Rückfälle verzehrter Mitgiften geschwächt seyn werden. Man bauet ihnen Häuser, giebt ihnen Gärten, und ver- sorgt sie mit Vieh. Allein keiner denkt daran, ihnen eine angemessene Verfassung und Autonomie zu geben.
Wenn Ewr. Hochwohlgebohren zu obiger Wohlthat noch diese hinzuthun, daß dieselben Jhrem Eigenbehö- rigen die Wahl lassen, ob sie den Zwangdienst in Person verrichten, oder das Lindlohn, was ein Knecht oder eine Magd verdient, bezahlen wollen: so werden Sie gewis ein gutes Beyspiel geben, und Nachfolger erwecken. Wo die Einwohner verschiedener Religion sind, hat der per- sönliche Zwangdienst immer einiges Bedenken; und grau- sam ist es, daß ein guter Vater sein sechzehnjähriges Mädgen dem Muthwillen der Köche und Bediente blos stellen muß, ich bin etc.
LXVII. Ueber die Osnabrückischen Zehnten.
Wenn mein Gutachten, über die Frage:
"Ob Sie einen Zehnten wofür Jhnen jährlich von "undenklichen Jahren her, ein gewisses Korn im "Sacke oder ein sichers Pachtgeld gegeben worden, "und welchen Jhre Zehnt-pflichtigen alle acht oder "zwölf Jahr von neuem haben pachten müssen, mit "Ablauf der Pachtjahre vom Felde ziehen mögen"
nicht so ausfällt, wie Sie es vielleicht wünschen: so mö- gen Sie dreist glauben, daß mich wichtige, sehr wichtige Ursachen abhalten, mir Jhren gütigen Beyfall zu erwer- ben. Wenige Sachen sind so rauh und unpolitisch be-
handelt
Alſo ſollten Gntsh. ihre Leibeignen vertreten
Ruͤckfaͤlle verzehrter Mitgiften geſchwaͤcht ſeyn werden. Man bauet ihnen Haͤuſer, giebt ihnen Gaͤrten, und ver- ſorgt ſie mit Vieh. Allein keiner denkt daran, ihnen eine angemeſſene Verfaſſung und Autonomie zu geben.
Wenn Ewr. Hochwohlgebohren zu obiger Wohlthat noch dieſe hinzuthun, daß dieſelben Jhrem Eigenbehoͤ- rigen die Wahl laſſen, ob ſie den Zwangdienſt in Perſon verrichten, oder das Lindlohn, was ein Knecht oder eine Magd verdient, bezahlen wollen: ſo werden Sie gewis ein gutes Beyſpiel geben, und Nachfolger erwecken. Wo die Einwohner verſchiedener Religion ſind, hat der per- ſoͤnliche Zwangdienſt immer einiges Bedenken; und grau- ſam iſt es, daß ein guter Vater ſein ſechzehnjaͤhriges Maͤdgen dem Muthwillen der Koͤche und Bediente blos ſtellen muß, ich bin ꝛc.
LXVII. Ueber die Oſnabruͤckiſchen Zehnten.
Wenn mein Gutachten, uͤber die Frage:
„Ob Sie einen Zehnten wofuͤr Jhnen jaͤhrlich von „undenklichen Jahren her, ein gewiſſes Korn im „Sacke oder ein ſichers Pachtgeld gegeben worden, „und welchen Jhre Zehnt-pflichtigen alle acht oder „zwoͤlf Jahr von neuem haben pachten muͤſſen, mit „Ablauf der Pachtjahre vom Felde ziehen moͤgen‟
nicht ſo ausfaͤllt, wie Sie es vielleicht wuͤnſchen: ſo moͤ- gen Sie dreiſt glauben, daß mich wichtige, ſehr wichtige Urſachen abhalten, mir Jhren guͤtigen Beyfall zu erwer- ben. Wenige Sachen ſind ſo rauh und unpolitiſch be-
handelt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0363"n="351"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Alſo ſollten Gntsh. ihre Leibeignen vertreten</hi></fw><lb/>
Ruͤckfaͤlle verzehrter Mitgiften geſchwaͤcht ſeyn werden.<lb/>
Man bauet ihnen Haͤuſer, giebt ihnen Gaͤrten, und ver-<lb/>ſorgt ſie mit Vieh. Allein keiner denkt daran, ihnen eine<lb/>
