Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.und des Verzichts adlicher Töchter. das gemeine Wohl ist in ihren Händen nicht sicher; undder Adel, wenn er zwischen Herrn und Unterthanen eine glückliche Mittelstuffe abgeben soll, muß sich nicht in der Nothwendigkeit befinden, sich entweder schlechterdings abhängig zu machen, oder sich auf andre Art zum Nach- theil des gemeinen Wesens zu erhalten; dieses ist was man sich unter Erhaltung Stamm und Namens, gedenkt. Die Besitzer unadlicher Güter aber tragen die ganze Bürgschaft für die ordentlichen Lasten, und ihre Entkräf- tung durch Gleichtheilungen und Pflichttheile ist für den Staat unter gewissen Umständen noch verderblicher, weil Heuerleute, Krämer und dergleichen zufällige Contribuen- ten, welche aus den abgefundenen jüngern Kindern meh- rentheils entstehen, keine annehmliche Bürgen sind; sie entweichen wenn die Noth eintritt, und vertheidigen den Boden nicht, der ihnen einen billigen Erbtheil ver- sagt hat. Sie sind auch erst spät, nachdem man Geld- und Personalsteuren eingeführet hat, in der Landesver- sammlung repräsentirt worden. Diese Betrachtungen haben die hochadliche Ritter- LIV. Mösers patr. Phantas. IV. Th. Q
und des Verzichts adlicher Toͤchter. das gemeine Wohl iſt in ihren Haͤnden nicht ſicher; undder Adel, wenn er zwiſchen Herrn und Unterthanen eine gluͤckliche Mittelſtuffe abgeben ſoll, muß ſich nicht in der Nothwendigkeit befinden, ſich entweder ſchlechterdings abhaͤngig zu machen, oder ſich auf andre Art zum Nach- theil des gemeinen Weſens zu erhalten; dieſes iſt was man ſich unter Erhaltung Stamm und Namens, gedenkt. Die Beſitzer unadlicher Guͤter aber tragen die ganze Buͤrgſchaft fuͤr die ordentlichen Laſten, und ihre Entkraͤf- tung durch Gleichtheilungen und Pflichttheile iſt fuͤr den Staat unter gewiſſen Umſtaͤnden noch verderblicher, weil Heuerleute, Kraͤmer und dergleichen zufaͤllige Contribuen- ten, welche aus den abgefundenen juͤngern Kindern meh- rentheils entſtehen, keine annehmliche Buͤrgen ſind; ſie entweichen wenn die Noth eintritt, und vertheidigen den Boden nicht, der ihnen einen billigen Erbtheil ver- ſagt hat. Sie ſind auch erſt ſpaͤt, nachdem man Geld- und Perſonalſteuren eingefuͤhret hat, in der Landesver- ſammlung repraͤſentirt worden. Dieſe Betrachtungen haben die hochadliche Ritter- LIV. Moͤſers patr. Phantaſ. IV. Th. Q
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0253" n="241"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und des Verzichts adlicher Toͤchter.</hi></fw><lb/> das gemeine Wohl iſt in ihren Haͤnden nicht ſicher; und<lb/> der Adel, wenn er zwiſchen Herrn und Unterthanen eine<lb/> gluͤckliche Mittelſtuffe abgeben ſoll, muß ſich nicht in der<lb/> Nothwendigkeit befinden, ſich entweder ſchlechterdings<lb/> abhaͤngig zu machen, oder ſich auf andre Art zum Nach-<lb/> theil des gemeinen Weſens zu erhalten; dieſes iſt was<lb/> man ſich unter Erhaltung Stamm und Namens, gedenkt.<lb/> Die Beſitzer unadlicher Guͤter aber tragen die ganze<lb/> Buͤrgſchaft fuͤr die ordentlichen Laſten, und ihre Entkraͤf-<lb/> tung durch Gleichtheilungen und Pflichttheile iſt fuͤr den<lb/> Staat unter gewiſſen Umſtaͤnden noch verderblicher, weil<lb/> Heuerleute, Kraͤmer und dergleichen zufaͤllige Contribuen-<lb/> ten, welche aus den abgefundenen juͤngern Kindern meh-<lb/> rentheils entſtehen, keine annehmliche Buͤrgen ſind;<lb/> ſie entweichen wenn die Noth eintritt, und vertheidigen<lb/> den Boden nicht, der ihnen einen billigen Erbtheil ver-<lb/> ſagt hat. Sie ſind auch erſt ſpaͤt, nachdem man Geld-<lb/> und Perſonalſteuren eingefuͤhret hat, in der Landesver-<lb/> ſammlung repraͤſentirt worden.</p><lb/> <p>Dieſe Betrachtungen haben die hochadliche Ritter-<lb/> ſchaft bewogen, S. Koͤnigl. Majeſtaͤt von Großbritannien<lb/> als Vatern des Herrn Biſchofes Koͤnigl. Hoheit um die<lb/> ausdruͤckliche Beſtaͤtigung einer Gewohnheit zu bitten,<lb/> welche zwar jederzeit beſtanden, aber in juͤngern Jahren<lb/> von den roͤmiſchen Rechtsgelehrten manchen Angrif er-<lb/> litten hat.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Moͤſers patr. Phantaſ.</hi><hi rendition="#aq">IV.</hi><hi rendition="#fr">Th.</hi> Q</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">LIV.</hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [241/0253]
und des Verzichts adlicher Toͤchter.
das gemeine Wohl iſt in ihren Haͤnden nicht ſicher; und
der Adel, wenn er zwiſchen Herrn und Unterthanen eine
gluͤckliche Mittelſtuffe abgeben ſoll, muß ſich nicht in der
Nothwendigkeit befinden, ſich entweder ſchlechterdings
abhaͤngig zu machen, oder ſich auf andre Art zum Nach-
theil des gemeinen Weſens zu erhalten; dieſes iſt was
man ſich unter Erhaltung Stamm und Namens, gedenkt.
Die Beſitzer unadlicher Guͤter aber tragen die ganze
Buͤrgſchaft fuͤr die ordentlichen Laſten, und ihre Entkraͤf-
tung durch Gleichtheilungen und Pflichttheile iſt fuͤr den
Staat unter gewiſſen Umſtaͤnden noch verderblicher, weil
Heuerleute, Kraͤmer und dergleichen zufaͤllige Contribuen-
ten, welche aus den abgefundenen juͤngern Kindern meh-
rentheils entſtehen, keine annehmliche Buͤrgen ſind;
ſie entweichen wenn die Noth eintritt, und vertheidigen
den Boden nicht, der ihnen einen billigen Erbtheil ver-
ſagt hat. Sie ſind auch erſt ſpaͤt, nachdem man Geld-
und Perſonalſteuren eingefuͤhret hat, in der Landesver-
ſammlung repraͤſentirt worden.
Dieſe Betrachtungen haben die hochadliche Ritter-
ſchaft bewogen, S. Koͤnigl. Majeſtaͤt von Großbritannien
als Vatern des Herrn Biſchofes Koͤnigl. Hoheit um die
ausdruͤckliche Beſtaͤtigung einer Gewohnheit zu bitten,
welche zwar jederzeit beſtanden, aber in juͤngern Jahren
von den roͤmiſchen Rechtsgelehrten manchen Angrif er-
litten hat.
LIV.
Moͤſers patr. Phantaſ. IV. Th. Q
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |