Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.einzelnen bereits ausgebrochenen Streit die Vorlegung des Bei einem Vermittelungsversuche finden bestimmte Formen einzelnen bereits ausgebrochenen Streit die Vorlegung des Bei einem Vermittelungsverſuche finden beſtimmte Formen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0462" n="448"/> einzelnen bereits ausgebrochenen Streit die Vorlegung des<lb/> Rechtspunktes an einen Schiedsrichter verabredet, wo ſich denn<lb/> die Zuſtändigkeit des letzteren und eine Verbindlichkeit ſeinen<lb/> Spruch anzuerkennen ſtrenge auf den einzelnen verabredeten<lb/> Fall beſchränkt. — Da die Uebernahme des Schiedsrichteramtes<lb/> dem darum angegangenen Staate Beſchwerde verurſacht, und<lb/> er ſogar möglicherweiſe ſelbſt dadurch in Streitigkeiten verwickelt<lb/> werden kann: ſo iſt die Uebernahme eines Schiedsgerichtes in<lb/> den freien Willen des dazu Aufgeforderten geſtellt. Nur iſt<lb/> natürlich eine Thätigkeit im einzelnen Falle Verpflichtung, wenn<lb/> das Amt für eine ganze Gattung von Streitigkeiten ein für<lb/> allemal übernommen iſt.</p><lb/> <p>Bei einem Vermittelungsverſuche finden beſtimmte Formen<lb/> des Verfahrens nicht ſtatt; vielmehr iſt es hier lediglich der<lb/> Klugheit des Vermittlers anheimgeſtellt, auf welche Weiſe er<lb/> ſeinen Ausgleichungsvorſchlag den beiden ſtreitenden Theilen<lb/> am leichteſten eingänglich zu machen glaubt. Dagegen ſind an<lb/> ein ſchiedsgerichtliches Verfahren weſentliche rechtliche Forderungen<lb/> zu ſtellen. Es müſſen hier vor dem Spruche beide Theile mit<lb/> ihren Vorbringen und den Beweiſen für dieſelben gehört werden;<lb/> eine unheilbare Unfähigkeit des Schiedsrichters, z. B. wegen<lb/> eigener Betheiligung, vernichtet deſſen Zuſtändigkeit; ein auf<lb/> nachweisbare Täuſchungen geſtützter Ausſpruch iſt unverbindlich<lb/> für den Benachtheiligten; eben ſo der Spruch eines nachweisbar<lb/> beſtochenen oder ſonſtwie unehrlichen Richters; endlich hat ein<lb/> den verabredeten Zuſtändigkeitskreis des Schiedsgerichtes über-<lb/> ſchreitendes Verfahren deſſelben keine verpflichtende Kraft für<lb/> die Parteien. Der Schiedsrichter hat zur ordnungsmäßigen<lb/> Leitung des Verfahrens und zur Gewinnung einer eigenen<lb/> rechtlichen Anſicht die Befugniß, prozeßleitende Decrete und Be-<lb/> weisinterlocute zu erlaſſen; freilich ohne daß er eine obrigkeit-<lb/> liche Gewalt zu beanſpruchen hätte und eine Nichtbefolgung von<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [448/0462]
einzelnen bereits ausgebrochenen Streit die Vorlegung des
Rechtspunktes an einen Schiedsrichter verabredet, wo ſich denn
die Zuſtändigkeit des letzteren und eine Verbindlichkeit ſeinen
Spruch anzuerkennen ſtrenge auf den einzelnen verabredeten
Fall beſchränkt. — Da die Uebernahme des Schiedsrichteramtes
dem darum angegangenen Staate Beſchwerde verurſacht, und
er ſogar möglicherweiſe ſelbſt dadurch in Streitigkeiten verwickelt
werden kann: ſo iſt die Uebernahme eines Schiedsgerichtes in
den freien Willen des dazu Aufgeforderten geſtellt. Nur iſt
natürlich eine Thätigkeit im einzelnen Falle Verpflichtung, wenn
das Amt für eine ganze Gattung von Streitigkeiten ein für
allemal übernommen iſt.
Bei einem Vermittelungsverſuche finden beſtimmte Formen
des Verfahrens nicht ſtatt; vielmehr iſt es hier lediglich der
Klugheit des Vermittlers anheimgeſtellt, auf welche Weiſe er
ſeinen Ausgleichungsvorſchlag den beiden ſtreitenden Theilen
am leichteſten eingänglich zu machen glaubt. Dagegen ſind an
ein ſchiedsgerichtliches Verfahren weſentliche rechtliche Forderungen
zu ſtellen. Es müſſen hier vor dem Spruche beide Theile mit
ihren Vorbringen und den Beweiſen für dieſelben gehört werden;
eine unheilbare Unfähigkeit des Schiedsrichters, z. B. wegen
eigener Betheiligung, vernichtet deſſen Zuſtändigkeit; ein auf
nachweisbare Täuſchungen geſtützter Ausſpruch iſt unverbindlich
für den Benachtheiligten; eben ſo der Spruch eines nachweisbar
beſtochenen oder ſonſtwie unehrlichen Richters; endlich hat ein
den verabredeten Zuſtändigkeitskreis des Schiedsgerichtes über-
ſchreitendes Verfahren deſſelben keine verpflichtende Kraft für
die Parteien. Der Schiedsrichter hat zur ordnungsmäßigen
Leitung des Verfahrens und zur Gewinnung einer eigenen
rechtlichen Anſicht die Befugniß, prozeßleitende Decrete und Be-
weisinterlocute zu erlaſſen; freilich ohne daß er eine obrigkeit-
liche Gewalt zu beanſpruchen hätte und eine Nichtbefolgung von
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