Meine Meinung ist hiebey keinesweges, daß diese Jugend gar keines weitern Unterrichts genießen solle; sie sollen ihn nur empfangen, wie andre Lehrlinge ihren Unterricht in Sprachen oder im Schreiben, Rechnen, Tanzen und andern Fertigkeiten nehmen müssen; und nur nicht wie künftige Gelehrte, die einst wieder andre lehren sollen, erzogen werden.
Ew. Hochfürstl. Durchlaucht haben jetzt drey große Pächter im Lande, die alle bey ihrem Vater für Jungen, Halb- und Groß-Knechte gewisse Jahre gedienet haben, und jedermann rühmt ihnen nach, daß ihres Gleichen auf hundert Meilen nicht zu finden wäre. Sie haben ein solches Auge für alles was zum Haushalten gehöret, daß alle Bauern im Dorfe sie für ihre Meister erkennen, und alles was sie unternehmen, bringt Segen. So ist auch in Höchstdero Landschaft der Herr von = = = und der Herr von = = =; die beyde bey der väterlichen Wirth- schaft erzogen sind, weiter nichts als einen guten Hof- meister gehabt, und auch fremde Länder gesehen he- ben; aber an Einsicht in das wahre Wohl des Landes alle andre übertreffen. Sie allein wissen es, wo es den Unterthanen drückt, und was sie leisten können; und die- ses muß die Hauptwissenschaft des erbgesessenen Edel- manns seyn; etc.
Also
Ueber die Erziehung des Adels ꝛc.
Meine Meinung iſt hiebey keinesweges, daß dieſe Jugend gar keines weitern Unterrichts genießen ſolle; ſie ſollen ihn nur empfangen, wie andre Lehrlinge ihren Unterricht in Sprachen oder im Schreiben, Rechnen, Tanzen und andern Fertigkeiten nehmen muͤſſen; und nur nicht wie kuͤnftige Gelehrte, die einſt wieder andre lehren ſollen, erzogen werden.
Ew. Hochfuͤrſtl. Durchlaucht haben jetzt drey große Paͤchter im Lande, die alle bey ihrem Vater fuͤr Jungen, Halb- und Groß-Knechte gewiſſe Jahre gedienet haben, und jedermann ruͤhmt ihnen nach, daß ihres Gleichen auf hundert Meilen nicht zu finden waͤre. Sie haben ein ſolches Auge fuͤr alles was zum Haushalten gehoͤret, daß alle Bauern im Dorfe ſie fuͤr ihre Meiſter erkennen, und alles was ſie unternehmen, bringt Segen. So iſt auch in Hoͤchſtdero Landſchaft der Herr von = = = und der Herr von = = =; die beyde bey der vaͤterlichen Wirth- ſchaft erzogen ſind, weiter nichts als einen guten Hof- meiſter gehabt, und auch fremde Laͤnder geſehen he- ben; aber an Einſicht in das wahre Wohl des Landes alle andre uͤbertreffen. Sie allein wiſſen es, wo es den Unterthanen druͤckt, und was ſie leiſten koͤnnen; und die- ſes muß die Hauptwiſſenſchaft des erbgeſeſſenen Edel- manns ſeyn; ꝛc.
Alſo
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0034"n="22"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Ueber die Erziehung des Adels ꝛc.</hi></fw><lb/><p>Meine Meinung iſt hiebey keinesweges, daß dieſe<lb/>
Jugend gar keines weitern Unterrichts genießen ſolle;<lb/>ſie ſollen ihn nur empfangen, wie andre Lehrlinge ihren<lb/>
Unterricht in Sprachen oder im Schreiben, Rechnen,<lb/>
Tanzen und andern Fertigkeiten nehmen muͤſſen; und nur<lb/>
nicht wie kuͤnftige Gelehrte, die einſt wieder andre lehren<lb/>ſollen, erzogen werden.</p><lb/><p>Ew. Hochfuͤrſtl. Durchlaucht haben jetzt drey große<lb/>
Paͤchter im Lande, die alle bey ihrem Vater fuͤr Jungen,<lb/>
Halb- und Groß-Knechte gewiſſe Jahre gedienet haben,<lb/>
und jedermann ruͤhmt ihnen nach, daß ihres Gleichen<lb/>
auf hundert Meilen nicht zu finden waͤre. Sie haben<lb/>
ein ſolches Auge fuͤr alles was zum Haushalten gehoͤret,<lb/>
daß alle Bauern im Dorfe ſie fuͤr ihre Meiſter erkennen,<lb/>
und alles was ſie unternehmen, bringt Segen. So iſt<lb/>
auch in Hoͤchſtdero Landſchaft der Herr von = = = und<lb/>
der Herr von = = =; die beyde bey der vaͤterlichen Wirth-<lb/>ſchaft erzogen ſind, weiter nichts als einen guten Hof-<lb/>
meiſter gehabt, und auch fremde Laͤnder geſehen he-<lb/>
ben; aber an Einſicht in das wahre Wohl des Landes<lb/>
alle andre uͤbertreffen. Sie allein wiſſen es, wo es den<lb/>
Unterthanen druͤckt, und was ſie leiſten koͤnnen; und die-<lb/>ſes muß die Hauptwiſſenſchaft des erbgeſeſſenen Edel-<lb/>
manns ſeyn; ꝛc.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Alſo</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[22/0034]
Ueber die Erziehung des Adels ꝛc.
Meine Meinung iſt hiebey keinesweges, daß dieſe
Jugend gar keines weitern Unterrichts genießen ſolle;
ſie ſollen ihn nur empfangen, wie andre Lehrlinge ihren
Unterricht in Sprachen oder im Schreiben, Rechnen,
Tanzen und andern Fertigkeiten nehmen muͤſſen; und nur
nicht wie kuͤnftige Gelehrte, die einſt wieder andre lehren
ſollen, erzogen werden.
Ew. Hochfuͤrſtl. Durchlaucht haben jetzt drey große
Paͤchter im Lande, die alle bey ihrem Vater fuͤr Jungen,
Halb- und Groß-Knechte gewiſſe Jahre gedienet haben,
und jedermann ruͤhmt ihnen nach, daß ihres Gleichen
auf hundert Meilen nicht zu finden waͤre. Sie haben
ein ſolches Auge fuͤr alles was zum Haushalten gehoͤret,
daß alle Bauern im Dorfe ſie fuͤr ihre Meiſter erkennen,
und alles was ſie unternehmen, bringt Segen. So iſt
auch in Hoͤchſtdero Landſchaft der Herr von = = = und
der Herr von = = =; die beyde bey der vaͤterlichen Wirth-
ſchaft erzogen ſind, weiter nichts als einen guten Hof-
meiſter gehabt, und auch fremde Laͤnder geſehen he-
ben; aber an Einſicht in das wahre Wohl des Landes
alle andre uͤbertreffen. Sie allein wiſſen es, wo es den
Unterthanen druͤckt, und was ſie leiſten koͤnnen; und die-
ſes muß die Hauptwiſſenſchaft des erbgeſeſſenen Edel-
manns ſeyn; ꝛc.
Alſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/34>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.