Meine Ansichten über die Aufgabe und meine nicht ge- ringen Forderungen an die Bearbeitung einer Encyklopädie der Staatswissenschaften, (dabei auch meine Beurtheilung der vorhandenen Literatur derselben,) habe ich wiederholt öffentlich ausgesprochen. Zuerst in der Tübinger Zeitschrift der Staats- wissenschaften, Jahrgang 1845, S. 423--480; später und vollständiger in meiner Geschichte und Literatur der Staats- wissenschaften, Bd. I, S. 111--164. Ich kann mich natürlich nicht beschweren, wenn ich nun selbst nach diesem Maßstabe gemessen werde; unbillig ist es jedoch wohl nicht, wenn ich bitte, vor Ausspruch eines Tadels, sei es über die Behand- lungsweise sei es über die Aufnahme oder Weglassung einer bestimmten Disciplin, erst die an den eben bezeichneten Orten näher ausgeführten Gründe für das eingehaltene Verfahren zu prüfen. Habe ich geirrt, so ist es nicht in Uebereilung und aus Mangel an Nachdenken geschehen, sondern in voller Ueber- legung. Ein begangener Fehler ist allerdings unter diesen Um- ständen um so größer; allein es ist doch wohl zu untersuchen, ob ein solcher wirklich besteht.
Heidelberg, 7ten März 1859.
R. Mohl.
Meine Anſichten über die Aufgabe und meine nicht ge- ringen Forderungen an die Bearbeitung einer Encyklopädie der Staatswiſſenſchaften, (dabei auch meine Beurtheilung der vorhandenen Literatur derſelben,) habe ich wiederholt öffentlich ausgeſprochen. Zuerſt in der Tübinger Zeitſchrift der Staats- wiſſenſchaften, Jahrgang 1845, S. 423—480; ſpäter und vollſtändiger in meiner Geſchichte und Literatur der Staats- wiſſenſchaften, Bd. I, S. 111—164. Ich kann mich natürlich nicht beſchweren, wenn ich nun ſelbſt nach dieſem Maßſtabe gemeſſen werde; unbillig iſt es jedoch wohl nicht, wenn ich bitte, vor Ausſpruch eines Tadels, ſei es über die Behand- lungsweiſe ſei es über die Aufnahme oder Weglaſſung einer beſtimmten Disciplin, erſt die an den eben bezeichneten Orten näher ausgeführten Gründe für das eingehaltene Verfahren zu prüfen. Habe ich geirrt, ſo iſt es nicht in Uebereilung und aus Mangel an Nachdenken geſchehen, ſondern in voller Ueber- legung. Ein begangener Fehler iſt allerdings unter dieſen Um- ſtänden um ſo größer; allein es iſt doch wohl zu unterſuchen, ob ein ſolcher wirklich beſteht.
Heidelberg, 7ten März 1859.
R. Mohl.
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[IV/0010]
Meine Anſichten über die Aufgabe und meine nicht ge-
ringen Forderungen an die Bearbeitung einer Encyklopädie
der Staatswiſſenſchaften, (dabei auch meine Beurtheilung der
vorhandenen Literatur derſelben,) habe ich wiederholt öffentlich
ausgeſprochen. Zuerſt in der Tübinger Zeitſchrift der Staats-
wiſſenſchaften, Jahrgang 1845, S. 423—480; ſpäter und
vollſtändiger in meiner Geſchichte und Literatur der Staats-
wiſſenſchaften, Bd. I, S. 111—164. Ich kann mich natürlich
nicht beſchweren, wenn ich nun ſelbſt nach dieſem Maßſtabe
gemeſſen werde; unbillig iſt es jedoch wohl nicht, wenn ich
bitte, vor Ausſpruch eines Tadels, ſei es über die Behand-
lungsweiſe ſei es über die Aufnahme oder Weglaſſung einer
beſtimmten Disciplin, erſt die an den eben bezeichneten Orten
näher ausgeführten Gründe für das eingehaltene Verfahren zu
prüfen. Habe ich geirrt, ſo iſt es nicht in Uebereilung und
aus Mangel an Nachdenken geſchehen, ſondern in voller Ueber-
legung. Ein begangener Fehler iſt allerdings unter dieſen Um-
ſtänden um ſo größer; allein es iſt doch wohl zu unterſuchen,
ob ein ſolcher wirklich beſteht.
Heidelberg, 7ten März 1859.
R. Mohl.
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. IV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/10>, abgerufen am 03.12.2024.
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