Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.Ueber die Adelsprobe in Deutschland. ungefähr mit jener Böhmischen Landesordnung von einemAlter seyn: und wenn darin 4 edle Ahnen erfordert wer- den; so sind dieses nach demjenigen, was hier oben be- reits angeführet ist, in der That 16, weil diese 4 Ahnen nicht edel seyn konnten, ohne ebenfalls ihre 4 Ahnen zu haben. Die Zahl 16 ist also die gewöhnlichste gewesen; und Gesell-
Ueber die Adelsprobe in Deutſchland. ungefaͤhr mit jener Boͤhmiſchen Landesordnung von einemAlter ſeyn: und wenn darin 4 edle Ahnen erfordert wer- den; ſo ſind dieſes nach demjenigen, was hier oben be- reits angefuͤhret iſt, in der That 16, weil dieſe 4 Ahnen nicht edel ſeyn konnten, ohne ebenfalls ihre 4 Ahnen zu haben. Die Zahl 16 iſt alſo die gewoͤhnlichſte geweſen; und Geſell-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0294" n="282"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ueber die Adelsprobe in Deutſchland.</hi></fw><lb/> ungefaͤhr mit jener Boͤhmiſchen Landesordnung von einem<lb/> Alter ſeyn: und wenn darin 4 <hi rendition="#fr">edle</hi> Ahnen erfordert wer-<lb/> den; ſo ſind dieſes nach demjenigen, was hier oben be-<lb/> reits angefuͤhret iſt, in der That 16, weil dieſe 4 Ahnen<lb/> nicht edel ſeyn konnten, ohne ebenfalls ihre 4 Ahnen<lb/> zu haben.</p><lb/> <p>Die Zahl 16 iſt alſo die gewoͤhnlichſte geweſen; und<lb/> diejenigen Capitel, Orden und Ritterſchaften, welche<lb/> ſolche ſpaͤter namentlich erfodert, und daruͤber zu mehre-<lb/> rer Vorſicht, in Abſicht auf Fremde beſondere Vereini-<lb/> gungen gemacht haben, haben weiter nichts gethan, als<lb/> daß ſie eine lange Gewohnheit, oder ein ſtillſchweigendes<lb/> von Kayſern, Koͤnigen, Fuͤrſten und Herren, uͤberall ge-<lb/> billigtes Geſetz, zu einem ausdruͤcklichen und geſchriebe-<lb/> nen erhoben haben. Man wird auch, ohne den Adel gar<lb/> zu leicht, und nach einer natuͤrlichen Folge, veraͤchtlich<lb/> zu machen, nicht leicht weniger zulaſſen koͤnnen. Jn dem<lb/> Zeitraum von 4 Abſtammungen, verjaͤhret und verſchwin-<lb/> det das Andenken der perſoͤnlichen Fehler des erſten Er-<lb/> werbers; die Nachwelt erhaͤlt den Helden und ſeine Tha-<lb/> ten, und vergißt den Menſchen; das mit ihm in der Welt<lb/> geweſene Menſchengeſchlecht iſt zugleich mit abgeſtorben;<lb/> und es faͤllet ſeinen Nachkommen minder beſchwerlich,<lb/> dem Urenkel die voͤllige Ehre zu bezeigen, als dem erſten<lb/> Erwerber, der ihnen gleich, wo nicht minder, geweſen<lb/> iſt. Man erinnert ſich eines <hi rendition="#aq">Liberti,</hi> eines <hi rendition="#aq">Libertini,</hi> und<lb/> eines <hi rendition="#aq">Libertini Filii,</hi> aber nicht leicht eines <hi rendition="#aq">Libertini Ne-<lb/> potis.</hi> Der Gang der menſchlichen Denkungsart erfor-<lb/> dert mithin dieſe Schonung; und es iſt aus mehr als<lb/> einem Grunde zu hoffen, daß das hoͤchſte Reichsober-<lb/> haupt ſich fuͤr die Zahl 16 gern erklaͤren werde, wenn<lb/> die Capitel, Orden, und Ritterſchaften, welche in den<lb/> Beſitz ſind, keine andre als Altadliche in ihre geſchloſſene<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Geſell-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [282/0294]
Ueber die Adelsprobe in Deutſchland.
ungefaͤhr mit jener Boͤhmiſchen Landesordnung von einem
Alter ſeyn: und wenn darin 4 edle Ahnen erfordert wer-
den; ſo ſind dieſes nach demjenigen, was hier oben be-
reits angefuͤhret iſt, in der That 16, weil dieſe 4 Ahnen
nicht edel ſeyn konnten, ohne ebenfalls ihre 4 Ahnen
zu haben.
Die Zahl 16 iſt alſo die gewoͤhnlichſte geweſen; und
diejenigen Capitel, Orden und Ritterſchaften, welche
ſolche ſpaͤter namentlich erfodert, und daruͤber zu mehre-
rer Vorſicht, in Abſicht auf Fremde beſondere Vereini-
gungen gemacht haben, haben weiter nichts gethan, als
daß ſie eine lange Gewohnheit, oder ein ſtillſchweigendes
von Kayſern, Koͤnigen, Fuͤrſten und Herren, uͤberall ge-
billigtes Geſetz, zu einem ausdruͤcklichen und geſchriebe-
nen erhoben haben. Man wird auch, ohne den Adel gar
zu leicht, und nach einer natuͤrlichen Folge, veraͤchtlich
zu machen, nicht leicht weniger zulaſſen koͤnnen. Jn dem
Zeitraum von 4 Abſtammungen, verjaͤhret und verſchwin-
det das Andenken der perſoͤnlichen Fehler des erſten Er-
werbers; die Nachwelt erhaͤlt den Helden und ſeine Tha-
ten, und vergißt den Menſchen; das mit ihm in der Welt
geweſene Menſchengeſchlecht iſt zugleich mit abgeſtorben;
und es faͤllet ſeinen Nachkommen minder beſchwerlich,
dem Urenkel die voͤllige Ehre zu bezeigen, als dem erſten
Erwerber, der ihnen gleich, wo nicht minder, geweſen
iſt. Man erinnert ſich eines Liberti, eines Libertini, und
eines Libertini Filii, aber nicht leicht eines Libertini Ne-
potis. Der Gang der menſchlichen Denkungsart erfor-
dert mithin dieſe Schonung; und es iſt aus mehr als
einem Grunde zu hoffen, daß das hoͤchſte Reichsober-
haupt ſich fuͤr die Zahl 16 gern erklaͤren werde, wenn
die Capitel, Orden, und Ritterſchaften, welche in den
Beſitz ſind, keine andre als Altadliche in ihre geſchloſſene
Geſell-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |