kann ein Gesandter nur bei seinen einheimischen Gerichten be- langt, und mag höchstens seine Abberufung verlangt werden;
Freiheit des Gottesdienstes innerhalb der gesandt- schaftlichen Wohnung;
Befreiung von allen Abgaben an den Staat, sowie von Einhaltung der Polizeianordnungen, falls nicht deren ausnahmslose Befolgung in der Natur der Sache liegt, wie z. B. bei gewissen Vorschriften der Gesundheits-, der Feuer-, der Reinlichkeits- polizei;
Asylrecht, d. h. Unbetretbarkeit der Wohnung des Ge- sandten zur Vornahme von Verhaftungen oder sonstigen ge- richtlichen und polizeilichen Handlungen, es müßte denn mit Zustimmung des Gesandten geschehen. Auch Unterthanen des beschickten Staates werden im Gebiete des Gesandten durch dieses Recht geschützt 4).
1) Ueber die Literatur des Gesandschaftsrechtes s. oben, §. 69, S. 469, und meine Geschichte der St.-W., Bd. I, S. 408 u. fg.
2) Das Consulatwesen hat sowohl hinsichtlich der Zahl der Consulate als in Betreff der Verwendung von Consuln zu eigentlich diplomatischen Geschäften in neuerer Zeit eine immer steigende Bedeutung erhalten, na- mentlich seitdem die Absendung besoldeter Consuln häufiger geworden ist. Es ist daher auch die rechtliche Lehre über diesen Gegenstand in einem Uebergange begriffen, und es werden sich wohl mit der Zeit bestimmtere Unterscheidungen der verschiedenen Arten von Consuln und ihrer Rechte aus- bilden; wie denn schon jetzt die gewöhnlichen Handelsconsuln, die Con- suln in der Levante und die abgeschickten besoldeten Consuln mit wesentlich diplomatischen Aufträgen nicht viel mehr als den Namen gemeinschaftlich haben, und namentlich die beiden letzten Gattungen den Gesandten sehr nahe kommen.
3) Ueber das bis ins Kleinliche ausgebildete Cäremonial- und Form- wesen des gesandtschaftlichen Verkehres s. namentlich das oben, 369, ange- führte Werk von K. von Martens. Viel Belehrendes enthält auch Kölle, F., Betrachtungen über Diplomatie. Stuttg. u. Tüb., 1838.
4) Hinsichtlich der in der Exteriorialität begriffenen Rechte fand in früheren Zeiten noch größere Strenge und weitere Ausdehnung statt, als dies jetzt verlangt und bewilligt wird. Namentlich ist von einem unbe-
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kann ein Geſandter nur bei ſeinen einheimiſchen Gerichten be- langt, und mag höchſtens ſeine Abberufung verlangt werden;
Freiheit des Gottesdienſtes innerhalb der geſandt- ſchaftlichen Wohnung;
Befreiung von allen Abgaben an den Staat, ſowie von Einhaltung der Polizeianordnungen, falls nicht deren ausnahmsloſe Befolgung in der Natur der Sache liegt, wie z. B. bei gewiſſen Vorſchriften der Geſundheits-, der Feuer-, der Reinlichkeits- polizei;
Aſylrecht, d. h. Unbetretbarkeit der Wohnung des Ge- ſandten zur Vornahme von Verhaftungen oder ſonſtigen ge- richtlichen und polizeilichen Handlungen, es müßte denn mit Zuſtimmung des Geſandten geſchehen. Auch Unterthanen des beſchickten Staates werden im Gebiete des Geſandten durch dieſes Recht geſchützt 4).
1) Ueber die Literatur des Geſandſchaftsrechtes ſ. oben, §. 69, S. 469, und meine Geſchichte der St.-W., Bd. I, S. 408 u. fg.
2) Das Conſulatweſen hat ſowohl hinſichtlich der Zahl der Conſulate als in Betreff der Verwendung von Conſuln zu eigentlich diplomatiſchen Geſchäften in neuerer Zeit eine immer ſteigende Bedeutung erhalten, na- mentlich ſeitdem die Abſendung beſoldeter Conſuln häufiger geworden iſt. Es iſt daher auch die rechtliche Lehre über dieſen Gegenſtand in einem Uebergange begriffen, und es werden ſich wohl mit der Zeit beſtimmtere Unterſcheidungen der verſchiedenen Arten von Conſuln und ihrer Rechte aus- bilden; wie denn ſchon jetzt die gewöhnlichen Handelsconſuln, die Con- ſuln in der Levante und die abgeſchickten beſoldeten Conſuln mit weſentlich diplomatiſchen Aufträgen nicht viel mehr als den Namen gemeinſchaftlich haben, und namentlich die beiden letzten Gattungen den Geſandten ſehr nahe kommen.
3) Ueber das bis ins Kleinliche ausgebildete Cäremonial- und Form- weſen des geſandtſchaftlichen Verkehres ſ. namentlich das oben, 369, ange- führte Werk von K. von Martens. Viel Belehrendes enthält auch Kölle, F., Betrachtungen über Diplomatie. Stuttg. u. Tüb., 1838.
4) Hinſichtlich der in der Exteriorialität begriffenen Rechte fand in früheren Zeiten noch größere Strenge und weitere Ausdehnung ſtatt, als dies jetzt verlangt und bewilligt wird. Namentlich iſt von einem unbe-
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kann ein Geſandter nur bei ſeinen einheimiſchen Gerichten be-
langt, und mag höchſtens ſeine Abberufung verlangt werden;
Freiheit des Gottesdienſtes innerhalb der geſandt-
ſchaftlichen Wohnung;
Befreiung von allen Abgaben an den Staat, ſowie von
Einhaltung der Polizeianordnungen, falls nicht deren ausnahmsloſe
Befolgung in der Natur der Sache liegt, wie z. B. bei gewiſſen
Vorſchriften der Geſundheits-, der Feuer-, der Reinlichkeits-
polizei;
Aſylrecht, d. h. Unbetretbarkeit der Wohnung des Ge-
ſandten zur Vornahme von Verhaftungen oder ſonſtigen ge-
richtlichen und polizeilichen Handlungen, es müßte denn mit
Zuſtimmung des Geſandten geſchehen. Auch Unterthanen des
beſchickten Staates werden im Gebiete des Geſandten durch
dieſes Recht geſchützt 4).
¹⁾ Ueber die Literatur des Geſandſchaftsrechtes ſ. oben, §. 69, S. 469,
und meine Geſchichte der St.-W., Bd. I, S. 408 u. fg.
²⁾ Das Conſulatweſen hat ſowohl hinſichtlich der Zahl der Conſulate
als in Betreff der Verwendung von Conſuln zu eigentlich diplomatiſchen
Geſchäften in neuerer Zeit eine immer ſteigende Bedeutung erhalten, na-
mentlich ſeitdem die Abſendung beſoldeter Conſuln häufiger geworden iſt.
Es iſt daher auch die rechtliche Lehre über dieſen Gegenſtand in einem
Uebergange begriffen, und es werden ſich wohl mit der Zeit beſtimmtere
Unterſcheidungen der verſchiedenen Arten von Conſuln und ihrer Rechte aus-
bilden; wie denn ſchon jetzt die gewöhnlichen Handelsconſuln, die Con-
ſuln in der Levante und die abgeſchickten beſoldeten Conſuln mit weſentlich
diplomatiſchen Aufträgen nicht viel mehr als den Namen gemeinſchaftlich
haben, und namentlich die beiden letzten Gattungen den Geſandten ſehr nahe
kommen.
³⁾ Ueber das bis ins Kleinliche ausgebildete Cäremonial- und Form-
weſen des geſandtſchaftlichen Verkehres ſ. namentlich das oben, 369, ange-
führte Werk von K. von Martens. Viel Belehrendes enthält auch Kölle,
F., Betrachtungen über Diplomatie. Stuttg. u. Tüb., 1838.
⁴⁾ Hinſichtlich der in der Exteriorialität begriffenen Rechte fand in
früheren Zeiten noch größere Strenge und weitere Ausdehnung ſtatt, als
dies jetzt verlangt und bewilligt wird. Namentlich iſt von einem unbe-
31*
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/497>, abgerufen am 27.07.2024.
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