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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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Ueber die Osnabrückischen Zehnten.
handelt worden, als die Zehntsachen, ohnerachtet sie von
dem größten Einfluß auf das Wohl eines Staats sind,
und es geschieht nie ohne die äußerste Wehmuth, daß ich
in der Geschichte des Landeigenthums der Schicksale ge-
denke, welche die Zehnten, und mit diesen den Stand der
Landbauer betroffen haben.

So lange dieselben die Stelle einer Steuer vertra-
ten, und zu den öffentlichen Bedürfnissen ihrer Zeit, der
Vertheidigung und dem Unterhalte des Bischofes, der
Pfarrer, der Armen, und der Kirchen verwendet wur-
den, wie es die desfalls vorhandenen Reichs- und Kir-
chengesetze mit sich brachten, habe ich dieselben jederzeit
als eine vortrefliche, angemessene und sichere Auflage ver-
ehret; ohnerachtet es mir oft geschienen hat, daß es da-
mit weiter gienge, als es die Nothdurft erforderte.
Allein seitdem die Zehnten verschenkt, versetzt, verkauft,
verliehen, und auf andre Art, ihrer ersten Bestimmung,
entzogen sind; und seitdem der Landeigenthümer durch
neue Steuern dieser Ausfall bey der öffentlichen Casse hat
ersetzen müssen, habe ich es unzählige mal bedauert, daß
nicht gleich vom ersten Anfang an, eine Controle von
Landständen, oder andern Representanten vorhanden ge-
wesen, welche sich den höchst ungerechten, und ungülti-
gen Veräusserungen des gemeinen Guts, wogegen die
Päbste so oft, aber immer vergeblich geeifert haben, wie-
dersetzet hätte; und daß man nicht in jedem Staate ein
Grundgesetz gehabt, wodurch alle Contrakte, aller Be-
sitz, und alle Verjährung zum Nachtheil der öffentlichen
Steuer für nichtig erklärt werden. Denn im Grunde ist
und bleibt doch jede Veräusserung einer Kron- oder Lan-
dessteuer, wenn sie ohne die höchste Noth und ohne die
Einwilligung des Staats geschieht, eine offenbare Ver-

un-

Ueber die Oſnabruͤckiſchen Zehnten.
handelt worden, als die Zehntſachen, ohnerachtet ſie von
dem groͤßten Einfluß auf das Wohl eines Staats ſind,
und es geſchieht nie ohne die aͤußerſte Wehmuth, daß ich
in der Geſchichte des Landeigenthums der Schickſale ge-
denke, welche die Zehnten, und mit dieſen den Stand der
Landbauer betroffen haben.

So lange dieſelben die Stelle einer Steuer vertra-
ten, und zu den oͤffentlichen Beduͤrfniſſen ihrer Zeit, der
Vertheidigung und dem Unterhalte des Biſchofes, der
Pfarrer, der Armen, und der Kirchen verwendet wur-
den, wie es die desfalls vorhandenen Reichs- und Kir-
chengeſetze mit ſich brachten, habe ich dieſelben jederzeit
als eine vortrefliche, angemeſſene und ſichere Auflage ver-
ehret; ohnerachtet es mir oft geſchienen hat, daß es da-
mit weiter gienge, als es die Nothdurft erforderte.
Allein ſeitdem die Zehnten verſchenkt, verſetzt, verkauft,
verliehen, und auf andre Art, ihrer erſten Beſtimmung,
entzogen ſind; und ſeitdem der Landeigenthuͤmer durch
neue Steuern dieſer Ausfall bey der oͤffentlichen Caſſe hat
erſetzen muͤſſen, habe ich es unzaͤhlige mal bedauert, daß
nicht gleich vom erſten Anfang an, eine Controle von
Landſtaͤnden, oder andern Repreſentanten vorhanden ge-
weſen, welche ſich den hoͤchſt ungerechten, und unguͤlti-
gen Veraͤuſſerungen des gemeinen Guts, wogegen die
Paͤbſte ſo oft, aber immer vergeblich geeifert haben, wie-
derſetzet haͤtte; und daß man nicht in jedem Staate ein
Grundgeſetz gehabt, wodurch alle Contrakte, aller Be-
ſitz, und alle Verjaͤhrung zum Nachtheil der oͤffentlichen
Steuer fuͤr nichtig erklaͤrt werden. Denn im Grunde iſt
und bleibt doch jede Veraͤuſſerung einer Kron- oder Lan-
desſteuer, wenn ſie ohne die hoͤchſte Noth und ohne die
Einwilligung des Staats geſchieht, eine offenbare Ver-

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[352/0364] Ueber die Oſnabruͤckiſchen Zehnten. handelt worden, als die Zehntſachen, ohnerachtet ſie von dem groͤßten Einfluß auf das Wohl eines Staats ſind, und es geſchieht nie ohne die aͤußerſte Wehmuth, daß ich in der Geſchichte des Landeigenthums der Schickſale ge- denke, welche die Zehnten, und mit dieſen den Stand der Landbauer betroffen haben. So lange dieſelben die Stelle einer Steuer vertra- ten, und zu den oͤffentlichen Beduͤrfniſſen ihrer Zeit, der Vertheidigung und dem Unterhalte des Biſchofes, der Pfarrer, der Armen, und der Kirchen verwendet wur- den, wie es die desfalls vorhandenen Reichs- und Kir- chengeſetze mit ſich brachten, habe ich dieſelben jederzeit als eine vortrefliche, angemeſſene und ſichere Auflage ver- ehret; ohnerachtet es mir oft geſchienen hat, daß es da- mit weiter gienge, als es die Nothdurft erforderte. Allein ſeitdem die Zehnten verſchenkt, verſetzt, verkauft, verliehen, und auf andre Art, ihrer erſten Beſtimmung, entzogen ſind; und ſeitdem der Landeigenthuͤmer durch neue Steuern dieſer Ausfall bey der oͤffentlichen Caſſe hat erſetzen muͤſſen, habe ich es unzaͤhlige mal bedauert, daß nicht gleich vom erſten Anfang an, eine Controle von Landſtaͤnden, oder andern Repreſentanten vorhanden ge- weſen, welche ſich den hoͤchſt ungerechten, und unguͤlti- gen Veraͤuſſerungen des gemeinen Guts, wogegen die Paͤbſte ſo oft, aber immer vergeblich geeifert haben, wie- derſetzet haͤtte; und daß man nicht in jedem Staate ein Grundgeſetz gehabt, wodurch alle Contrakte, aller Be- ſitz, und alle Verjaͤhrung zum Nachtheil der oͤffentlichen Steuer fuͤr nichtig erklaͤrt werden. Denn im Grunde iſt und bleibt doch jede Veraͤuſſerung einer Kron- oder Lan- desſteuer, wenn ſie ohne die hoͤchſte Noth und ohne die Einwilligung des Staats geſchieht, eine offenbare Ver- un-

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/364>, abgerufen am 21.11.2024.