Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

und des Landraths im Stifte Osnabrück.
gungen zu übergeben, und von ihnen zur Precarey, oder
zu Lehn, oder zum Bau wieder zu nehmen; und so wie
jeder auf diese Art alle seinem geistlichen oder weltlichen
Reichsamte anvertraute Reichsmänner, und ihre Grün-
de verschlungen hatte, verwandelten sich ihre Aemter in
Landeshoheit, und ihre gemeinen Untergebne in Landesun-
terthanen, und die vornehmen in Landstände.

Jedoch waren lange vorher Landschatzungen be-
kannt. Dieses waren aber Reichssteuren, welche der
Bischof, der Herzog oder der Graf zwar auch in Kraft
eines gemeinen Reichsschlusses, oder von Amts wegen,
weil es die gemeine Nothdurft erforderte, erhob; die
aber doch immer den Charakter der Reichssteuren behiel-
ten. Weil diese zu oft gefordert werden mochten: so con-
föderirten sich im Jahr 1471 das Osnabrückische Domca-
pitel, die Ritterschaft, und die Stadt Osnabrück, in wel-
chen Fällen eine Landschatzung Platz greifen sollte. Diese
Conföderation ermächtigte sich also zum erstenmal einer
Landesrepresentation, anstatt daß Domcapitel, Ritter-
schaft und Städte vorhin nur die ihrigen representirt
hatten.

Die älteste und merkwürdigste Conföderation dieser
Art scheint mir die Lüneburgische *) von 1392. zu seyn,
worin es heißt:

Hirumbe hebben we (Berend und v. Henrich G. G. Her-
zoge zu Br. u. L.) na langem Berade mit guden Wil-
len und wolbedachten Mode menliken mit allen Pre-
laten Manschop, Radlüden und Börgheren der Stede
und Wikbelde unser Herschop Lüneburg, we mit
en und ze mit uns, umme unser Land und Lüde mene

Beste
*) Beym SCHEID, in Dibl. Gotl. T. I. p. 141.
O 2

und des Landraths im Stifte Oſnabruͤck.
gungen zu uͤbergeben, und von ihnen zur Precarey, oder
zu Lehn, oder zum Bau wieder zu nehmen; und ſo wie
jeder auf dieſe Art alle ſeinem geiſtlichen oder weltlichen
Reichsamte anvertraute Reichsmaͤnner, und ihre Gruͤn-
de verſchlungen hatte, verwandelten ſich ihre Aemter in
Landeshoheit, und ihre gemeinen Untergebne in Landesun-
terthanen, und die vornehmen in Landſtaͤnde.

Jedoch waren lange vorher Landſchatzungen be-
kannt. Dieſes waren aber Reichsſteuren, welche der
Biſchof, der Herzog oder der Graf zwar auch in Kraft
eines gemeinen Reichsſchluſſes, oder von Amts wegen,
weil es die gemeine Nothdurft erforderte, erhob; die
aber doch immer den Charakter der Reichsſteuren behiel-
ten. Weil dieſe zu oft gefordert werden mochten: ſo con-
foͤderirten ſich im Jahr 1471 das Oſnabruͤckiſche Domca-
pitel, die Ritterſchaft, und die Stadt Oſnabruͤck, in wel-
chen Faͤllen eine Landſchatzung Platz greifen ſollte. Dieſe
Confoͤderation ermaͤchtigte ſich alſo zum erſtenmal einer
Landesrepreſentation, anſtatt daß Domcapitel, Ritter-
ſchaft und Staͤdte vorhin nur die ihrigen repreſentirt
hatten.

Die aͤlteſte und merkwuͤrdigſte Confoͤderation dieſer
Art ſcheint mir die Luͤneburgiſche *) von 1392. zu ſeyn,
worin es heißt:

Hirumbe hebben we (Berend und v. Henrich G. G. Her-
zoge zu Br. u. L.) na langem Berade mit guden Wil-
len und wolbedachten Mode menliken mit allen Pre-
laten Manſchop, Radlüden und Börgheren der Stede
und Wikbelde unſer Herſchop Lüneburg, we mit
en und ze mit uns, umme unſer Land und Lüde mene

