sein Auftrag, Staatsgeschäfte zu betreiben und sein Recht zu dem Ende einen Aufenthalt zu machen, nicht befugt zur Be- gehung einer Gesetzwidrigkeit in dem fremden Gebiete, und daß er zu solchem Zwecke weder gesendet noch angenommen worden ist; andererseits liegt die Möglichkeit eines Mißbrauches der Gerichtsbarkeit unter dem falschen Vorwande eines begangenen Verbrechens ebenfalls klar vor. Wo nicht absolute Nothwen- digkeit so doch dringende Klugheitsregel ist daher die Befreiung fremder Gesandten von jeder Art von Gerichtsbarkeit, sei es in bürgerlichen sei es in Strafsachen; dagegen aber auch ebenso unzweifelhaft das Recht des verletzten Staates, einen solchen Gesandten zurückzuschicken und seine gerichtliche Behandlung vom Heimathstaate zu verlangen 3).
Polizeiliche Gesetze und sonstige Anordnungen allgemeiner Wohlfahrt hat ein Gesandter insoweit zu beachten, als ihre allgemeine unverbrüchliche Haltung Bedingung ihrer Wirkung ist. Der Abgeordnete eines fremden Staates hat kein Recht, durch seine Anwesenheit die öffentliche Ordnung des beschickten Staates und die Erreichung der Zwecke desselben zu hindern. Wenn jedoch eine Einrichtung nur die Ordnung eines Unter- thanenverhältnisses oder die Leistung einer staatsbürgerlichen Pflicht betrifft, ist er, als Fremder, von ihrer Befolgung aus- genommen 4).
1) Nachweisungen über die Literatur des Gesandtschaftsrechtes s. unten, § 72.
2) Es ist also keine von der Kritik des philosophischen Völkerrechtes verurtheilte Anomalie, sondern eine nothwendige Ausnahme, wenn die Oberstatthalter der englischen Besitzungen in Asien ein auf asiatische Staaten und Verhältnisse beschränktes, innerhalb dieses Kreises aber vollständiges Gesandschaftsrecht ausüben. Die obersten Beamten abgesonderter Provinzen, welche in erreichbarer Nähe ihres eigenen Staatsoberhauptes leben, mögen etwa Commissäre oder sonstige Abgeordnete ohne gesandtschaftlichen Charakter an benachbarte Regierungen absenden, allein ein Gesandtschaftsrecht steht ihnen nicht zu.
ſein Auftrag, Staatsgeſchäfte zu betreiben und ſein Recht zu dem Ende einen Aufenthalt zu machen, nicht befugt zur Be- gehung einer Geſetzwidrigkeit in dem fremden Gebiete, und daß er zu ſolchem Zwecke weder geſendet noch angenommen worden iſt; andererſeits liegt die Möglichkeit eines Mißbrauches der Gerichtsbarkeit unter dem falſchen Vorwande eines begangenen Verbrechens ebenfalls klar vor. Wo nicht abſolute Nothwen- digkeit ſo doch dringende Klugheitsregel iſt daher die Befreiung fremder Geſandten von jeder Art von Gerichtsbarkeit, ſei es in bürgerlichen ſei es in Strafſachen; dagegen aber auch ebenſo unzweifelhaft das Recht des verletzten Staates, einen ſolchen Geſandten zurückzuſchicken und ſeine gerichtliche Behandlung vom Heimathſtaate zu verlangen 3).
Polizeiliche Geſetze und ſonſtige Anordnungen allgemeiner Wohlfahrt hat ein Geſandter inſoweit zu beachten, als ihre allgemeine unverbrüchliche Haltung Bedingung ihrer Wirkung iſt. Der Abgeordnete eines fremden Staates hat kein Recht, durch ſeine Anweſenheit die öffentliche Ordnung des beſchickten Staates und die Erreichung der Zwecke deſſelben zu hindern. Wenn jedoch eine Einrichtung nur die Ordnung eines Unter- thanenverhältniſſes oder die Leiſtung einer ſtaatsbürgerlichen Pflicht betrifft, iſt er, als Fremder, von ihrer Befolgung aus- genommen 4).
