. *) Verbiestern ist so viel als Herrenlos werden, und sonach als ein bonum vacans dem Landesherrn heimfallen. Der Ur- sprung dieses Rechts fällt in die Zeiten, da der Boden noch keinen zum Unterthanen machte, sondern der nexus subditius auf Hörigkeit beruhete. Wer damals keinem Hörig war, wurde herrenlos geachtet. Man braucht das Wort verbiestern von Menschen und Vieh, von Häusern und Deichen, die der Eigenthümer verlassen hat. Ein verbiesterter Mensch ist da- her zugleich ein Wildfang, albanus oder aubain. Der Alba- nus unterscheidet sich von dem Forbanno darin, daß jener we- der in hundredo noch in plegio mithin extra bannum ist, ob er sich gleich in banno aufhält; dieser hingegen desselben verwie- sen ist. Jener genießt des Landesfürstlichen Schutzes zu dem Preise, daß ihn der Landesherr beerbt. Dieser hingegen hat gar keinen Schutz, und ist vogelfrey. **) Leibzucht, ususfructus vitalitius. ***) Auffarth laudemium. +) Hode, Hut, Obhut oder Schutz; protectio vel advocatia specialis, plegium Echte. ++) Schutzurkunde, recognitio huius protectionis.
Ueber den Unterſchied der Verbieſterung *). Die Obrigkeit worunter ſie leben,kann ſie als Wildfaͤnge beerbtheilen. Unſre Eigenbehoͤrigen leben bis auf dieſe Stunde haben. *) Verbieſtern iſt ſo viel als Herrenlos werden, und ſonach als ein bonum vacans dem Landesherrn heimfallen. Der Ur- ſprung dieſes Rechts faͤllt in die Zeiten, da der Boden noch keinen zum Unterthanen machte, ſondern der nexus ſubditius auf Hoͤrigkeit beruhete. Wer damals keinem Hoͤrig war, wurde herrenlos geachtet. Man braucht das Wort verbieſtern von Menſchen und Vieh, von Haͤuſern und Deichen, die der Eigenthuͤmer verlaſſen hat. Ein verbieſterter Menſch iſt da- her zugleich ein Wildfang, albanus oder aubain. Der Alba- nus unterſcheidet ſich von dem Forbanno darin, daß jener we- der in hundredo noch in plegio mithin extra bannum iſt, ob er ſich gleich in banno aufhaͤlt; dieſer hingegen deſſelben verwie- ſen iſt. Jener genießt des Landesfuͤrſtlichen Schutzes zu dem Preiſe, daß ihn der Landesherr beerbt. Dieſer hingegen hat gar keinen Schutz, und iſt vogelfrey. **) Leibzucht, uſusfructus vitalitius. ***) Auffarth laudemium. †) Hode, Hut, Obhut oder Schutz; protectio vel advocatia ſpecialis, plegium Echte. ††) Schutzurkunde, recognitio huius protectionis.
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Ueber den Unterſchied
der Verbieſterung *). Die Obrigkeit worunter ſie leben,
kann ſie als Wildfaͤnge beerbtheilen.
Unſre Eigenbehoͤrigen leben bis auf dieſe Stunde
blos in der kirchlichen und nicht in einer buͤrgerlichen Ehe.
Jhre Kinder erben von ihnen nichts, und die Leibzucht **)
des Mannes oder der Frau iſt keine buͤrgerliche Wuͤrkung
der Ehe, ſondern der dem Gutsherrn bezahlten Auf-
fahrt ***). Die Freyen, welche in einer Hode †) ſte-
hen, ſind in gleichen Umſtaͤnden; ihr Recht haͤngt von
dem durch die Schutzurkunde ††) abgeloͤſeten Sterbfall ab,
und man kann es nicht als eine buͤrgerliche Wuͤrkung ih-
rer Ehe anſehen, daß ihre Kinder von ihnen erben, und
ihre Witwen ein gewiſſes in jeder Hode beſtimmtes Recht
haben.
*) Verbieſtern iſt ſo viel als Herrenlos werden, und ſonach
als ein bonum vacans dem Landesherrn heimfallen. Der Ur-
ſprung dieſes Rechts faͤllt in die Zeiten, da der Boden noch
keinen zum Unterthanen machte, ſondern der nexus ſubditius
auf Hoͤrigkeit beruhete. Wer damals keinem Hoͤrig war,
wurde herrenlos geachtet. Man braucht das Wort verbieſtern
von Menſchen und Vieh, von Haͤuſern und Deichen, die der
Eigenthuͤmer verlaſſen hat. Ein verbieſterter Menſch iſt da-
her zugleich ein Wildfang, albanus oder aubain. Der Alba-
nus unterſcheidet ſich von dem Forbanno darin, daß jener we-
der in hundredo noch in plegio mithin extra bannum iſt, ob er
ſich gleich in banno aufhaͤlt; dieſer hingegen deſſelben verwie-
ſen iſt. Jener genießt des Landesfuͤrſtlichen Schutzes zu dem
Preiſe, daß ihn der Landesherr beerbt. Dieſer hingegen hat
gar keinen Schutz, und iſt vogelfrey.
**) Leibzucht, uſusfructus vitalitius.
***) Auffarth laudemium.
†) Hode, Hut, Obhut oder Schutz; protectio vel advocatia
ſpecialis, plegium Echte.
††) Schutzurkunde, recognitio huius protectionis.
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