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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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Verschwiegenheit im Amte, endlich dem Gehorsame und der
besondern Treue gegen den Staat und dessen Oberhaupt,
sind noch vom rein sittlichen Standpunkte aus nachstehende
Forderungen an alle in öffentlichen Aemtern Stehende zu
machen:

1. Eigener Eifer für möglichst gute Erreichung des
Zweckes, für welchen das Amt besteht. Blos formale Straf-
losigkeit genügt dem Gewissen nicht; vielmehr fordert dieses:
Nachdenken über Zwecke und Mittel; Arbeit über das vor-
geschriebene Maß hinaus, wo dies nöthig und nützlich ist;
Aufmunterung von Genossen und Untergeordneten; Anwendung
des persönlichen Einflusses zur Bewerkstelligung amtlichen
Nutzens. Dies Alles aber auch bei unangenehmen Geschäften;
eifrige Besorgung von Liebhabereien ist noch keine Sittlichkeit.

2. Aufrichtigkeit und Wahrheit gegen oben;
im Nothfalle also auch Muth und Verzichtung auf Vortheile,
wenn die Erfüllung dieser Pflicht mit Ungunst aufgenommen
wird.

3. Wohlwollen, Mitgefühl und Freundlichkeit nach
unten
.

4. Gerechte Würdigung und entsprechende Förderung tüch-
tiger Untergeordneter
. Unschädlichmachung schlechter und
Gleichgültigkeit gegen die Verdienste eines Untergeordneten oder
gar neidische und selbstsüchtigtige Verheimlichung derselben ist
nicht blos in Beziehung auf den darunter Leidenden verwerflich,
sondern auch als ein Nachtheil für den Staat, welchem die
Verwendung eines tüchtigen Mannes in einer einflußreicheren
Stelle dadurch entzogen wird. Ebenso ist eine Schonung eines
schlechten Beamten nach vergeblicher Warnung oder nach grobem
Vergehen entschieden unsittlich, sei es nun, daß die Nachsicht
nur aus schlaffer Weichlichkeit sei es daß sie gar aus eigenen
schlechten Absichten geschehe.

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Verſchwiegenheit im Amte, endlich dem Gehorſame und der
beſondern Treue gegen den Staat und deſſen Oberhaupt,
ſind noch vom rein ſittlichen Standpunkte aus nachſtehende
Forderungen an alle in öffentlichen Aemtern Stehende zu
machen:

1. Eigener Eifer für möglichſt gute Erreichung des
Zweckes, für welchen das Amt beſteht. Blos formale Straf-
loſigkeit genügt dem Gewiſſen nicht; vielmehr fordert dieſes:
Nachdenken über Zwecke und Mittel; Arbeit über das vor-
geſchriebene Maß hinaus, wo dies nöthig und nützlich iſt;
Aufmunterung von Genoſſen und Untergeordneten; Anwendung
des perſönlichen Einfluſſes zur Bewerkſtelligung amtlichen
Nutzens. Dies Alles aber auch bei unangenehmen Geſchäften;
eifrige Beſorgung von Liebhabereien iſt noch keine Sittlichkeit.

2. Aufrichtigkeit und Wahrheit gegen oben;
im Nothfalle alſo auch Muth und Verzichtung auf Vortheile,
wenn die Erfüllung dieſer Pflicht mit Ungunſt aufgenommen
wird.

3. Wohlwollen, Mitgefühl und Freundlichkeit nach
unten
.

4. Gerechte Würdigung und entſprechende Förderung tüch-
tiger Untergeordneter
. Unſchädlichmachung ſchlechter und
Gleichgültigkeit gegen die Verdienſte eines Untergeordneten oder
gar neidiſche und ſelbſtſüchtigtige Verheimlichung derſelben iſt
nicht blos in Beziehung auf den darunter Leidenden verwerflich,
ſondern auch als ein Nachtheil für den Staat, welchem die
Verwendung eines tüchtigen Mannes in einer einflußreicheren
Stelle dadurch entzogen wird. Ebenſo iſt eine Schonung eines
ſchlechten Beamten nach vergeblicher Warnung oder nach grobem
Vergehen entſchieden unſittlich, ſei es nun, daß die Nachſicht
nur aus ſchlaffer Weichlichkeit ſei es daß ſie gar aus eigenen
ſchlechten Abſichten geſchehe.

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[531/0545] Verſchwiegenheit im Amte, endlich dem Gehorſame und der beſondern Treue gegen den Staat und deſſen Oberhaupt, ſind noch vom rein ſittlichen Standpunkte aus nachſtehende Forderungen an alle in öffentlichen Aemtern Stehende zu machen: 1. Eigener Eifer für möglichſt gute Erreichung des Zweckes, für welchen das Amt beſteht. Blos formale Straf- loſigkeit genügt dem Gewiſſen nicht; vielmehr fordert dieſes: Nachdenken über Zwecke und Mittel; Arbeit über das vor- geſchriebene Maß hinaus, wo dies nöthig und nützlich iſt; Aufmunterung von Genoſſen und Untergeordneten; Anwendung des perſönlichen Einfluſſes zur Bewerkſtelligung amtlichen Nutzens. Dies Alles aber auch bei unangenehmen Geſchäften; eifrige Beſorgung von Liebhabereien iſt noch keine Sittlichkeit. 2. Aufrichtigkeit und Wahrheit gegen oben; im Nothfalle alſo auch Muth und Verzichtung auf Vortheile, wenn die Erfüllung dieſer Pflicht mit Ungunſt aufgenommen wird. 3. Wohlwollen, Mitgefühl und Freundlichkeit nach unten. 4. Gerechte Würdigung und entſprechende Förderung tüch- tiger Untergeordneter. Unſchädlichmachung ſchlechter und Gleichgültigkeit gegen die Verdienſte eines Untergeordneten oder gar neidiſche und ſelbſtſüchtigtige Verheimlichung derſelben iſt nicht blos in Beziehung auf den darunter Leidenden verwerflich, ſondern auch als ein Nachtheil für den Staat, welchem die Verwendung eines tüchtigen Mannes in einer einflußreicheren Stelle dadurch entzogen wird. Ebenſo iſt eine Schonung eines ſchlechten Beamten nach vergeblicher Warnung oder nach grobem Vergehen entſchieden unſittlich, ſei es nun, daß die Nachſicht nur aus ſchlaffer Weichlichkeit ſei es daß ſie gar aus eigenen ſchlechten Abſichten geſchehe. 34*

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 531. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/545>, abgerufen am 24.11.2024.