1) Nachweiſungen über die Literatur des Geſandtſchaftsrechtes ſ. unten, § 72.
2) Es iſt alſo keine von der Kritik des philoſophiſchen Völkerrechtes verurtheilte Anomalie, ſondern eine nothwendige Ausnahme, wenn die Oberſtatthalter der engliſchen Beſitzungen in Aſien ein auf aſiatiſche Staaten und Verhältniſſe beſchränktes, innerhalb dieſes Kreiſes aber vollſtändiges Geſandſchaftsrecht ausüben. Die oberſten Beamten abgeſonderter Provinzen, welche in erreichbarer Nähe ihres eigenen Staatsoberhauptes leben, mögen etwa Commiſſäre oder ſonſtige Abgeordnete ohne geſandtſchaftlichen Charakter an benachbarte Regierungen abſenden, allein ein Geſandtſchaftsrecht ſteht ihnen nicht zu.
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ſein Auftrag, Staatsgeſchäfte zu betreiben und ſein Recht zu
dem Ende einen Aufenthalt zu machen, nicht befugt zur Be-
gehung einer Geſetzwidrigkeit in dem fremden Gebiete, und daß
er zu ſolchem Zwecke weder geſendet noch angenommen worden
iſt; andererſeits liegt die Möglichkeit eines Mißbrauches der
Gerichtsbarkeit unter dem falſchen Vorwande eines begangenen
Verbrechens ebenfalls klar vor. Wo nicht abſolute Nothwen-
digkeit ſo doch dringende Klugheitsregel iſt daher die Befreiung
fremder Geſandten von jeder Art von Gerichtsbarkeit, ſei es
in bürgerlichen ſei es in Strafſachen; dagegen aber auch ebenſo
unzweifelhaft das Recht des verletzten Staates, einen ſolchen
Geſandten zurückzuſchicken und ſeine gerichtliche Behandlung vom
Heimathſtaate zu verlangen 3).
Polizeiliche Geſetze und ſonſtige Anordnungen allgemeiner
Wohlfahrt hat ein Geſandter inſoweit zu beachten, als ihre
allgemeine unverbrüchliche Haltung Bedingung ihrer Wirkung
iſt. Der Abgeordnete eines fremden Staates hat kein Recht,
durch ſeine Anweſenheit die öffentliche Ordnung des beſchickten
Staates und die Erreichung der Zwecke deſſelben zu hindern.
Wenn jedoch eine Einrichtung nur die Ordnung eines Unter-
thanenverhältniſſes oder die Leiſtung einer ſtaatsbürgerlichen
Pflicht betrifft, iſt er, als Fremder, von ihrer Befolgung aus-
genommen 4).
¹⁾ Nachweiſungen über die Literatur des Geſandtſchaftsrechtes ſ. unten,
§ 72.
²⁾ Es iſt alſo keine von der Kritik des philoſophiſchen Völkerrechtes
verurtheilte Anomalie, ſondern eine nothwendige Ausnahme, wenn die
Oberſtatthalter der engliſchen Beſitzungen in Aſien ein auf aſiatiſche Staaten
und Verhältniſſe beſchränktes, innerhalb dieſes Kreiſes aber vollſtändiges
Geſandſchaftsrecht ausüben. Die oberſten Beamten abgeſonderter Provinzen,
welche in erreichbarer Nähe ihres eigenen Staatsoberhauptes leben, mögen
etwa Commiſſäre oder ſonſtige Abgeordnete ohne geſandtſchaftlichen Charakter
an benachbarte Regierungen abſenden, allein ein Geſandtſchaftsrecht ſteht
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/451>, abgerufen am 24.11.2024.
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