angemeſſene Verfaſſung und Autonomie zu geben.</p><lb/><p>Wenn Ewr. Hochwohlgebohren zu obiger Wohlthat<lb/>
noch dieſe hinzuthun, daß dieſelben Jhrem Eigenbehoͤ-<lb/>
rigen die Wahl laſſen, ob ſie den Zwangdienſt in Perſon<lb/>
verrichten, oder das Lindlohn, was ein Knecht oder eine<lb/>
Magd verdient, bezahlen wollen: ſo werden Sie gewis<lb/>
ein gutes Beyſpiel geben, und Nachfolger erwecken. Wo<lb/>
die Einwohner verſchiedener Religion ſind, hat der per-<lb/>ſoͤnliche Zwangdienſt immer einiges Bedenken; und grau-<lb/>ſam iſt es, daß ein guter Vater ſein ſechzehnjaͤhriges<lb/>
Maͤdgen dem Muthwillen der Koͤche und Bediente blos<lb/>ſtellen muß, ich bin ꝛc.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#aq">LXVII.</hi><lb/><hirendition="#b">Ueber die Oſnabruͤckiſchen Zehnten.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">W</hi>enn mein Gutachten, uͤber die Frage:</p><lb/><cit><quote>„Ob Sie einen Zehnten wofuͤr Jhnen jaͤhrlich von<lb/>„undenklichen Jahren her, ein gewiſſes Korn im<lb/>„Sacke oder ein ſichers Pachtgeld gegeben worden,<lb/>„und welchen Jhre Zehnt-pflichtigen alle acht oder<lb/>„zwoͤlf Jahr von neuem haben pachten muͤſſen, mit<lb/>„Ablauf der Pachtjahre vom Felde ziehen moͤgen‟</quote><bibl/></cit><lb/><p>nicht ſo ausfaͤllt, wie Sie es vielleicht wuͤnſchen: ſo moͤ-<lb/>
gen Sie dreiſt glauben, daß mich wichtige, ſehr wichtige<lb/>
Urſachen abhalten, mir Jhren guͤtigen Beyfall zu erwer-<lb/>
ben. Wenige Sachen ſind ſo rauh und unpolitiſch be-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">handelt</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[351/0363]
Alſo ſollten Gntsh. ihre Leibeignen vertreten
Ruͤckfaͤlle verzehrter Mitgiften geſchwaͤcht ſeyn werden.
Man bauet ihnen Haͤuſer, giebt ihnen Gaͤrten, und ver-
ſorgt ſie mit Vieh. Allein keiner denkt daran, ihnen eine
angemeſſene Verfaſſung und Autonomie zu geben.
Wenn Ewr. Hochwohlgebohren zu obiger Wohlthat
noch dieſe hinzuthun, daß dieſelben Jhrem Eigenbehoͤ-
rigen die Wahl laſſen, ob ſie den Zwangdienſt in Perſon
verrichten, oder das Lindlohn, was ein Knecht oder eine
Magd verdient, bezahlen wollen: ſo werden Sie gewis
ein gutes Beyſpiel geben, und Nachfolger erwecken. Wo
die Einwohner verſchiedener Religion ſind, hat der per-
ſoͤnliche Zwangdienſt immer einiges Bedenken; und grau-
ſam iſt es, daß ein guter Vater ſein ſechzehnjaͤhriges
Maͤdgen dem Muthwillen der Koͤche und Bediente blos
ſtellen muß, ich bin ꝛc.
LXVII.
Ueber die Oſnabruͤckiſchen Zehnten.
Wenn mein Gutachten, uͤber die Frage:
„Ob Sie einen Zehnten wofuͤr Jhnen jaͤhrlich von
„undenklichen Jahren her, ein gewiſſes Korn im
„Sacke oder ein ſichers Pachtgeld gegeben worden,
„und welchen Jhre Zehnt-pflichtigen alle acht oder
„zwoͤlf Jahr von neuem haben pachten muͤſſen, mit
„Ablauf der Pachtjahre vom Felde ziehen moͤgen‟
nicht ſo ausfaͤllt, wie Sie es vielleicht wuͤnſchen: ſo moͤ-
gen Sie dreiſt glauben, daß mich wichtige, ſehr wichtige
Urſachen abhalten, mir Jhren guͤtigen Beyfall zu erwer-
ben. Wenige Sachen ſind ſo rauh und unpolitiſch be-
handelt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/363>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.