Beſte
*) Beym SCHEID, in Dibl. Gotl. T. I. p. 141.
O 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0223" n="211"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und des Landraths im Stifte O&#x017F;nabru&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
gungen zu u&#x0364;bergeben, und von ihnen zur <hi rendition="#fr">Precarey,</hi> oder<lb/>
zu <hi rendition="#fr">Lehn,</hi> oder zum <hi rendition="#fr">Bau</hi> wieder zu nehmen; und &#x017F;o wie<lb/>
jeder auf die&#x017F;e Art alle &#x017F;einem gei&#x017F;tlichen oder weltlichen<lb/>
Reichsamte anvertraute Reichsma&#x0364;nner, und ihre Gru&#x0364;n-<lb/>
de ver&#x017F;chlungen hatte, verwandelten &#x017F;ich ihre Aemter in<lb/>
Landeshoheit, und ihre gemeinen Untergebne in Landesun-<lb/>
terthanen, und die vornehmen in Land&#x017F;ta&#x0364;nde.</p><lb/>
          <p>Jedoch waren lange vorher <hi rendition="#fr">Land&#x017F;chatzungen</hi> be-<lb/>
kannt. Die&#x017F;es waren aber Reichs&#x017F;teuren, welche der<lb/>
Bi&#x017F;chof, der Herzog oder der Graf zwar auch in Kraft<lb/>
eines gemeinen Reichs&#x017F;chlu&#x017F;&#x017F;es, oder von Amts wegen,<lb/>
weil es die gemeine Nothdurft erforderte, erhob; die<lb/>
aber doch immer den Charakter der Reichs&#x017F;teuren behiel-<lb/>
ten. Weil die&#x017F;e zu oft gefordert werden mochten: &#x017F;o con-<lb/>
fo&#x0364;derirten &#x017F;ich im Jahr 1471 das O&#x017F;nabru&#x0364;cki&#x017F;che Domca-<lb/>
pitel, die Ritter&#x017F;chaft, und die Stadt O&#x017F;nabru&#x0364;ck, in wel-<lb/>
chen Fa&#x0364;llen eine <hi rendition="#fr">Land&#x017F;chatzung</hi> Platz greifen &#x017F;ollte. Die&#x017F;e<lb/>
Confo&#x0364;deration erma&#x0364;chtigte &#x017F;ich al&#x017F;o zum er&#x017F;tenmal einer<lb/><hi rendition="#fr">Landesrepre&#x017F;entation,</hi> an&#x017F;tatt daß Domcapitel, Ritter-<lb/>
&#x017F;chaft und Sta&#x0364;dte vorhin nur <hi rendition="#fr">die ihrigen</hi> repre&#x017F;entirt<lb/>
hatten.</p><lb/>
          <p>Die a&#x0364;lte&#x017F;te und merkwu&#x0364;rdig&#x017F;te Confo&#x0364;deration die&#x017F;er<lb/>
Art &#x017F;cheint mir die Lu&#x0364;neburgi&#x017F;che <note place="foot" n="*)">Beym <hi rendition="#aq">SCHEID, in Dibl. Gotl. T. I. p.</hi> 141.</note> von 1392. zu &#x017F;eyn,<lb/>
worin es heißt:</p><lb/>
          <cit>
            <quote><hi rendition="#aq">Hirumbe hebben we</hi> (Berend und v. Henrich G. G. Her-<lb/>
zoge zu Br. u. L.) <hi rendition="#aq">na langem Berade mit guden Wil-<lb/>
len und wolbedachten Mode menliken mit allen Pre-<lb/>
laten Man&#x017F;chop, Radlüden und Börgheren der Stede<lb/>
und Wikbelde un&#x017F;er Her&#x017F;chop Lüneburg, we mit<lb/>
en und ze mit uns, umme un&#x017F;er Land und Lüde mene</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 2</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Be&#x017F;te</hi></fw><lb/></quote>
          </cit>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211/0223] und des Landraths im Stifte Oſnabruͤck. gungen zu uͤbergeben, und von ihnen zur Precarey, oder zu Lehn, oder zum Bau wieder zu nehmen; und ſo wie jeder auf dieſe Art alle ſeinem geiſtlichen oder weltlichen Reichsamte anvertraute Reichsmaͤnner, und ihre Gruͤn- de verſchlungen hatte, verwandelten ſich ihre Aemter in Landeshoheit, und ihre gemeinen Untergebne in Landesun- terthanen, und die vornehmen in Landſtaͤnde. Jedoch waren lange vorher Landſchatzungen be- kannt. Dieſes waren aber Reichsſteuren, welche der Biſchof, der Herzog oder der Graf zwar auch in Kraft eines gemeinen Reichsſchluſſes, oder von Amts wegen, weil es die gemeine Nothdurft erforderte, erhob; die aber doch immer den Charakter der Reichsſteuren behiel- ten. Weil dieſe zu oft gefordert werden mochten: ſo con- foͤderirten ſich im Jahr 1471 das Oſnabruͤckiſche Domca- pitel, die Ritterſchaft, und die Stadt Oſnabruͤck, in wel- chen Faͤllen eine Landſchatzung Platz greifen ſollte. Dieſe Confoͤderation ermaͤchtigte ſich alſo zum erſtenmal einer Landesrepreſentation, anſtatt daß Domcapitel, Ritter- ſchaft und Staͤdte vorhin nur die ihrigen repreſentirt hatten. Die aͤlteſte und merkwuͤrdigſte Confoͤderation dieſer Art ſcheint mir die Luͤneburgiſche *) von 1392. zu ſeyn, worin es heißt: Hirumbe hebben we (Berend und v. Henrich G. G. Her- zoge zu Br. u. L.) na langem Berade mit guden Wil- len und wolbedachten Mode menliken mit allen Pre- laten Manſchop, Radlüden und Börgheren der Stede und Wikbelde unſer Herſchop Lüneburg, we mit en und ze mit uns, umme unſer Land und Lüde mene Beſte *) Beym SCHEID, in Dibl. Gotl. T. I. p. 141. O 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/223
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/223>, abgerufen am 18.12.2024.